Das Weltgeheimnis (German Edition)
republikanisch-aristokratischer Geist hat ihn zu einem Gegner der gegenreformatorischen Bestrebungen Roms und insbesondere der Jesuiten gemacht. Sarpi, einer der wichtigsten Außenpolitiker der Republik, bezahlt für seine politischen Überzeugungen beinahe mit dem Leben. Im Oktober 1607 wird er auf der Brücke von Santa Fosca in Venedig mit drei Messerstichen niedergestreckt, im Februar 1609 folgt ein zweites Attentat auf ihn.
Galilei hat sich für Venedigs politische Angelegenheiten zu keinem Zeitpunkt sonderlich interessiert und nie ein Hehl aus seinen höfischen Ambitionen gemacht. Er hört nicht auf die mahnenden Worte Sagredos und trennt sich von Freunden und Kollegen der Universität. Bei seinem Aufstieg nimmt er wenig Rücksicht auf andere, nicht einmal auf die eigene Familie.
Familiäre Umbrüche
Marina Gamba ist allem Anschein nach die einzige Frau in Galileis Leben, zu der er je ein längeres Verhältnis gehabt hat. Im Sommer 1610 reist er ohne sie nach Florenz, den Angaben mehrerer Galilei-Biografen zufolge heiratet sie bald nach seinem Weggang einen anderen.
Von den drei gemeinsamen Kindern, Virginia, Livia und Vincenzo, bleibt nur der Jüngste in der Obhut der Mutter. Vincenzo, nach Galileis Vater benannt, ist zu diesem Zeitpunkt gerade einmal vier Jahre alt. Die neunjährige Livia dagegen nimmt der Vater mit nach Florenz, die ein Jahr ältere Virginia hält sich zu diesem Zeitpunkt bereits bei ihrer Großmutter in der Toskana auf.
Mit den beiden Töchtern kommt Galilei vorübergehend bei seiner Schwester unter, ehe die Familie in ein eigenes Haus »mit hohem Terrassendach« umziehen kann, von dem aus sich ein weiter Blick in den Sternenhimmel eröffnet. Dort kümmert sich die Großmutter um die Kinder, während Galilei die ländliche Abgeschiedenheit bevorzugt. Er verbringt weniger Zeit am Hof des Fürsten als auf dem toskanischen Landsitz seines Freundes Filippo Salviati.
Seine Töchter möchte er so bald wie möglich in einem Kloster unterbringen, obschon sie noch viel zu jung dafür sind. Das offizielle Eintrittsalter von sechzehn haben sie noch längst nicht erreicht. Doch Galilei lässt sich von dem einmal gefassten Entschluss nicht abbringen, schaltet hochrangige Kirchenvertreter ein und bekommt wenige Jahre später dank seiner Beziehungen zu Kardinal Ottavio Bandini eine entsprechende Genehmigung. So finden sich die erst zwölf- und dreizehnjährigen Mädchen schließlich im Kloster San Matteo in Arcetri in der Nähe von Florenz wieder, wo sie dann auch ihr Gelübde ablegen und den Rest ihres Lebens verbringen werden. Die Jüngere wird depressiv, die Ältere behält ein sehr herzliches Verhältnis zu ihrem Vater, das in zahlreichen Briefen an ihn dokumentiert ist.
Mitten in den Turbulenzen des familiären und beruflichen Umbruchs, wenige Wochen vor dem Umzug nach Florenz, erhält Galilei erneut einen Brief von Kepler aus Prag. Dort haben die Nachrichten von den unbekannten Himmelskörpern für einigen Wirbel gesorgt, wie Galilei bereits aus mehreren Briefen des toskanischen Botschafters und seines Freundes Martin Hasdale erfahren hat.
Kepler kann nach wie vor keine Beweise für Galileis Behauptungen vorlegen. Knapp vier Monate nach seiner öffentlichen Lobrede auf den Sternenboten steht er mit seiner Einschätzung immer noch auf einsamem Posten und bittet Galilei dringend um die Angabe von Zeugen. Galilei ist in der prekären Lage, selbst noch keine Zeugen benennen zu können. Er entledigt sich der unangenehmen Aufgabe mit einem kurzen Schreiben.
Sein Antwortbrief vom 19. August 1610 ist ein Spiegel seiner momentanen Verfassung: Alles dreht sich nur um ihn und seine Projekte – Galilei ist nicht imstande, seine Routine auch nur für ein paar Zeilen zu durchbrechen und sich seinem Briefpartner zu öffnen. Er spricht von seinem neuen Titel, den fürstlichen Geschenken, die er erhalten hat, und den vielen Büchern, die er in Zukunft schreiben wird. Der ganze Brief strotzt vor Selbstherrlichkeit. Trotzdem ist er seinem Kollegen wirklich dankbar für die Unterstützung und hebt ihn aus der Masse derer heraus, die ihre »Augen gegenüber dem Licht der Wahrheit« zuhalten.
Bald darauf bricht Kepler die nächste Lanze für Galilei. Nachdem er endlich ein Fernrohr von anderer Seite bekommen und die vier Jupitermonde mit eigenen Augen gesehen hat, schreibt er noch im Herbst 1610 eine wissenschaftliche Abhandlung darüber. Der Schotte Thomas Segeth fügt der Schrift einige lateinische Verse
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