Das Werk der Teufelin
Regeln in einem solchen Fall vorsehen.«
»Das hängt von dem Fall – und von der Äbtissin ab.«
»Kennt Ihr ein Benediktinerinnen-Kloster in der Nähe der Stadt?«
»O ja, beispielsweise unser Schwesterhaus auf der Insel Rolandswerth.« Pater Ivo strich sich nachdenklich über seinen kurz geschnittenen Bart. »Ja, das wäre eine Möglichkeit. Es liegt zwei, drei Tagesreisen von hier entfernt, doch alleine und auf sich gestellt, mag Eure Angelika länger gebraucht haben. Zumal in der Tat die erzbischöflichen Truppen sich in den Dörfern um Bonn versammelt haben. Armes Kind!«
»Ja, das arme Kind. Könnt Ihr herausfinden, ob eine junge Nonne wie Angelika dort bekannt ist?«
»Das wird sich machen lassen. Unser Pater Jakob betreut die Nonnen dort als Seelsorger und besucht sie alle Monate für ein paar Tage. Aber nun verratet mir, was all das mit der Teufelin zu tun hat, die der Domherr finden wollte?«
»Ich möchte sicher sein, dass es nicht Angelika ist, und darum will ich mehr über sie erfahren. Sie selbst ist nicht bereit, etwas zuzugeben. Sie hat uns eine wirre Lügengeschichte aufgetischt, die zwar Mitleid erregt, aber mehr Fragen aufwirft, als Antworten liefert. Eventuell kann ich ihr Vertrauen gewinnen, wenn ich ihr sage, ich wüsste zwar um ihre Vergangenheit, wolle sie aber nicht gegen ihren Willen zurückschicken.«
»Wenn sie ihre Gelübde abgelegt hat, gehört sie aber in das Kloster, Begine!«
»Wenn sie jedoch festgestellt hat, dass sie nicht berufen ist? Sie ist noch sehr jung, Pater.«
»Sie hat sich gebunden, auf Lebenszeit!«
Pater Ivos Stimme klang ernst und unnachgiebig, doch als Almut ihn musterte, vermeinte sie zu sehen, wie sich die feinen Linien der Bitterkeit um seine Augen vertieften.
»Wie grausam Ihr seid! Sie ist eine junge Frau, noch fast ein Mädchen. Vergesst es, dass ich Euch gefragt habe, Pater. Ich werde mich auf die eine oder andere Weise selbst um sie kümmern.«
»Ihr zieht in den Krieg, Begine? Um eines törichten Schafes willen?«
»Tat das der Sohn der barmherzigen Mutter nicht ebenfalls?«
»Maßt Ihr Euch an, die gute Hirtin zu sein?«
»Warum nicht, Pater? Wenn es ein unschuldiges Lämmchen vor der Gefangenschaft zu beschützen gilt? Ich lasse nicht zu, dass ein kaum erwachsenes Menschenkind zu einem Leben verdammt wird, in dem es unglücklich gemacht wird. Ein Dasein, das es hinter Mauern eingeschlossen hält! Ein Leben ohne das Wissen um eine bunte Welt, mit all ihren vielfältigen Wundern. Ihr mögt das anders sehen, aber ich meine, zu einer solch traurigen Existenz darf man niemanden zwingen. Vor allem nicht in jungen Jahren, wenn man noch nicht selbst entscheiden kann, ob man wirklich für das Leben in Demut und Keuschheit berufen ist.«
»Dazu, Begine, gibt es auch andere Ansichten.«
»O ja, die kenne ich! Reine, unschuldige Kinder, die früh genug in die klösterliche Gemeinschaft aufgenommen werden, sind die gehorsamsten Mönche und Nonnen, was? Genau wie ganz junge Mädchen alten Männern die gehorsamsten Frauen sind, nicht wahr?«
Almut fauchte den Pater an, und er sah sie irritiert, dann aber mit aufkeimendem Verstehen an. Er nickte und gab ihr die Antwort in einem versöhnlicheren Tonfall, als sie erwartet hatte.
»So denken manche, das ist richtig. Aber es gibt ebenfalls Menschenkinder, die sich in der Welt mit ihren Versuchungen und Leidenschaften, ihrer Härte und ihrem Getriebe nie zurechtfinden werden. Ihnen kann das Kloster eine Stütze und ein Heim sein. So, wie ein Konvent manchen Beginen. Auch Ihr habt Euch hinter schützenden Mauern niedergelassen, bedenkt dies!«
Almut hatte Luft geholt, um eine vernichtende Antwort zu geben, aber dann fiel ihr gerade noch rechtzeitig Johanna ein, die eben dieser Welt zu entfliehen suchte, und sie schluckte die Worte hinunter.
»Es gibt Unterschiede!«, erwiderte sie lahm, aber sie verstand, worauf Pater Ivo abzielte. Außerdem – was anderes konnten sie für Angelika tun, als sie bei sich aufzunehmen? Ihre Hilflosigkeit machte sie unfähig, ein anderes als ein behütetes Leben zu führen. Sie senkte den Kopf und grübelte über dieses Problem. Doch nach kurzer Zeit unterbrach Pater Ivo ihren Gedankengang.
»Ich werde mich nach Eurem Schäfchen erkundigen, aber ich überlasse sie zunächst einmal Eurer Obhut, Begine. Wenn sie wirklich aus dem Kloster austreten will, so kann man ihr sicher bei der Auflösung der Gelübde helfen. Es ist möglich, Begine, wenn auch nicht
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