Das Werk der Teufelin
Fabio?«
»Büttel kommen die Gasse hoch. Ich habe sie vom Fenster oben gesehen.«
Unglaublich schnell hatte Pater Ivo die Gläser vom Tisch geräumt, Almut hatte ihren Umhang gegriffen, Johanna ihr Bündel, und Aziza schob den Riegel der Hintertür auf.
»Durch den Hof, über die Mauer in die Schmierstraße.«
Die drei standen eben draußen, als sie hörten, wie hart und dringlich an Azizas Tür gepocht wurde. Almuts Augen gewöhnten sich nur langsam an die Dunkelheit, doch Pater Ivo hatte schon die Mauer erspäht, die es zu überwinden galt.
»Euren Fuß in meine Hände, Begine!«
Mit einem kräftigen Schwung wurde sie auf die Oberkante der Mauer gehoben und starrte dann in die Tiefe. Es würde ein harter Sprung werden! Johanna tauchte neben ihr auf und warf ihr Bündel voraus.
»Ist nicht so tief!«, flüsterte sie. Almut zerrte den hinderlichen Umhang und die Röcke fest um sich und ließ sich nach unten gleiten. Auf allen vieren landete sie auf dem lehmigen Boden, und neben ihr hörte sie den gedämpften Plumps, als Johanna ebenso unelegant aufkam.
»Hast du dir wehgetan?«, fragte Almut.
»Es geht. Wohin jetzt?«
»Pater Ivo?«
»Der wird sich selbst zu helfen wissen.« Johanna sah sich in der engen Gasse um. Die Arbeit der Talgmenger, die der Straße den Namen gegeben hatte, verriet sich durch den Gestank nach ranzigem Fett. Sie führte im Westen zum Zeughaus und im Osten zum Dom. Beides waren keine guten Ziele, entschied Almut. Obwohl, vielleicht war Meister Michael, der Dombaumeister, bereit, Johanna aufzunehmen. Sie zog die Bademagd mit sich Richtung Dom. Der erwartete Nebel hatte sich verdichtet und waberte in Schwaden zwischen den Häusern. Die Sicht war schlecht geworden, kaum zehn Schritt weit konnten sie erkennen, was vor ihnen lag. Sie liefen, wie in Watte gehüllt, voran, und die Geräusche, die ihre Schritte machten, schienen in der feuchten Luft weit zu hallen. Als sie zur Trankgasse kamen, wären sie beinahe dem Nachtwächter in die Arme gelaufen. Erst im letzten Moment konnten sie sich in die Türöffnung eines Hauses drücken und ihn vorbeigehen lassen.
»Der sieht uns besser nicht. Mist, Almut, wohin jetzt?«
»Aus der Innenstadt raus. Wir können versuchen, zu meinen Eltern zu kommen.«
Im Nebel und im Schutz der Häuser huschten sie voran. Immer wieder blieben sie aber ängstlich lauschend stehen, um auf die Fußtritte irgendwelcher Verfolger zu hören. Das Gewirr der Gässchen und Sträßchen wurde enger und enger, und schließlich blieben sie ratlos stehen.
»Wo sind wir? Ich kann nichts erkennen.«
»Ich weiß es nicht, Johanna. Ich habe das Gefühl, als sei ich noch nie hier gewesen.«
Sie entschieden sich für eine Richtung, hielten aber nach kurzer Zeit erneut an, denn im Nebel war schwach ein erleuchtetes Haus zu erkennen. Aus den Fenstern klang trunkenes Gejohle, und zwei schwankende Männer torkelten dicht an ihnen vorüber.
»Eine Schänke?«
»Oder eine Feier. Besser, wenn wir denen nicht in die Hände fallen.«
Sie machten kehrt und fanden sich bald darauf an einer Kirche wieder.
»Kennst du die, Almut?«
Vorsichtig näherte sie sich dem Portal und atmete dann erleichtert auf.
»Sankt Aposteln! Wir sind am Neuen Markt angekommen. Das ist gut. Versuchen wir, bei Meister Krudener Unterschlupf zu finden!«
Die Apotheke war schnell gefunden, und Almut warf mit kleinen Steinchen gegen den Fensterladen, hinter dem sie Krudeners Schlafkammer vermutete. Sie hatte Glück, der Apotheker hatte wohl einen leichten Schlaf und öffnete den Laden, um nach den Störenfrieden oder auch nach einem späten Hilfesuchenden Ausschau zu halten. Sein mit einer weißen Backenkappe bedeckter Kopf erschien in der Fensteröffnung.
»Meister Krudener, ich bin es, Almut. Ich brauche Eure Hilfe!«, wisperte sie, so laut sie es wagte.
»Frau Almut?«
»Ja, und Johanna. Macht uns auf, bitte!«
Der Laden wurde leise geschlossen, und kurz darauf ging die Tür auf. Hastig schlüpften die beiden Frauen in das Innere der Apotheke, die ein kleines Nachtlicht spärlich erhellte. Trotz aller Angst und Aufregung blieb Almut doch beim Anblick von Meister Krudener zunächst die Luft weg. Der Gelehrte, tagsüber in einen langen, nüchtern grauen Talar gewandet, hatte einen prachtvollen, pfauenblauen Seidenmantel an, der über und über mit Vögeln und Blumen bestickt war.
»Oh!«, entfuhr es ihr, aber er überhörte es und scheuchte die beiden durch den Vorhang in die Stube.
»Nicht nötig, mehr
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