Das Werk der Teufelin
in der Tat darauf achten, diese tumbe Kreatur unter strenger Aufsicht zu halten. Denn auch sie betreffend habe ich Euch etwas zu berichten.« Erst jetzt fand er die Zeit, Almut überhaupt anzusehen, und wirkte plötzlich verwirrt. »Was ist mit Euch geschehen?«
Die über der Stirn abgeschnittenen Haare hatten sich nicht bändigen lassen und schlüpften als Lockenkringel unter dem Gebände hervor, bedeckten dabei aber nur zum Teil den Verband, den ihr Elsa über die Schnittwunde gelegt hatte.
»Ein Überfall unserer Teufelin. Aber das ist jetzt nicht so wichtig. Was sind Eure unangenehmen Neuigkeiten? Ist Magda etwas zugestoßen?«
»Es geht um Johanna, Begine. Sie muss fort, der Vogt hat sich nach ihr an der Marspforte erkundigt, und er kann durchaus zwei und zwei zusammenzählen und dabei zu einem falschen Ergebnis kommen.«
»Ei wei. Wie ist er denn auf die Badestube gekommen?«
»Magda – er hat die Weverin als Spitzel benutzt und dann ausgehorcht. Ich fürchte, er wird seine Büttel spätestens morgen hierher schicken. Wenn nicht sogar schon heute.«
Almut sah sich beklommen um und entdeckte Johanna am Brunnen. Sie winkte sie herbei und forderte eindringlich: »Rasch, Johanna, geh in deine Kammer, und pack deine Sachen zusammen!«
»Was ist passiert?«
»Erzähle ich dir später. Beeil dich!«
Mit Angst in den Augen lief Johanna los, und Almut wandte sich ebenfalls zu ihrem Häuschen um. Über die Schulter hinweg meinte sie hastig zu dem Benediktiner: »Ich bringe sie zu meiner Schwester Aziza, einen besseren Rat weiß ich mir nicht.«
»Wir bringen sie. Und lasst die Beginen hier sagen, sie habe Euch verlassen, um wieder einen Bader zu suchen, bei dem sie arbeiten kann. Das gibt uns vielleicht ein wenig Zeit, sie aus der Stadt zu bringen!«
»Besprecht es mit Clara. Ich schicke sie zu Euch. Sie soll es den anderen so erzählen. Und sagt ihr auch, wenn ich nicht vor Sonnenuntergang zurück bin, übernachte ich heute bei einer Verwandten.«
Als Almut, in einen dunklen Umhang gehüllt, wieder in den Hof kam, hatte Pater Ivo sein Gespräch mit Clara beendet, und Johanna stand mit einem rasch geschnürten Bündel neben ihm.
Sie nahmen nicht den direkten Weg zur Burgmauer, sondern wandten sich nach Westen, um den Bütteln des Vogtes nicht zu begegnen, wenn diese zum Beginenhof unterwegs sein sollten. Schweigend eilten sie über ausgetretene Pfade durch die Weingärten am Ursulastift vorbei und entlang des schlammigen Entenpfuhls, wo sie an diesem Abend keiner Menschenseele begegneten. Die Sonne stand schon tief am Horizont, und die Weiden und Pappeln an dem flachen Graben warfen gespenstisch lange Schatten. Erst hinter Maria Ablass wanderten sie durch den Kattenbug wieder der Innenstadt zu und erreichten unbehelligt Azizas Haus an der alten Burgmauer. Während ihres Ganges hatte Pater Ivo Johanna in kurzen Worten erklärt, warum sie so überstürzt die Beginen verlassen mussten, und ohne ein Wort dazu zu sagen, hatte die Bademagd nur genickt und war blass und verbissen vorangehetzt.
In der schmalen Gasse unter den überhängenden Fachwerkhäusern war es kühl und dumpfig, die Feuchtigkeit zog vom Rhein bis hier hinauf. Es würde eine nebelige Nacht werden. Vereinzelt brannten hinter den Läden der Häuser Lichter, aber die Straße war menschenleer. Irgendwo bellte ein Hund im Hof, struppige Katzen streiften auf lautlosen Pfoten an den Wänden entlang, und das empörte Quieken einer Ratte zeigte an, dass die Zeit der Jagd angebrochen war.
Almut klopfte an die Tür von Azizas Haus, und eine gebieterische Jungenstimme fragte von innen: »Wer begehrt Einlass?«
»Almut, Johanna und Pater Ivo!«
Ein leises Murmeln war aus dem Inneren des Hauses zu hören, dann wurde der Riegel zur Seite geschoben, und Aziza spähte durch den Spalt.
»Schwester, welch ungewöhnlicher Anlass bringt dich hierher?«
»Lass uns ein, Aziza, es ist ein dringlicher!«
Sie öffnete die Tür weiter, und die drei Besucher huschten hinein. Johanna kannte das Haus, sie hatte schon einige Tage hier verbracht, Almut selbst hatte die Stube einst kurz bei Tageslicht gesehen und einmal mitten in der Nacht. Dennoch war sie wieder beeindruckt. Pater Ivo hingegen blieb mit einem leisen Ausruf der Verwunderung stehen. Anders als in den üblichen Handwerkerhäusern, in denen das Erdgeschoss sowohl als Diele, Werkstatt, Stube und Küche diente, hatte Aziza in ihrem Haus einen Raum von ansprechender Schönheit geschaffen. In dem großen Kamin
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