Das Werben des Lord MacKenzie
Schultern fiel. Die Schönheit und die Einfachheit der Zeichnung rührten an sein Herz, als er sie nun betrachtete.
Mac nahm seine Palette, trug Farben auf und begann zu malen. Gedämpfte Töne, viele Schattierungen von Weiß, die Farbe für die Schatten gemischt aus Grün und Umbra und tiefdunklem Rot. Das Grün ihrer Augen wurde mit Schwarz abgetönt, ihr Glanz gelang ihm absolut perfekt.
Das Morgenlicht sickerte durch die Dachluken, als Mac fertig war. Er ließ die Palette auf den Tisch fallen, steckte seine Pinsel in die Reinigungslösung und betrachtete nachdenklich sein Werk.
Und etwas in ihm frohlockte. Nach so langer – so sehr langer– Zeit war endlich wieder die Könnerschaft durchgebrochen, die Macs Mentor in ihm gesehen hatte.
Eine Frau sah ihn von der Leinwand an: ihr Kinn ein klein wenig spitz, ihre Lippen zu einem stillen Lächeln geöffnet. Rotes Haar rieselte bis auf ihre Schulter, und ihre Augen sahen ihn mit einem hochmütigen, wenn auch verführerischen Blick an. Knospende gelbe Rosen, gemalt in Macs unverkennbarem lebhaftem Gelb, schmückten ermattet ihre Locken – als hätte sie die ganze Nacht durchgetanzt und wäre erst jetzt müde nach Hause gekommen. Er hatte nicht das Kleid gemalt, das sie heute Abend getragen hatte, er hatte es lediglich angedeutet mit Strichen in tiefstem Blau, das mit dem Hintergrund verschmolz.
Es war das Schönste, das er seit Jahren gemalt hatte. Das Bild schien zu singen, die Farben und Linien vereinten sich in müheloser Anmut.
Mac ließ seine Hände einige Sekunden lang über der Frau schweben. Dann wandte er dem Bild entschlossen den Rücken und verließ das Atelier.
Am nächsten Morgen zupfte Isabella mit raschen Bewegungen ihre Handschuhe zurecht und prüfte mit einem Blick in den Spiegel in der Eingangshalle den Sitz ihres Hutes. Das Herz klopfte ihr zwar bis zum Hals, aber trotzdem war sie entschlossen: Wenn Mac wegen der gefälschten Bilder nichts unternahm, dann würde sie es eben tun.
Sie nickte ihrem Butler zu, der ihr die Haustür geöffnet hatte. »Danke, Morton. Bitte sorgen Sie dafür, dass der Rock Seiner Lordschaft gesäubert und ihm heute Nachmittag gebracht wird.«
Isabella stützte sich auf die Hand ihres Dieners, als sie in den Landauer stieg. Erst als das Gefährt sich langsam in den morgendlichen Straßenverkehr einfädelte, ließ sie sich in die Polster zurücksinken und atmete tief durch.
Sie hatte nur wenig geschlafen, nachdem sie gestern Nacht von Lord Abercrombies Ball heimgekehrt war. Als Mac sie auf der Terrasse zurückgelassen hatte, war ihr der Schmerz über sein Weggehen bis ins Herz gedrungen. Sie hatte ihm hinterherlaufen wollen, um ihn von ganzem Herzen zu bitten, zu bleiben.
Doch sie hatte sich mit seiner Jacke begnügen müssen. Sie hatte sie neben sich gelegt, als sie zu Bett gegangen war, dorthin, wo sie sie berühren und Macs Duft riechen konnte, der daran haftete. Isabella hatte ruhelos wachgelegen und sich nach ihm gesehnt, bis sie schließlich in den Schlaf hinübergeglitten war, und von Macs Lächeln und diesem sündhaft heißen Kuss geträumt hatte.
Am Morgen hatte sie Evans den Rock lässig zugeworfen und der Zofe aufgetragen, Morton zu sagen, er solle sich darum kümmern.
Isabella hatte ihren Kutscher angewiesen, sie zum Strand zu fahren, wo die Messieurs Crane und Longman, Händler von Kunstobjekten, ein Geschäft unterhielten. Einen Mr Longman gab es nicht mehr. Er war gestorben und hatte Mr Crane das Ganze überlassen, aber Mr Crane hatte Longmans Namen nie von seinem Schild entfernen lassen.
Mr Crane, ein recht kleiner Mann mit weichen Händen und perfekt manikürten Fingernägeln, schüttelte Isabella die Hand, nachdem sie eingetreten war, und begann dann sofort damit, Lobeshymnen auf Mac MacKenzie zu singen.
»Mr Crane, Mac ist genau der Grund, aus dem ich zu Ihnen gekommen bin«, erklärte Isabella, nachdem Mr Crane sich ein wenig beruhigt hatte. »Bitte sagen Sie mir etwas über das Bild, das Sie Mrs Leigh-Waters verkauft haben.«
Crane legte die Handflächen aneinander und den Kopf leicht schief, was ihn wie einen kleinen, aufgeplusterten Vogel aussehen ließ. »Ah ja, der Blick auf Rom vom Kapitol . Eine hervorragende Arbeit. Eine seiner besten.«
»Ihnen ist doch sicherlich bekannt, dass Mac seine Bilder nicht verkauft? Er verschenkt sie an jeden, der sie haben will. Ist es Ihnen nicht seltsam vorgekommen, dass dieses zum Verkauf stand?«
»Ich war in der Tat recht überrascht, als Seine
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