Das Werk der Teufelin
Talar irgendwie wahr, während Clara und ich uns über Johanna, Thea und Angelika unterhalten haben. Und dann haben wir ihm auch noch gesagt, wir seien Beginen vom Eigelstein. Daraus also hat er den Schluss gezogen, dass eine von den dreien die Teufelin ist, die er suchte. Ei wei, wenn sich dahinter nur nicht eine Bedrohung für uns verbirgt! Das sollten wir so schnell wie möglich herausfinden! Aber wie, Maria? Ich glaube, auf jeden Fall muss ich mehr von Angelika wissen, mehr über Johanna und Thea. Aber als Erstes sollte ich mich vergewissern, ob dieser Domherr, der uns belauscht hat, wirklich der war, der in Sankt Kunibert umgekommen ist.«
Eine Weile schwieg Almut und betrachtete nur die nun kaum noch erkennbare Statue. Schließlich gab sie ein abgrundtiefes Seufzen von sich und breitete die Hände vor Maria aus.
»Du hast ja Recht. Es sieht aus, als müsste ich einen schweren Gang tun, Maria, du Spiegel der Gerechtigkeit! Aber es nützt nichts, der Stolz muss heruntergeschluckt werden, und den Sturm des Unbillens muss ich auf mich nehmen. Morgen suche ich Pater Ivo auf und berichte ihm von Ewald und Angelika. Wenn einer mir helfen kann, dann er. Puh, heilige Maria, Mutter Gottes, bitte für uns Sünder, jetzt und in der Stunde unseres Todes. Amen!«
15. Kapitel
Magda, ich muss einen Priester aufsuchen und ihm etwas beichten!« Mit einem zerknirschten Lächeln stand Almut am Mittwochmorgen vor ihrer Meisterin, die mit der gewichtigen Pergamentrolle beschäftigt war, auf der die Haushaltsausgaben des Konventes festgehalten wurden.
»Mitten in der Woche? Da drückt dich aber eine gewaltige Schuld! Und Pater Leonhard ist noch immer nicht zurück von seinem Aufenthalt beim Erzbischof. Willst du denn ganz bestimmt den Bruder Mathys aufsuchen?«
»Nein, nein, ihn gewiss nicht. Ihm beichte ich nur die lässlichen Sünden!« Almut kicherte bei dem Gedanken an den gemütlichen Diakon, der sie seit zwei Monaten betreute. Der Pfarrer ihrer Gemeinde war seit Mai dem Aufruf Friedrichs III. gefolgt und hatte seine Herde verlassen – eine, wie die Beginen fanden, völlig unsinnige Strafaktion des Erzbischofs gegenüber der Stadt. Er hätte es am liebsten gesehen, wenn der gesamte Klerus ihm gefolgt wäre und niemand mehr Messen lesen und Andachten halten würde. Aber die Stadtväter konnten die meisten Geistlichen überreden zu bleiben. Die Beginen hatten demzufolge beschlossen, sich unter die geistliche Betreuung des Klosters Groß Sankt Martin zu begeben, deren Abt sich wohlweislich dem Bund der Klöster und Kapitel angeschlossen hatte, die sich unter den Schutz des Rates gestellt hatten.
Magda war in ungewohnt nachsichtiger Stimmung, denn die Abrechnung der letzten Aufträge war ausnehmend erfreulich ausgefallen.
»Wem willst du denn deine schwerwiegenden Sünden beichten, Almut?«
»Nun ja, ich habe Pater Ivo einen Novizen verschwiegen. Und dir auch. Aber bisher wollte ich dich nicht mit zu vielen Problemen belasten.«
»Pater Ivo?« Magda erlaubte sich eines ihrer seltenen Lächeln. »Dann wird deine Buße ja wieder besonders hart ausfallen. Ich werde Gertrud anweisen, nur noch halb so viele süße Wecken zu backen wie sonst!«
Pater Ivo hatte der bekennenden Naschkatze Almut vor geraumer Zeit wegen ihrer Neigung zu ketzerischen Äußerungen die Strafe auferlegt, sich dieser Leckerei für eine Weile zu enthalten.
»Vielleicht ist er diesmal nicht ganz so streng mit mir. Mir blieb nämlich nichts anderes übrig. Die Umstände, weißt du!«
»Na, dann geh und erleichtere deine Seele. Ich nehme an, es verbirgt sich noch mehr dahinter, und ich hoffe, du berichtest mir später darüber. Es wäre ebenfalls recht wünschenswert, wenn du dich nicht in irgendeine Gefahr begeben würdest. Wie das letzte Mal!«
»Nein, nein, bestimmt nicht.«
Der Frühnebel hatte sich noch nicht verzogen, als Almut den Karrenweg zwischen den Weingärten entlangging. Die milchige Helligkeit ließ vermuten, dass die Sonne bald die feuchten Schwaden auflösen würde. Noch ein warmer, goldener Herbsttag stand den Weinbauern bevor, der die Süße in den Trauben vermehrte und dem künftigen Wein die gewünschte Schwere schenken würde. Überall war die Lese aber in vollem Gange, und als sie das Kelterhaus des Klosters erreichte, summte es hier vor lauter Betriebsamkeit. In einem großen Bottich wurden die Trauben gesammelt, die aus den hochgefüllten Kiepen der Arbeiter quollen. Bald war er sicher so weit gefüllt, dass die Mönche mit
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