Das Weltgeheimnis (German Edition)
Meteoriten haben die durch keine Atmosphäre geschützte Mondoberfläche im Lauf der Zeit völlig durchlöchert. Ein solches Chaos im Sonnensystem konnten sich weder Kepler noch Galilei noch Generationen von Astronomen nach ihnen ausmalen.
Warum ist es nachts dunkel?
Galilei und Kepler erkunden ein völlig unbekanntes Terrain. Nach den bahnbrechenden Entdeckungen sieht der kaiserliche Mathematiker »alle Liebhaber wahrer Philosophie zur Eröffnung großer Spekulationen aufgerufen«. Er möchte eine breite Diskussion über die neuen Beobachtungen anregen, um die Wissenschaft aus den »gewohnten Grenzpfählen der aristotelischen Enge« zu befreien.
Sein Vorhaben wird besonders deutlich, als er sich dem Sternenhimmel zuwendet. Galilei hat eine »kaum glaubliche Schar anderer, dem natürlichen Blick verborgener Sterne« entdeckt, die auch bei erheblicher Vergrößerung nur als Pünktchen zu sehen sind, die Planeten dagegen als kreisrunde Scheibchen. Galilei ist dies nur einen Nebensatz wert, Kepler eine ausführliche Betrachtung.
»Was sollen wir daraus für einen andern Schluss ziehen, Galilei, als dass die Fixsterne ihr Licht aus dem Innern aussenden, dass dagegen die dichten Planeten nur äußerlich abgezeichnet werden. Das heißt, um die Worte von Bruno zu gebrauchen: Jene sind Sonnen, diese Monde oder Erden.«
Die Unterscheidung zwischen den selbst leuchtenden Sternen oder Sonnen einerseits und den nur von außen angestrahlten Planeten und Monden andererseits wird grundlegend für die moderne Astrophysik. Kepler insistiert folgerichtig auf dieser Differenzierung und macht Galilei auf eine Frage aufmerksam, die Wissenschaftler bis in die jüngste Vergangenheit hinein beschäftigt und die nach wie vor schwer zu beantworten ist: Warum ist der Nachthimmel dunkel, obwohl es derart viele Sonnen gibt?
Auf diese Frage muss man erst einmal kommen! Für Kepler stellt sie sich nach einem gedanklichen Puzzlespiel. Er setzt die vielen Sternchen am Himmel – Galilei spricht von mehr als 10 000 – im Kopf zu einer Scheibe zusammen und folgert, dass diese mindestens so groß sein müsste wie die Sonnenscheibe.
Wenn das aber stimmt, sollten sie dann nicht alle zusammen die Helligkeit der Sonne erreichen? Müsste es dann nicht auch nachts taghell sein? Oder geht das Licht der Sterne unterwegs irgendwie verloren? »Verdunkelt sie vielleicht der Äther im Zwischenraum? Keineswegs, wir sehen sie nämlich mit ihren Szintillationen, mit ihren unterschiedlichen Gestalten und Farben. Das wäre nicht der Fall, wenn die Dichte des Äthers irgendein Hindernis wäre.«
Kepler löst dieses Paradoxon, indem er der Sonne ihre Einzigartigkeit zurückgibt. Er schließt aus dem Gedankenspiel, »dass der Körper unserer Sonne in unschätzbarem Verhältnis heller ist als alle Fixsterne zusammen, dass folglich diese unsere Welt nicht irgendeine aus einer einheitlichen Schar unendlich vieler anderer ist«. Ein unendliches Universum ist für ihn undenkbar. Mit seiner Argumentation wendet er sich gegen Giordano Bruno, der an ein Universum ohne Anfang und Ende, ohne Schöpfung und jüngstes Gericht glaubte.
Eine amüsante Zwischenbemerkung
Schließlich kommt Kepler in seinem Brief auf die vier neu entdeckten Himmelskörper zu sprechen, die von allen Entdeckungen am meisten Aufsehen erregen. Der Planet Jupiter habe vier Begleiter, »die vom Anbeginn der Welt bis zu unserer Zeit noch nie erblickt wurden«, schreibt Galilei im Sternenboten .
Kepler ist »entzückt«, dies zu lesen. Seine vorherigen Befürchtungen, das Universum könnte unendlich groß sein, scheinen unbegründet. »Für den Fall, dass du die Planeten um einen der Fixsterne umlaufend gefunden hättest, waren für mich schon Fesseln und Kerker bei den Bruno’schen Unzähligkeiten bereit oder, besser gesagt, die Verbannung in jenen unbegrenzten Raum.«
Dagegen fügen sich die vier Monde Jupiters bestens in sein Bild vom Aufbau der Welt. Warum sollte nur die Erde einen Begleiter haben, während sie wie alle anderen Planeten um die Sonne zieht? Der kaiserliche Mathematiker sieht noch Platz für jede Menge weiterer Monde, die »des Mars und der Venus, wenn du solche eines Tages auffinden wirst«.
Welche Entdeckungen stehen sonst noch bevor? Ausgehend von der Annahme, dass alle Fixsterne Sonnen sind, fragt sich Kepler, ob eine Pluralität der Welten im Sinne Brunos nicht doch möglich wäre. Noch habe niemand solche Planeten gesehen, die andere Sonnen umkreisen. »Die Frage wird also
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