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Das Weltgeheimnis (German Edition)

Das Weltgeheimnis (German Edition)

Titel: Das Weltgeheimnis (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas de Padova
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angehen. Da er aber Brahes Mitarbeiter in Prag wird, sieht er sich sogar gezwungen, in dessen Auftrag eine Schrift gegen Ursus zu verfassen.
    Brahe ist in Angelegenheiten dieser Art unnachgiebig. Der ehrgeizige, streitlustige Däne, der in einem Duell bereits ein Stück seiner Nase verloren hat und seither eine Goldprothese trägt, nimmt viel zu viele Herausforderungen an. Er verzettelt sich, wie Galilei in seinem letzten Lebensdrittel, auf Nebenschauplätzen, obschon er angesichts seiner Karriere allen Grund dazu hätte, gelassener zu reagieren.
    Der Chefastronom
    Tycho Brahe ist fünfundzwanzig Jahre älter als Kepler. Aus einer angesehenen Adelsfamilie stammend, machte er bereits mit siebzehn astronomische Beobachtungen und legte sich im Laufe des Studiums eine erste Sammlung von Instrumenten zur Himmelsbeobachtung zu. Mit ihnen betrachtete er im Jahr 1572 eine außergewöhnlich helle Lichtquelle am Himmel, die im Laufe weniger Wochen blasser wurde und danach noch etwa anderthalb Jahre lang im Sternbild Kassiopeia zu sehen war. Brahe wies durch präzise Messungen nach, dass es sich bei ihr nicht um eine atmosphärische Leuchterscheinung handelte, sondern um einen neuen Stern, heute würde man sagen: eine Supernova. Der Sternenhimmel konnte also nicht so unveränderlich sein, wie allgemein angenommen.
    Fünf Jahre später tauchte ein großer Komet am westlichen Abendhimmel auf, den auch die beiden Jungen Kepler und Galilei sahen. Wieder war Brahe mit Instrumenten zur Stelle. Seinen Messungen zufolge befand sich der Komet viel weiter von der Erde entfernt als der Mond. Kometen waren demnach keine Irrlichter in der Lufthülle der Erde. Aufgrund seines großen Abstands von der Erde hätte der Komet außerdem die Kristallsphäre der Venus durchkreuzen müssen. Brahe folgerte daraus, dass es solche Himmelssphären oder Kugelschalen, an die die Naturphilosophen seit der Antike geglaubt hatten, nicht gibt. Mit wenigen präzisen Messungen zerstörte Brahe das alte Bild vom Kosmos.
    Anerkennung hat er sich aber nicht nur durch die Beobachtung außergewöhnlicher Himmelsereignisse erworben. Nachdem er erkannt hatte, wie wichtig exakte Messungen in der Himmelskunde sind, baute er in seiner Heimat eine sagenumwobene Großforschungseinrichtung auf. Der dänische König, der wusste, was er an dem Wissenschaftler hatte, schenkte ihm ein ganzes Reich, die Insel Hven, wo der Astronom ein Observatorium nach seinen Wünschen errichten durfte. So entstand Uraniborg mit seinen Kuppelbauten und riesigen Messapparaturen, unter ihnen etwa ein Quadrant mit einem Radius von zweieinhalb Metern.
    »Alles möge schweigen und Tycho anhören …, der mit seinen Augen mehr sieht als viele andere mit der Schärfe ihres Geistes, von dem ein Instrument nicht durch mein und meiner ganzen Verwandtschaft Vermögen aufgewogen werden kann«, schreibt Kepler über ihn, noch bevor er dem Dänen das erste Mal begegnet ist. Nur vom Hörensagen kennt er die märchenhafte Forschungsanlage, die Armillarsphären, Sextanten und Himmelsgloben, mit deren Anfertigung Brahe Kunsthandwerker beauftragt und die kurzerhand ausgemustert werden, wenn sie den Genauigkeitsansprüchen des Astronomen nicht mehr genügen.
    Brahe ist sich wie Galilei der engen Verbindung zwischen Forschung und Technik bewusst, beide arbeiten mit Handwerkern zusammen, um jene Präzisionsinstrumente zu erhalten, die ihren wissenschaftlich-mathematischen Vorgaben am ehesten entsprechen. Galilei widmet sich mit eher bescheidenen Mitteln innovativen Techniken, Brahe dagegen treibt die Messgenauigkeit mit seinen unter unvergleichlichem Aufwand hergestellten Apparaturen auf die Spitze.
    Seine astronomische Datensammlung ist einmalig. Zusammen mit zahlreichen wissenschaftlichen Mitarbeitern hat er über zwei Jahrzehnte hinweg Nacht für Nacht die Wanderungen der Planeten verfolgt. Die systematischen Positionsbestimmungen, verbunden mit akribischen Zeitmessungen, sind um ein Vielfaches präziser als die des Kopernikus und all seiner Vorgänger.
    Dabei sei die Kontinuität seiner Beobachtungen vielleicht noch bedeutender als die Genauigkeit der Daten, schreibt der Schriftsteller Arthur Koestler. »Man könnte beinahe sagen, Tychos Leistung wirke im Vergleich mit der früherer Astronomen wie ein Film, verglichen mit einer Sammlung von Standfotos.«
    Diesen Trumpf spielt Brahe bei jeder Gelegenheit aus. Die Werte, die Kepler in seinem Weltgeheimnis benutzt habe, um seine These zu untermauern, seien längst

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