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Das Weltgeheimnis (German Edition)

Das Weltgeheimnis (German Edition)

Titel: Das Weltgeheimnis (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas de Padova
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und immer höher aufsteigt. Schon in der Antike vermuteten Sternengucker, dass es sich auch dabei um die Venus handelt. Der Planet hat erst etliche Monate Abend-, dann Frühschicht, er wechselt seinen Namen von Abendstern zu Morgenstern.
    Dass die Venus mal voll ist und mal nur eine Sichel, kann man mit bloßem Auge nicht erkennen. Aber schon die Tatsache, dass sie sich genau wie der schwerer zu beobachtende Merkur immer nur in der Morgen- und Abenddämmerung zeigt, bedeutet, dass sich beide Planeten nie weit von der Sonne entfernen. Sie bleiben stets in Sonnennähe, mal gehen sie der Sonne ein bisschen voraus, mal folgen sie ihr.
    Daher vermutete Martianus Capella aus Karthago schon im 5. Jahrhundert nach Christus, dass beide um die Sonne laufen. 400 Jahre später kam der Ire Johannes Scotus Eriugena darauf, dass neben Merkur und Venus womöglich auch Mars, Jupiter und Saturn um die Sonne ziehen. Kopernikus bezog schließlich konsequenterweise auch noch die Erde mit in den Planetenreigen um die Sonne ein.
    Dass dieser Schluss nicht zwingend gezogen werden musste, zeigt Tycho Brahes Weltsystem, in dem der letzte kopernikanische Schritt fehlt. Im tychonischen Modell kreisen alle Planeten um die Sonne und gemeinsam mit dieser um den Globus, hier behält die Erde im Gegensatz zum kopernikanischen Weltbild ihre Sonderstellung. Sie wird nicht zu den Planeten in den Himmel erhoben.
    Kepler hat das tychonische System in seiner Neuen Astronomie eingehend behandelt. Es ist genauso gut mit den Beobachtungsdaten in Einklang zu bringen wie das kopernikanische. Trotzdem hat er es verworfen: weil von der Sonne seiner Meinung nach eine motorische Kraft ausgeht, die alle Planeten mitreißt, und weil sich deren Bahnen auf Basis der kopernikanischen Theorie besonders elegant darstellen lassen.
    Die meisten Astronomen aber schwenken im Anschluss an die Entdeckung der Venusphasen zu Brahes Theorie um. Im Jesuitenorden wird diese Zwischenlösung aus Geozentrik und Heliozentrik innerhalb weniger Jahre zum maßgeblichen Weltmodell. Es ist zwar eine eigenwillige mathematische Mischkonstruktion – vielen Gelehrten jedoch erscheint sie eher annehmbar als die Vorstellung, dass die Erde sich bewegt.
    Eine triumphale Romreise
    Um die anstehende Debatte möglichst rasch zu seinen Gunsten zu entscheiden, geht Galilei sofort in die Offensive. Wie wird der prominenteste jesuitische Astronom, der inzwischen über siebzigjährige Clavius, reagieren?
    Galilei hat ihn bereits als vorsichtigen, zögerlichen Wissenschaftler kennengelernt. Clavius ist ein Skeptiker, ohne jedoch engstirnig oder verbohrt zu sein. Gerade erst hat er die Existenz der Jupitermonde bestätigt und seinen früheren Standpunkt in einem freundlichen Brief an Galilei korrigiert. Der Jesuitenpater hütet sich davor, die Thesen seines jüngeren Kollegen noch einmal unbedacht zu verwerfen, der über ein in der Astronomie völlig neues Beobachtungsinstrument verfügt.
    »Wahrlich wäre dieses Instrument von unschätzbarem Wert, wenn es nicht so mühsam in der Handhabung wäre«, hat Clavius eingeräumt. Angesichts der Tücken der neuen Technik freut er sich auf Galileis baldigen Besuch in Rom. Dieser verspricht ihm zu zeigen, wie bereits ein paar einfache Hilfsmittel die nächtlichen Sitzungen am Fernrohr erleichtern.
    Was Galilei vermutlich zu diesem Zeitpunkt noch nicht weiß und erst einige Wochen später erfahren wird: Clavius und seine rührigen Mitarbeiter sind bereits von sich aus auf die Venusphasen aufmerksam geworden. Schon deshalb hat er gut daran getan, sie schnellstmöglich über seine Entdeckung zu informieren. Sie wären ihm mit einer Veröffentlichung sonst womöglich noch zuvorgekommen. Ein Dreivierteljahr nach Erscheinen des Sternenboten hat er seinen technischen Vorsprung weitgehend eingebüßt.
    Diese Zeit aber ist lang genug gewesen, um den größten erdenklichen Ruhm einzuheimsen. Seinen Besuch in Rom, der sich wegen seines chronischen Rheumas und der langsamen höfischen Bürokratie noch bis ins Frühjahr verzögert, erlebt der Siebenundvierzigjährige als Krönung seiner Laufbahn.
    Der toskanische Gesandte in Rom nimmt den Hofphilosophen und seine beiden Diener am 29. März 1611 im Palast der Medici in Empfang. Durch seine neue Stellung öffnen sich Galilei in den kommenden Wochen Tür und Tor in der Heiligen Stadt. Noch am selben Tag besucht er den Kardinal Francesco Maria del Monte, wenige Tage darauf den Kardinal Maffeo Barberini, den späteren Papst Urban

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