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Das Weltgeheimnis (German Edition)

Das Weltgeheimnis (German Edition)

Titel: Das Weltgeheimnis (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas de Padova
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hinzu.
    In Florenz werden Segeths Worte »Viciste Galilei!« – »Du hast gesiegt, Galilei!« – dem Mathematiker des Kaisers in den Mund gelegt. Galilei ist in Hochstimmung. Durch Keplers philosophische Spekulationen will er sich jedoch nicht von seinem Kurs abbringen lassen. Warum sollte er die mühsam erworbenen Erkenntnisse jetzt, da selbst seine schärfsten Kritiker einlenken, durch theoretischen Ballast gefährden?
    Giovanni Antonio Magini aus Bologna informiert ihn über eigene Beobachtungen mit dem Fernrohr, im November 1610 bekommen dann auch Christopher Clavius und seine Kollegen in Rom die Jupitermonde zu Gesicht. Damit ist das Fernrohr als wegweisendes Instrument der Forschung akzeptiert und die Existenz der neuen Himmelskörper bestätigt.
    Zauberhafte Venus
    Galilei legt sofort nach. Gerade in Florenz angelangt, verlagert sich seine Aufmerksamkeit bereits nach Rom. Wieder sucht er die Nähe zur Macht, um nun auch die allerhöchsten Weihen für seine Entdeckungen zu erhalten.
    Christopher Clavius wird einmal mehr zu einer Schlüsselfigur für seine Karriere. Der Jesuitenmathematiker ist eine Instanz. Sein Urteil in astronomischen Fragen gilt in der katholischen Kirche noch immer als Prüfstein. Galilei hat ihn schon zu Beginn seiner wissenschaftlichen Laufbahn als Mentor gewinnen können, damals hat Clavius seine Bewerbung um eine Professur in Pisa zumindest indirekt unterstützt.
    Nach Galileis Umzug ist der Chefmathematiker in Rom der Erste, mit dem er Kontakt aufnimmt, der Erste auch, den er am 30. Dezember 1610 über seine jüngste Entdeckung informiert: dass nämlich die Venus genau wie der Mond ab- und wieder zunimmt, sich mal kreisrund, mal nur als schmale Sichel zeigt. Diese an sich harmlose Beobachtung bedeutet de facto das Ende des antiken, aristotelisch-ptolemäischen Weltbilds mit der Erde im Zentrum und den um sie herum kreisenden Planeten.
    Vor drei Monaten, berichtet Galilei, habe er damit begonnen, die Venus zu beobachten. Er habe sie zuerst als kleine, runde Scheibe gesehen. Während diese Scheibe nach und nach größer geworden sei, habe ihre Rundung auf der sonnenabgewandten Seite stückweise abgenommen. »In wenigen Tagen schmolz sie zu einem Halbkreis zusammen.«
    Von da an sei die Venus von Woche zu Woche kleiner geworden, die Form des Planeten habe sich abhängig von seiner jeweiligen Stellung zur Sonne und den daraus resultierenden Beleuchtungsverhältnissen verändert. Galilei folgert aus diesen Beobachtungen, dass der Planet sein Licht ausschließlich von der Sonne erhält und dass »die Venus (und zweifellos macht Merkur dasselbe) um die Sonne kreist«.

    Im tychonischenWeltmodell kreisen die Planeten um die Sonne und drehen sich gemeinsam mit dieser um die Erde, die in der Mitte des Kosmos ruht (Andreas Cellarius, 17. Jahrhundert). [15]
    Natürlich ist sich Galilei bewusst, was für ein brisantes Beweismaterial er seinem Briefpartner hier präsentiert. Aber ohne Umschweife macht er sofort den nächsten gedanklichen Schritt. Und der geht über die bloße Wahrnehmung hinaus. Galilei schließt nämlich von der Venus auf sämtliche Planeten, die Erde eingeschlossen. Die Sonne, so schreibt er, sei »ohne jeden Zweifel das Zentrum aller großen Planetenumläufe«.
    Genau wie Kepler, der die Ellipsenbahn des Mars auf das gesamte Planetensystem übertragen hat, formuliert Galilei aus einer Einzelbeobachtung heraus eine allgemeine Gesetzmäßigkeit. Eine andere Möglichkeit als das kopernikanische System gibt es für ihn nun nicht mehr, um die Phänomene vernünftig zu erklären. Das teilt er Clavius und innerhalb weniger Tage auch anderen Briefpartnern, unter ihnen Kepler, in aller Klarheit mit. Jetzt, nachdem er die Venusphasen mit dem Fernrohr gesehen hat, sind seine letzten Bedenken ausgeräumt.
    Allerdings sind die Venusphasen allein kein Beweis für die Richtigkeit des kopernikanischen Systems. Immerhin kursieren neben der kopernikanischen und der ptolemäischen Theorie noch verschiedene andere astronomische Hypothesen. Diese berücksichtigen teilweise sogar bereits die von Galilei gemachten Beobachtungen – der Gedanke nämlich, dass die Venus um die Sonne laufen könnte, ist nicht ganz neu.
    Mit bloßem Auge ist die Venus über etliche Monate hinweg als helles Licht in der Abenddämmerung zu sehen. Dann verschwindet der Planet für eine Weile, schließlich macht er in der Morgendämmerung als ein Pünktchen am Horizont wieder auf sich aufmerksam, das mit der Zeit heller wird

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