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Das Werk der Teufelin

Titel: Das Werk der Teufelin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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brannte ein fröhliches Feuer und warf tanzende Schatten auf die in leuchtenden Farben erglühenden Teppiche an den Wänden und auf den blank gescheuerten Bohlen des Bodens. Auf den Borden an der Wand glänzte Messinggerät – schlanke Kannen, fein ziselierte Teller, farbenprächtig emaillierte Dosen und mit bunten Steinen besetzte Pokale. Auf dem polierten Holztisch stand eine ebensolche Schale, aus der sich ein weißes Fähnchen duftenden Rauchs kräuselte. Direkt am Kamin befand sich ein beinahe mannshoher Rahmen, auf den der halbfertige Teppich gespannt war, an dem Aziza gerade arbeitete. Körbe mit bunten Woll- und Seidennocken standen daneben, und auf einem Schemel saß nun wieder der Junge und zupfte an der Laute, auf der er wohl zuvor gespielt hatte. Ein luftiges Melodiengewebe erfüllte den Raum, und zwei Wachskerzen auf hohen Leuchtern erhellten die delikate Handarbeit, an der Aziza gearbeitet hatte. Almut erkannte diesmal einen Teppich in dunklem Nachtblau, dessen Rand ein kompliziertes Muster aus Sternen und Ranken zierte.
    Aziza wies auf die gepolsterten Bänke an der Wand und schob den Rahmen mit dem Teppich ein wenig zur Seite. Sie selbst war genauso exquisit anzusehen wie ihre Wohnung. Zu Hause trug sie ihre langen schwarzen Haare offen, sie wurden nur durch ein Schapel aus rosigem Samt und Perlen zurückgehalten. Die Farbe dieses Haarreifes wiederholte sich in dem losen Gewand, das sie trug, fein gewebter Brokat mit einem Muster aus glänzenden Rosen.
    Johanna legte ihr Bündel auf den Boden und nahm auf der Bank gegenüber vom Kamin Platz, Almut gesellte sich zu ihr. Pater Ivo jedoch blieb noch einen Moment stehen und nahm die warmgoldene Umgebung und den Duft des Räucherwerks in sich auf.
    »Ein etwas anderer Weihrauch als der, den Ihr verwendet, nicht wahr?«, stellte Aziza mit einem kleinen Zwinkern in den Augen fest.
    »Kyphi, würde ich sagen. Myrrhe und Sandelholz, Zimt und Rosenblätter und kostbare Harze, in Honig eingelegt. Stellt Ihr ihn selber her, Maurin?«
    Er lächelte sie an, und Almut war mehr als verblüfft über den seltsamen Ausdruck in seinem Gesicht. Nichtsdestotrotz korrigierte sie ihn: »Aziza ist keine Maurin!«
    »O doch, das ist sie, Begine«, widersprach er leise und sah ihre schöne Schwester mit einem beinahe zärtlichen Lächeln an. Sie lächelte zurück, und das Licht der Wachskerzen schien zu verblassen.
    »Ja, Mönch«, antwortete sie und ließ offen, was sie damit meinte. Sie stellte vier Becher aus blauem Glas auf den Tisch und goss aus der Kanne am Kamin warmen Würzwein ein.
    »Eine kalte, feuchte Nacht heute. Ihr werdet einen wärmenden Schluck nicht ablehnen, hoffe ich.« Sie wies auf einen gepolsterten Sessel am Kamin. »Setzt Euch hierhin, Mönch, und wärmt Euch auf.«
    Pater Ivo setzte sich, doch ohne seinen Blick von Aziza zu wenden.
    »Seid Ihr einmal im Lande Eurer Vorfahren gewesen, Maurin?«
    »Nein. Aber Ihr wart in Al Andalus, Ivo vom Spiegel!«
    »Ja, und Ihr solltet auch einmal dorthin reisen.«
    Ein leises Lachen begleitete Azizas Worte: »Oh, Reisen ist so unbequem. Ich empfange lieber Besuche!«
    »Die Euch die Seiden, die Gewürze und die Düfte des Morgenlandes ins Haus bringen?«
    Azizas dunkel umrahmte Augen glitzerten, doch sie blieb ihm die Antwort auf diese Frage schuldig.
    Almut war verwirrt von dem Wortgeplänkel zwischen ihrer Schwester und dem Pater. Sie hatte ihn schon in unterschiedlichen Situationen kennen gelernt, als gestrengen Priester und freundlichen Ratgeber, als gnadenlosen Richter und zornigen Ankläger. Sie kannte die Linien der Verbitterung in seinem Gesicht und die humorvollen Fältchen, die sich bildeten, wenn er mit ihr disputierte. Doch den Ausdruck von tiefer Sehnsucht, die seine grauen Augen schwarz wirken ließ, den hatte sie noch nie bemerkt. Ein seltsames Gefühl von Mitleid und Eifersucht bemächtigte sich ihrer und drückte ihr auf die Kehle. Sie nahm einen Schluck von dem warmen Wein und war nicht verwundert darüber, ihn stärker und süßer zu finden, als sie ihn gewohnt war.
    Pater Ivo drehte sich zu ihr herum und sah sie an. Aber das Dunkle in seinen Augen war noch nicht verschwunden, und einen Lidschlag lang glaubte sie, in ihnen die Leidenschaft zu erkennen, die einst in ihnen gebrannt haben mochte. Doch dann erlosch die schwarze Flamme, und die übliche Nüchternheit nahm wieder Besitz von seiner Miene. Almut fühlte Bedauern darüber und schalt sich dann selbst ihrer sündigen Gedanken wegen. Den

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