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Das Weltgeheimnis (German Edition)

Das Weltgeheimnis (German Edition)

Titel: Das Weltgeheimnis (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas de Padova
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Erklärungen sucht – und seien sie erst einmal noch so vage. Was hält die Planeten auf einer solchen Bahn?
    Der kaiserliche Mathematiker schüttet ein Füllhorn von Ideen aus, beschwört Planetenseelen und Geister, um die Form der Marsbahn zu verstehen. Schließlich meint er, wenn die Planeten eine entsprechend ausgerichtete magnetische Kraft besäßen, dann könnten sie durch eine magnetische Kraftströmung der Sonne auf Kurs gehalten werden – ähnlich wie Boote durch die jeweilige Stellung ihres Ruders.
    Während der schon früh begonnenen, etappenweisen Niederschrift der Neuen Astronomie hat Kepler die brandneue Theorie des Briten William Gilbert über den Erdmagnetismus kennengelernt. Gilbert war der Nachweis gelungen, dass magnetische Kräfte feste Körper durchdringen und auch durch den leeren Raum über größere Distanzen hinweg wirken können. Der Brite hatte auch darüber spekuliert, dass zwischen Erde und Mond eine solche Art der gegenseitigen Anziehung besteht.

    Dass die Planeten bei ihrem Umlauf der Sonne mal näher kommen und sich dann wieder von ihr entfernen, führt Kepler auf magnetische Kräfte zurück.Die magnetische Achse der Planeten wirke dabei wie eine Art Steuerruder. [14]
    Kepler greift diese Idee sofort auf. Im Vorwort seiner Neuen Astronomie stellt er analog zu Gilberts Fernwirkungskräften seine eigene Theorie der Schwerkraft vor. »Die Schwere besteht in dem gegenseitigen körperlichen Bestreben zwischen verwandten Körpern nach Vereinigung oder Verbindung«, so Kepler. »Wenn man zwei Steine an einen beliebigen Ort der Welt versetzen würde, … dann würden sich jene Steine ähnlich wie zwei magnetische Körper an einem dazwischen liegenden Ort vereinigen, wobei sich der eine dem anderen um eine Strecke nähert, die der Masse des anderen proportional ist.«
    An diese Erkenntnis anknüpfend, erläutert er die Ursache von Ebbe und Flut. Die Gezeiten kämen dadurch zustande, dass die bis zur Erde reichenden Kräfte des Mondes das Wasser anziehen. Seine Erläuterungen zur Schwerkraft und seine Beschreibung des Systems Erde-Mond klingen stellenweise so modern, dass man glauben könnte, er hätte alle Geheimnisse der Gravitation bereits gelüftet.
    Aber der Gedanke einer allgemeinen Gravitationstheorie, die das gesamte kosmische System umfassen würde, liegt ihm noch fern. Auch wenn seine physikalischen Argumente in die richtige Richtung gehen, bleibt er in Ansätzen stecken. Erst Isaac Newton erkennt Jahrzehnte später, dass das irdische Zusammenspiel von Schwerkraft und Trägheitskraft auch die Planeten auf ihren elliptischen Bahnen hält.
    Kepler fehlt der moderne Begriff der Trägheit, deren Wirkung man zum Beispiel erkennt, wenn ein Hammerwerfer seine Kugel zunächst im Kreis herumwirbelt und sie dann plötzlich loslässt: Die Kugel fliegt geradewegs mit gleichförmiger Geschwindigkeit weiter. Genau dasselbe gilt für die Himmelskörper – doch darauf muss man erst einmal kommen!
    Bemerkenswert ist, dass Galilei in den Jahren 1602 bis 1609 mit ganz ähnlichen Problemen konfrontiert ist wie Kepler. Im Zuge seiner Laborexperimente in Padua beschäftigt sich der Mathematikprofessor mit der Bahn einer abgeschossenen Kugel, die Messungen führen ihn auf eine annähernd parabelförmige Bahn. Wie wir heute wissen, geht diese Flugbahn bei großen Distanzen in Keplers Ellipse über.
    Galilei spaltet die Flugkurve in zwei Bewegungsanteile auf, wobei er sich im Unterschied zu Kepler nicht über ferne Himmelskörper Gedanken machen muss, sondern auf die Ergebnisse seiner Laborexperimente vor Ort zurückgreifen kann. Jede fliegende Kugel fällt irgendwann wieder zu Boden. Daher ist die eine Bewegungskomponente selbstverständlich nach unten, zur Erde hin gerichtet. Galilei findet bei seinen ausgetüftelten Versuchen heraus, dass es sich hierbei um eine gleichförmig beschleunigte Bewegung handelt.
    Mit der zweiten, horizontalen Komponente nähert sich Galilei dem modernen Begriff der Trägheit. Die Kugel folgt während ihres Flugs der Tendenz, sich mit gleich bleibender Geschwindigkeit weiter zu bewegen. Seiner Ansicht nach würde sie, einmal auf ihre Flugbahn gebracht, letztlich immer parallel zum Erdboden weiter fliegen und einer Kreisfigur folgen. Sie würde sich weder dem Mittelpunkt der Erde nähern, noch sich von ihm entfernen.
    Dieses »zirkuläre Trägheitsgesetz« ist eine Vorstufe des modernen, geradlinigen Trägheitsgesetzes. Isaac Newton wird Galileis Mechanik etwa achtzig Jahre

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