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Das Weltgeheimnis (German Edition)

Das Weltgeheimnis (German Edition)

Titel: Das Weltgeheimnis (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas de Padova
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überholt, bemängelt er in seinem ersten Brief an ihn. »Wenn man die wahren Exzentrizitäten bei den einzelnen Planetenbahnen, wie ich sie mir in einer Reihe von Jahren verschafft habe, anwenden würde, ließe sich eine genauere Prüfung ermöglichen.«
    Sein Schreiben an Kepler vom 11. April 1598 ist trotz der Kritik voller Anerkennung für dessen Arbeit. Er lobt den Mathematiker für seinen Scharfsinn und ermuntert ihn dazu, auf diesem Weg fortzufahren. »Soweit ich Eure diesbezüglichen schwierigen Untersuchungen unterstützen kann, werdet Ihr mich keineswegs unzugänglich finden, besonders wenn Ihr mich einmal besucht und zu meiner Freude mündlich mit mir eine willkommene Unterhaltung über diese sublimen Dinge führt.«
    Das ist mehr, als sich Kepler erhoffen durfte: Der berühmte Astronom lädt den Nachwuchswissenschaftler, der aufgrund seiner Begabung in seinem Forschungsteam vielleicht einmal eine wichtige Rolle spielen könnte, zu sich ein. Kepler müsste dazu nicht einmal nach Dänemark reisen, denn Brahe hat sich mit dem neuen dänischen König Christian IV. überworfen und seine Heimat verlassen. Von Kaiser Rudolf II. umworben, bereitet er sich darauf vor, die Stelle des kaiserlichen Hofmathematikers in Prag anzunehmen. Von dort aus bekräftigt er seine Einladung an Kepler noch einmal.
    Auch gegenüber Mästlin erwähnt Tycho die außergewöhnlichen Fähigkeiten Keplers. Dem Professor sagt er jedoch klipp und klar, dass er den Grundgedanken in Keplers Weltgeheimnis für verfehlt hält. »Wenn die Verbesserung der Astronomie eher a priori mithilfe der Verhältnisse jener regulären Körper bewerkstelligt werden soll als aufgrund von a posteriori gewonnenen Beobachtungstatsachen, wie Ihr nahelegt, so werden wir schlechterdings allzu lange, wenn nicht ewig umsonst darauf warten, bis jemand dies zu leisten vermag.«
    Mit seinen Briefen erreicht Brahe genau das, was er will: Er lenkt Keplers Aufmerksamkeit auf sein eigenes Beobachtungsprogramm. Geschickt ködert er den jungen Mathematiker, der sich am liebsten sofort daran machen würde, sein Weltgeheimnis noch einmal zu überprüfen, wenn Brahe ihm die dafür nötigen Messwerte zur Verfügung stellen würde.
    Der aber denkt gar nicht daran, seine Beobachtungsdaten leichtfertig herauszurücken. Ehe er sie veröffentlicht, möchte er damit seine eigenen astronomischen Hypothesen prüfen.
    Brahe hat ein Weltmodell entworfen, das ein seltsames Zwischending zwischen dem klassischen ptolemäischen und dem von Kepler und Galilei favorisierten kopernikanischen System darstellt. Er vermutet, dass zwar die Planeten Merkur und Venus, Mars, Saturn und Jupiter allesamt um die Sonne kreisen, sich aber gemeinsam mit ihr um die Erde drehen, die im Zentrum des Universums ruht. Damit wahrt Brahe etliche Vorzüge der kopernikanischen Hypothese, kommt aber ohne die schwer begreifliche Bewegung der Erde aus. Seine Theorie wird später von den Jesuiten verbreitet, Kepler und Galilei werden sich noch die Zähne an ihr ausbeißen.
    Vertreibung aus Graz
    Vorerst fehlen Kepler die finanziellen Mittel, um den Astronomen zu besuchen. Als Mathematiklehrer in Graz verdient er weniger als Kammerdiener oder Hofnarren. Doch es kommt noch schlimmer: Ein Jahr nach seiner Hochzeit steht er plötzlich mit völlig leeren Händen da.
    In der Steiermark schlägt die Gegenreformation so stark wie in kaum einem anderen Teil des zersplitterten Reiches zu. Der junge Erzherzog Ferdinand ist im Frühling 1598 nach Italien gereist und dort mit dem Papst zusammengetroffen. Es heißt, er habe im Wallfahrtsort Loreto das Gelübde abgelegt, die Steiermark wieder zum rechten Glauben zurückzuführen. Wie ernst ihm damit ist, lässt er die Protestanten nach seiner Rückkehr sofort spüren. Für sie und ihre Glaubensrituale ist in diesem Land von nun an kein Platz mehr.
    Die Priester werden des Landes verwiesen, die evangelische Stiftsschule, an der Kepler bislang gelehrt hat, wird geschlossen. Der Mathematiker verliert seine Arbeitsstelle und muss das Land verlassen. Nur wegen seiner guten Beziehungen zu den Jesuiten und einer für ihn erteilten Ausnahmeregelung darf er noch einmal zurückkehren. In der Angst, dass seine Familie auseinandergerissen wird, harrt er noch eine ganze Weile in Graz aus. Ein Wechsel des Wohnorts würde unter anderem den sicheren Verlust sämtlicher Güter seiner Frau mit sich bringen.
    Die Lage in Graz aber verschärft sich von Monat zu Monat. Als Kepler sein Töchterchen zu Grabe

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