Das Werk der Teufelin
jetzt hast du sie verärgert!«, stellte Magda kopfschüttelnd fest. »Du hast eine äußerst verletzende Zunge!«
Almut, die sich mal wieder genau über diese ungebärdige Zunge ärgerte, nickte betroffen.
»Ich weiß, ich weiß. Ich wünschte, ich hätte den Mund gehalten. Ich bin einfach nicht geschickt genug im Umgang mit solcher Sturheit.«
»Stimmt!« Elsa zuckte mit den Schultern. »Aber jetzt ist es passiert, und Thea wird sich irgendwann wieder beruhigen. Seit sie bei ihrer Familie war, ist sie ein bisschen launisch.« Mit diesen Worten stand sie auf und stellte dann fest: »Ich kann Johanna als Helferin gut gebrauchen, und Trine könnte man dann ihren Wunsch erfüllen und sie zu diesem Apotheker in die Lehre schicken.«
»Soll sie wirklich zu Meister Krudener gehen?«, fragte Gertrud misstrauisch nach. »Er ist ein Mann und sie ein unschuldiges junges Mädchen.«
»Sie ist bei ihm in guter Obhut«, murmelte Elsa.
»Woher willst du das wissen?«
»Hab mit ihm gesprochen.«
Auch Magda sah sie zweifelnd an.
»Er ist gut fünfzig Jahre alt, aber das will nichts besagen, Elsa. Er ist unbeweibt, und manchen Mann kommt auch in diesem Alter noch ein Gelüst an.«
»Ihn nicht.«
»Nein?«
»Meisterin, der Krudener ist kein Mann, der sich an einer Frau vergreifen könnte. Dafür haben vor langer Zeit die Mauren gesorgt.« Almut schnappte nach Luft, und auch die anderen Beginen starrten Elsa an. »Es ist in seiner Nachbarschaft nicht unbekannt!«, fügte die Apothekerin leise hinzu. »Es wird kein Geschwätz geben.«
»Oh, nun ja…« Magda schüttelte den Kopf und kam schließlich zu dem eigentlichen Problem zurück. »Dann sind wir uns über Johanna einig?«, fragte sie in die Runde. Alle nickten, und Almut rief Johanna wieder hinein, um ihr den Beschluss mitzuteilen.
6. Kapitel
In seiner Sänfte ließ sich Sigbert von Antorpf durch die belebten Straßen des Marktviertels tragen, doch von dem geschäftigen Treiben um ihn herum nahm er nichts wahr. Die Erbitterung nagte an ihm. Den halben Nachmittag hatte er im Hause des wohlhabenden Kaufmanns Hinrik Wulfhardes verbracht, der sein Vermögen mit dem Pelzhandel gemacht hatte. Es sollte ein Akt der Barmherzigkeit sein, denn der alte Mann war auf den Tod krank und bedurfte des geistlichen Trostes. Der Vikar, der bislang sein Beichtvater war, hatte den Domherren gebeten, ihn aufzusuchen und auf ihn einzuwirken. Doch der Sieche war eine verhärtete Seele, weder die Drohungen des Fegefeuers noch die bildhaften Schilderungen der Höllenqualen hatten ihn beeindruckt. Ja, er hatte eine ganz erstaunliche Kraft entwickelt, um den Domherren anzubrüllen und des Hauses zu verweisen, als er von der Möglichkeit sprach, die Zeit in den Fängen der Teufel und Dämonen zu verkürzen. Dabei wäre es so einfach gewesen, durch eine großzügige Spende für den Bau der neuen Kathedrale einen Ablass über viele Monate zu erhalten. Reich genug wäre der Kaufmann gewesen, aber so würde die Todsünde des Geizes ihn dazu verdammen, Äonen lang in den Feuern der Verdammnis zu schmoren. Leider brachte dieses Wissen Sigbert von Antorpf wenig Befriedigung, denn die höllischen Visionen setzte er nur zu geschäftlichen Zwecken ein. Er selbst hielt sie für einen nützlichen, aber ziemlich kindischen Aberglauben, mit dem es sich trefflich Einfluss ausüben ließ. Da dieses Mittel im Fall Hinriks versagt hatte, nagte also die Erbitterung weiter an ihm, und sie steigerte sich zur Weißglut, als er feststellte, dass seine schwerfälligen Träger nun auch noch vor dem Badehaus an der Marspforte anhielten, um ein Gespann mit Fässern vorbeizulassen. Ausgerechnet diese Badestube hatte er noch bis vor zwei Monaten selbst gerne besucht. Doch das war ihm nun für alle Zeiten verwehrt. Nicht nur des Bades wegen beklagte er das, sondern vor allem wegen der anderen Annehmlichkeiten, die das Haus zu bieten hatte. Wie eine Stichflamme schoss der Schmerz aus der kaum verheilten Wunde auf, und der Domherr knirschte voll namenloser Wut auf diese verdammte Teufelin, die ihm das eingebrockt hatte, mit den Zähnen. Er fuhr die Träger mit groben Worten an, endlich ihre lahmen Hintern in Bewegung zu setzen und ihn zum Dom zu bringen. Hoffentlich hatte sich wenigstens auf dem Petrus-Altar die eine oder andere großzügige Spende angesammelt. Außerdem musste er die Vikare ins Gebet nehmen, die die bezahlten Messen an den verschiedenen Altären hielten. Er hatte sie im Verdacht, bestimmte Summen für sich
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