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Das Weltgeheimnis (German Edition)

Das Weltgeheimnis (German Edition)

Titel: Das Weltgeheimnis (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas de Padova
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geschenkt hat, … geziemt es sich, dass wir dankbaren Sinnes diese Wohltat Gottes anerkennen und … endlich die wahre Form der Himmelsbewegungen aufspüren.«
    Vom Kreis über das Oval zur Ellipse
    Nach dieser Einsicht kehrt er zu dem ursprünglichen Problem zurück, die exakte Bahn des Mars zu ermitteln, und kommt zunächst darauf, sie sei irgendwie eiförmig oder pausbäckig. Wieder verkalkuliert er sich, verheimlicht seine Irrgänge aber nicht etwa, sondern breitet seine Überlegungen vor seinem Publikum aus und schweigt auch nicht über die glücklichen Zufälle, die ihn schließlich auf den richtigen Weg bringen. Kepler lädt die Leser dazu ein, an seinem Erkenntnisprozess teilzunehmen: »Wenn Christoph Kolumbus, Magellan, die Portugiesen, von denen der erste Amerika, der zweite den Chinesischen Ozean und diese den Weg um Afrika entdeckt haben, von ihren Irrfahrten erzählen, so verzeihen wir ihnen nicht nur, sondern wir möchten ihre Erzählungen nicht einmal missen, weil uns sonst die ganze große Unterhaltung beim Lesen entginge.«
    Trotz solchen Auflockerungen ist seine Neue Astronomie ähnlich schwer lesbar wie Kopernikus’ Buch De revolutionibus . Während Kopernikus jedoch einen glühenden Anhänger hatte, der seine Erkenntnisse bündig zusammenfasste und verbreitete, hat Kepler keinen solchen Schüler. Ständig bittet er seine Leser um Nachsicht wegen der Schwierigkeit des Stoffes. Wenn sie der mühseligen mathematischen Methoden überdrüssig würden, sollten sie Mitleid mit dem Autor empfinden, der sämtliche Rechnungen nicht nur viel öfter habe durchlaufen müssen, sondern auch habe hinnehmen müssen, dass die Ergebnisse oft recht mager ausfielen. Manchmal steht er nach monatelangem Hin und Her fast mit leeren Händen da. »Wie klein ist das Getreidehäufchen, das wir diesmal beim Dreschen bekommen haben!«
    Das Werk ist nicht nur verworren, weil er ständig zwischen Mathematik und Physik hin und her springt, es ist auch fehlerhaft. Durch zwei Fehler, die sich wie durch ein Wunder gegenseitig aufheben, gelangt er zu einem Gesetz, das später als sein »zweites Planetengesetz« oder als »Flächensatz« in die Geschichte eingeht: Die Planeten ziehen nicht mit gleichbleibender Geschwindigkeit um die Sonne, sondern so, dass die Verbindungslinie zwischen Sonne und Planet in gleicher Zeit jeweils gleich große Flächen überstreicht.
    Unmöglich kann er dieses Gesetz mit den mathematischen Mitteln seiner Zeit – ohne die Instrumente der Differential- und Integralrechnung – beweisen. Er weiß, dass er sich mit seinen gewagten Gedankensprüngen auf unsicherem Terrain bewegt. Doch wieder einmal führt ihn seine Intuition einen entscheidenden Schritt weiter. Als er endlich die richtige Konstruktion für die Umlaufbahn des Mars zu Papier gebracht hat, erkennt er sie allerdings nicht als solche. Noch einmal vergehen Monate, ehe er sich seiner Blindheit bewusst wird. »Oh, ich närrischer Kauz!«
    Nach halsbrecherischen Berechnungen, die sich über fünf Jahre hingezogen haben, hat Kepler endlich die richtige Planetenbahn gefunden. Sie ist eine »vollkommene Ellipse«. Seine Hartnäckigkeit in der Beibehaltung der Fragestellung und seine Kreativität in der Wahl der Herangehensweisen, sein mathematischer und physikalischer Instinkt haben ihn zu der vielleicht bedeutendsten Erkenntnis seiner gesamten Forscherkarriere geführt, einem Grundstein der modernen Astronomie.
    Man könne von Kepler wie nur von wenigen großen Naturwissenschaftlern sagen, dass das, was er erreichte, nie erreicht worden wäre, wenn nicht er es getan hätte, so der Wissenschaftshistoriker Bruce Stephenson. Die Entdeckung der Ellipsenbahn sei so außerordentlich unwahrscheinlich gewesen und Keplers Weg zu dem Ergebnis so persönlich, »dass sie außerhalb jeder notwendigen Entwicklung lag«.
    Mathematische Gewissheit und physikalisches Nachspiel
    Kepler hält nun eine nach bestem Wissen geprüfte mathematische Formel in den Händen. In dieser Ellipsenformel hängt der jeweilige Ort des Planeten nur noch von zwei Parametern ab, die beide durch den Standpunkt der Sonne definiert sind. Die Sonne steht, wie er später sagen wird, genau im Brennpunkt der Ellipse. So kommt die Beziehung zwischen ihr und dem Planeten auf eine neue, allerdings für ihn nach wie vor schwer interpretierbare Art und Weise zum Ausdruck.
    Es entspricht Keplers Naturell, dass er an dieser Stelle nicht abbricht, sondern weiter nach möglichen physikalischen

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