Das weisse Kaenguruh
dabei gleich behaupten, daß er im Grunde schon immer auf Autos aus München gestanden habe und nur aus Versehen gerade einen Benz fuhr. Und schließlich würde er dem Personalchef klarmachen, was für ein Depp er wäre, wenn er es mit ihm, Billy Büttgen, nicht wenigstens eine Zeitlang versuchen würde. Natürlich sei ihmklar, daß er keine Referenzen vorzuweisen habe, die ihn als Top-Nachwuchskraft auszeichneten. »Aber das macht nichts«, würde er dann sagen. »Ich arbeite auch umsonst. Egal was. Ausbildung, Praktikum, Trainee, you name it. Meinetwegen auch als Pförtner für ein Jahr. Ich will nur eine verdammte Chance, verstehen Sie? Aber unabhängig davon, welche Aufgabe Sie mir am Ende auftragen, Mister, eins kann ich Ihnen schon heute versprechen. Ich werde Sie nicht enttäuschen. Ehrenwort!«
Wie bekommt man nun aber einen Termin beim Personaler eines multinationalen, börsennotierten Unternehmens, das jeden Tag säckeweise die Bewerbungen ins Haus geschickt bekommt und sich aus der Bewerberschar stets die besten der Besten aussuchen kann? Das war die Frage, und zunächst hatte Billy darauf keine schlüssige Antwort. Einfach zum Empfang spazieren, »hallihallo« sagen und um ein kurzes Gespräch bitten, schied in jedem Fall aus. Da würde man sich nur lächerlich machen. Nein, wenn er auch nur den Hauch einer Chance haben wollte, da war er illusionsfrei, mußte ein schweres Geschütz her. Da half nur die volle Breitseite. Etwas, das schockte und dann auch noch überzeugt, sollte es sein. Etwas noch nie Dagewesenes. Etwas Geniales. Ein Etwas mit dem gewissen Etwas. Etwas, etwas, etwas …
Bildstörung.
Das Restaurant drehte sich immer weiter, Billy schaute mittlerweile nach Südosten und der nächste Veltliner stand auch schon wieder auf dem Tisch. »Aber was? Aber was?« fragte er sich in einer Tour und kam nicht weiter. Er hing in einer Spirale der Einfallslosigkeit fest und fand keinen Ausgang. Doch dann passierte etwas Wunderbares. Er war gerade dabei, mit dem Drehrestaurant in die zweite Runde rund um München zu starten, als sich an den gegenüberliegenden Tisch einMann setzte, der die Lösung von Billys Problemen einfach so in der Hand hielt. Ein Blick, und Billy hatte es kapiert. »Achte auf die Zeichen«, sagte er leise vor sich hin, als er die heißersehnte Lösung vor sich sah. Sie kostete nicht mal eine Mark und hieß schlicht und ergreifend Bild-Zeitung. »Das ist es«, dachte er sich. »Wahnsinn, daß ich da nicht schon früher draufgekommen bin.«
Klar, lieber wäre Billy in ein Gefangenenlager nach Sibirien gegangen, als jemals mit der Bild zu kooperieren. Aber darum ging es im Moment ja gar nicht. Vielmehr ging es um die Presse im Allgemeinen und darum, daß alle Macht nicht vom Volk ausgeht, in einer Demokratie, sondern von den Druckerpressen und ein paar Fernsehsendern. Und in dieser banalen Wahrheit hatte Billy soeben seine einmalige Chance erkannt.
Der Plan war schnell zusammengezimmert. Und er war sensationell, fand Billy. Es sollte eine Aktion werden, die BMW davon überzeugen würde, daß an ihm kein Weg vorbeiführte. Er würde sich nämlich zunächst einen Anzug, ein weißes Hemd, neue Schuhe und Socken, einen Schlips und dazu – ganz wichtig! – ein Paar Handschellen kaufen. Dann würde er sich gründlich baden und rasieren, anschließend in Schale schmeißen und mit seinem Mercedes bei BMW vorfahren. Direkt vor die Konzernzentrale. Und dort würde er dann auf sein Autodach steigen, sich mit Handschellen an die Dachreling ketten mit einem Schild um den Hals, auf dem stehen sollte: »BMW baut die besten Autos der Welt. Lassen Sie mich mitbauen!« Und damit seine Aktion auf keinen Fall ihre Wirkung verfehlte, würde er im Vorfeld mit dem besten Lokalblatt der Stadt einen Deal machen und seine Story exklusiv verkaufen. Das würde einen schönen Artikel geben, der eine Menge Aufmerksamkeit erzeugte, davon war Billy überzeugt.
Billy ging es plötzlich hervorragend und er war ungelogen guten Mutes. Außerdem hatte er nichts zu verlieren. Wenn inDeutschland eine Verona Feldbusch berühmt werden konnte, nur weil sie mit einem Dieter Bohlen in die Kiste stieg, dann konnte man auch einen Job bei BMW bekommen, wenn man auf das Dach eines Mercedes stieg. So einfach sah sie aus, seine Conclusio zu den Mechanismen in einer Mediendemokratie. Er war ja nicht blind. Er wußte schließlich, daß es in der Welt immer mehr und mittlerweile eigentlich ausschließlich auf die große Welle
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