Das Werk der Teufelin
nicht wieder aufnehmen. Da fielst du mir ein, keusche Schwester, und so dachte ich an diesen Konvent.«
»Ich kann nicht alleine bestimmen, wen wir aufnehmen, das weißt du sicher.«
»Natürlich. Und Johanna ist sich noch nicht sicher, ob ihr für sie überhaupt in Frage kommt. Aber es wäre einen Versuch wert. Könntet ihr nicht so eine Art Probezeit vereinbaren?«
»Möglich ist das bestimmt, aber bisher hast nur du über sie geredet. Wäre es nicht an der Zeit, Frau Johanna für sich selbst sprechen zu lassen?«
»Nennt mich nicht Frau Johanna, der Titel steht mir nicht zu«, waren die ersten Worte, die Azizas Begleiterin äußerte. Almut sah sie sich genauer an und erkannte in dem spitzen Gesicht die Spuren einer langen, jetzt wohl überwundenen Krankheit. Dunkle Ringe lagen unter den Augen, die ziemlich nahe beieinander standen. Ihre Lippen wirkten blass und beinahe verkniffen, sie war nicht mehr ganz jung, etwa um die Mitte der Zwanzig. Schon hatten sich ein paar Linien um die Mundwinkel eingegraben, die sich sicher nicht vertiefen würden, wenn sie lachte, sondern von Leid und Enttäuschung sprachen. Dennoch war Johanna eine hübsche Frau in einem sauberen, einfachen Gewand und einer ordentlich gebundenen Haube.
»Woher kommt Ihr, Johanna?«
»Aus Köln. Ich bin hier geboren. Meine Mutter war eine Krämerin, sie verkaufte Drugwaren. Meist Bänder, Garne, Hauben und auch Kräuter und Gewürze. Ich half ihr als Kind, aber dann starb sie. Die Schwindsucht, wisst Ihr. Und ich musste sehen, wo ich unterkam.«
»Ihr Geschäft konntet Ihr nicht weiterführen?«
»Es war kein Geld da. Das hat der Bader genommen, für die Behandlung. Er hat mich ebenfalls genommen. Als Bezahlung.«
»Als Bezahlung?«
»Ich musste für ihn arbeiten.«
Auf Azizas Gesicht lag ein leichtes Lächeln, ein klein wenig spöttisch war es, und Almut verstand.
»Nun ja, dorthin wollt Ihr also nicht zurück.«
»Nein.«
»Ihr wart krank und seid jetzt genesen?«
»So könnte man sagen.«
»Es war keine ansteckende Krankheit, Schwester, falls du das befürchtest. Eher ein Unfall.«
»So?«
»Ich bin schwanger geworden und… und…«
»Ich nehme mal an, Ihr hattet eine Fehlgeburt.«
»Bezeichnen wir es so«, mischte sich Aziza wieder ein. »Ich besuche das Badehaus, in dem sie gearbeitet hat, selbst hin und wieder. Es ist sehr gut geführt, und Johanna leistete mir oftmals hilfreiche Dienste. Sie versteht einiges vom Geschäft des Baders. Sie kann nicht nur Rücken schrubben, sondern ist auch geschickt darin, kleine Verletzungen zu behandeln und verhärtete Muskeln zu lockern. Als ich darum bat, mir das Bad zu richten, brach sie zusammen. Nun ja, ich kümmerte mich ein wenig um sie und erfuhr, was passiert war. Der Bader wollte sie natürlich hinauswerfen. Eine schwangere Bademagd ist nicht gut für das Geschäft.«
»Du hast sie mit zu dir genommen?«, fragte Almut mit sanftem Erstaunen.
»Aber nein, auch für mein Geschäft ist eine schwangere Badehur nicht gerade eine Empfehlung.«
»Ich weiß, du hast einen Ruf zu wahren!«
Aziza wurde zwar von einigen Leuten wegen ihrer Abkunft von der Maurin aus Córdoba als die »maurische Hure« bezeichnet, doch wie Almut schon sehr früh herausgefunden hatte, war sie keine Maurin, sondern christlich getauft. Was ihren Lebenswandel anbelangte – nun, da gab es zwar einige, die sich das Maul darüber zerrissen, doch hauptsächlich verdiente sie ihren Unterhalt dadurch, indem sie sehr geschickt ihr Geld verlieh. Woher das Kapital jedoch stammte, war eine ganz andere Frage.
»Ich brachte Johanna zu meiner Mutter!«
Jetzt war es allerdings wirklich so weit, dass Almut den Mund vor Verblüffung aufsperrte, und Aziza kicherte.
»Ich habe dich wieder einmal entsetzt, Schwester!«, stellte sie mit Genugtuung fest.
»Ich – mh – dachte, deine Mutter sei gestorben.«
»Aber nicht doch. Das habe ich nie behauptet, und Frau Nasreen würde mir das gewiss sehr übel nehmen, wenn ich so etwas erzählen würde. Nein, nein, sie lebt sehr behaglich auf einem großen Anwesen bei Villip und pflegt dort ihren Garten und einen wohlhabenden Herren. Doch sie kennt sich auch sehr gut mit solchen Krankheiten aus, wie Johanna sie hatte, und hat sie sechs Wochen lang bei sich aufgenommen. In dieser Zeit hat Johanna erkannt, ein anderes Leben führen zu müssen als bisher.«
»Hat Euch meine Schwester geschildert, wie wir hier leben, Johanna?«
»Ja, das hat sie. Ich glaube, das käme mir schon
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