Das Werk der Teufelin
wissenden Blick, den Johanna und Aziza miteinander tauschten, bekam sie jedoch nicht mit. Dass ihr Gesichtsausdruck lauter gesprochen hatte als alle Worte, war ihr nicht bewusst.
»Erzählt Eurer Schwester, was uns hergeführt hat, Begine!«
»Ja, erzähle es, und du, Fabio, lass uns eine kleine Weile alleine!«
Gehorsam legte der Junge die Laute nieder und verschwand über die Stiege aus dem Raum.
Almut musste sich einige Male räuspern, um wieder Herrin ihrer Stimme zu werden, dann berichtete sie so kurz und so gründlich wie möglich, weshalb Johanna fliehen musste.
»Ich hoffe, wir haben so viel Zeit, sie aus der Stadt und am besten sogar zu deiner Mutter zu bringen. Wenn sie dem Vogt in die Hände fällt, ist ihr Leben verwirkt. Er will ein Opfer haben, und zu viele Tatsachen weisen auf sie als Täterin hin.«
Aziza hatte konzentriert zugehört, und ihre Miene war ernst und nachdenklich geworden.
»Die Idee ist nicht besonders gut, Schwester. Wenn sie den Bader befragt haben, dann werden sie auch meinen Namen gehört haben. Ich versuche zwar, dem Vogt und seinen Bütteln nicht in die Quere zu kommen, aber ich bin nicht ganz unbekannt in diesem Viertel. Sie werden über kurz oder lang an meine Tür pochen.«
»Sie werden hoffentlich erst einmal bei den anderen Badehäusern nachforschen.«
Johanna, die die ganze Zeit über geschwiegen hatte, machte jetzt Anstalten aufzustehen und tat in entschiedenem Tonfall kund: »Ich will dich nicht in Gefahr bringen, Aziza. Ich werde sofort aufbrechen!«
»Nichts dergleichen wirst du tun. Wir überlegen erst einmal in Ruhe, wo wir dich unterbringen können«, befahl Aziza und drückte sie wieder auf ihren Sitz. »Ich kenne einige Leute, die dir helfen werden. Mir scheint, sowohl meine Schwester als auch dieser Benediktiner sind schließlich von deiner Unschuld überzeugt. Verzeiht meine Neugier – aber wer hat dann die Tat begangen, deretwegen man Johanna sucht?«
»Darüber…!«
»Das hat…«
Pater Ivo und Almut hatten gleichzeitig zu sprechen begonnen und sahen sich verdutzt an.
»Ihr habt es herausgefunden, Begine?«
»Nun, zumindest habe ich herausgefunden, dass unser Lämmchen durchaus fähig ist, ziemlich teuflische Dinge zu tun. Sie hat meine Maria zerbrochen, hat mir Gift in den Apfelwein getan und mir schließlich nachts mit dem Fleischmesser die Haare abgeschnitten. Außerdem hat sie sich bei den Söldnern vor dem Tor herumgetrieben, die kleine Schlampe. Ich denke, wir werden ebenfalls feststellen, dass sie auch bei dem Domherren die Hand im Spiel hatte.«
»Diesen Verdacht kann ich bis zu einem gewissen Grad teilen, Begine. Das Mädchen hatte bei den Schwestern auf Rolandswerth keinen guten Ruf. Sie war als gehässig und hinterhältig bekannt und hat eine Neigung dazu, ihren Mitschwestern böse und gefährliche Streiche zu spielen. Anscheinend der Grund, warum man nicht allzu gründlich nach ihr gesucht hat, als sie verschwunden war.«
»Ihr habt mit Bruder Jakob ein Gläschen getrunken, nehme ich an!«
»Eins? Der Mann ist ein Weinfass ohne Boden. Und genauso maßlos geschwätzig. Was ich mir alles anhören musste!«
»›Schelte deinen Nächsten nicht beim Wein, und verachte ihn nicht, wenn er lustig wird.‹«
»Wahrlich, lustig ist er geworden, wie Sirach sagt, und ›Die Trunkenheit macht einen Narren noch toller.‹«
»Gut, dass Ihr vor solchen Anfechtungen gefeit seid, Pater. Aber denkt mal an seine Herde, die er betreut – was sich die armen Nonnen wohl alles anhören müssen!«
»Ihr wisst wahren Trost zu spenden, Begine. Aber hört weiter. Auch der Domherr ist bei den Nonnen bekannt. Er hat an der Insel ein Boot liegen, das er für seine Fahrten nach Köln benutzt. Er hat sie – nachbarschaftlich, wie es hieß– des Öfteren aufgesucht. Diese Besuche wurden allem Anschein nach erwidert, einige der Schwestern haben seine Gastfreundschaft offensichtlich nur zu gerne genossen.«
»Angelika auch?«
»Wer das war, hat Bruder Jakob nicht preisgegeben. Oder er wusste es nicht.«
Aziza, das Kinn in die Hände gestützt, fragte mit hintergründigem Lächeln: »Und was geschah bei den Besuchen der frommen Frauen auf dem Gut des Domherrn?«
Pater Ivo zuckte mit den Schultern.
»Ich hoffe, nichts Schlimmeres als der Genuss der bekanntermaßen üppigen Küche des Domherrn!«
Bevor Aziza weitere Schlussfolgerungen ziehen konnte, kam Fabio, der Junge, die Stiegen hinuntergerannt und zupfte aufgeregt an ihrem Ärmel.
»Was ist,
Weitere Kostenlose Bücher