Das weisse Kaenguruh
und ab heute sollte es nur noch bergauf gehen. »Wie schnell so etwas gehen kann«, dachte er. Plötzlich war er in München und brauchte nur noch eins zum Glück. Eine Topanstellung bei BMW. Nicht mehr, nicht weniger, aber in jedem Fall möglichst schnell, denn sein Geld würde nicht mehr lange reichen. Einen Monat vielleicht. Wenn er extrem sparsam lebte, vielleicht zwei. Aber deswegen mußte man ja nicht gleich hektisch werden. Da hatte Billy Humor. In zwei Wochen würde er schließlich schon längst sein Büro in der Vorstandsetage beziehen.
»Na dann mal los«, sagte er, klatschte in die Hände und machte sich auf den Weg.
Nachdenken auf dem Olymp.
Der erste Schritt auf seinem Weg nach oben war eine 5 0-Meter -Bahn. Billy hatte sich vor dem Schlafengehen den ersten der drei Joints gegönnt, die er vom Euro bekommen hatte. Entsprechend matschig fühlte er sich jetzt in allen Gliedern. Daher beschloß er, sein neues Leben mit einer Runde Sport zu beginnen. Schwimmen für den notwendigen klaren Kopf schien ihm da die ideale Lösung. Nach dem Zähneputzen und 50 angriffslustigen Liegestützen räumte er noch schlampig sein Auto auf, fuhr dann die engen Serpentinen des Parkhauses nach unten, kaufte sich beim Tankwart einen Stadtplan und fragte ihn dabei auch gleich nach einem Rat, wo in München das beste Becken zum Schwimmen zu finden sei. »An Ihrer Stelle würde ich ins Olympiabad fahren«, sagte der Tankwart und kannte sich aus. »Das Dantebad ist zwar schöner, aber da kommen Sie nicht voran. Um diese Zeit versperren einem da die Rentner den Weg.«
Eine gute halbe Stunde später stand Billy mit Handtuchund Badehose, Duschgel und dem Deozerstäuber von Weleda vor dem Olympiabad und gab sich das volle Programm.
1500 Meter schwimmen, eine halbe Stunde Plantschen im Whirlpool und anschließend ab in die Sauna. Natürlich nur wegen der Entspannung.
Zwei volle Stunden dauerte sein Saunagang, ohne daß er auch nur auf andere Ideen gekommen wäre. Was natürlich auch an der demographischen Zusammensetzung lag. Waren die Rentner im Schwimmbecken tatsächlich Mangelware, wie der Tankwart gesagt hatte, beherrschten sie im Tauchbekken eindeutig die Szenerie. Lediglich zwei junge Frauen und ein Kerl um die vierzig mischten da noch mit. Aber der Kerl war am Rücken behaart, während eine Frau unter den Achseln nicht rasiert und die zweite maßlos übergewichtig daherkam. Selbst die bescheidenste erotische Phantasie wäre hier an ihre Grenze gestoßen. Doch selbst wenn in diesem Moment alle Playboybunnies der Welt in der Sauna gesessen wären, hätte Billy das nicht sonderlich interessiert. Er hatte nämlich gerade ganz andere Sorgen. Und Sex gehörte nicht dazu.
Der Sachverhalt war folgender: er mußte erst einmal Struktur in das Ganze bringen, und spätestens beim Frühstück fing er damit an. Der Platz dafür hätte nicht besser gewählt sein können. Nachdem er gegen halb eins das Schwimmbad wieder verlassen hatte, fiel sein Blick auf den Olympiaturm, der nur wenige Meter entfernt in den Himmel ragte. Und sofort stand für ihn fest, wo er seinen Kaffee nehmen würde. Im Drehrestaurant des Turmes, hoch über der Stadt, mit einem Ausblick, der einen Überblick garantierte, in schwindelerregenden fast 200 Metern Höhe, die für Billy eine ganz eigene Symbolik hatten. Er wollte hoch hinaus. Da wäre eine Wurstsemmel im Erdgeschoß einfach das falsche Signal gewesen.
Mit sieben Metern pro Sekunde katapultierte der Aufzug die Touristen zu den Aussichtsplattformen. Billy genoß diekurze Zeit eines Anflugs von Schwerelosigkeit, verabschiedete sich beim Aufzugführer mit einem herzlichen »Gute Fahrt« und ging vom Lift direkt in das Drehrestaurant. Er fand schnell einen freien Platz am Fenster, setzte sich mit Blick in Fahrtrichtung und schaute über den Olympiapark hinweg auf die Frauenkirche, als der Kellner herbeieilte, um seine Bestellung aufzunehmen. Billy orderte zunächst nur einen Kaffee und ein großes, stilles Wasser, im Anschluß dann ein Zucchinicremesüppchen mit Croutons, danach noch einen Salat der Saison und dazu ein Glas Grünen Veltliner, aus dem schnell ein zweites wurde.
Unter seinen Füßen knarzte und knackte es verdächtig und das Restaurant drehte sich im Uhrzeigersinn. Gerade mal 49 Minuten brauchte es für eine ganze Runde, hatte ihm der Kellner stolz erklärt. Billy kam es wahnsinnig langsam vor. Aber es gab ja auch jede Menge zu sehen. Das erste, was ihm auffiel, war die Farbe der Stadt. Obwohl
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