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Das Werk der Teufelin

Titel: Das Werk der Teufelin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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des Herren hinzugeben. Aber ich diene Gott lieber mit meiner Hände Arbeit, und ich denke, ihm gefällt das. Was meinst du, Maria, du Kelch der Himmelsgabe?«
    Almut hielt einen Moment inne und sah fragend zu der Statue auf. Das dunkle Metall spiegelte matt das verblassende Licht der Dämmerung wider, und es schien ihr, als ob Mariens Augen wohlwollend auf ihr ruhten. Zufrieden gab sie einen kleinen Schnaufer von sich und nickte.
    »Es muss wohl jeder für sich herausfinden, wie er sein Leben am sinnvollsten gestaltet. Aber Angelika ist noch sehr jung, sie behauptet, sie sei siebzehn Jahre alt, und ich glaube, freiwillig ist sie nicht Nonne geworden. Möglicherweise hat sie erkannt, dass sie nicht berufen ist. So ähnlich wie der Novize Ewald.
    Oh, Mist, Maria, das ist mir ja so entsetzlich unangenehm! Musste denn ausgerechnet Pater Ivo hier auftauchen und nach dem Jungen fragen? Was soll ich nur machen? Er wird sauer sein, wenn er herausfindet, dass ich ihn ausgerechnet zu Krudener gebracht habe. Andererseits – ich frage mich, ob Pater Ivo wirklich so streng zu einem Novizen ist und ihn zum Ablegen der Gelübde zwingen würde. Gut, er kann sehr herrisch wirken, aber ich habe ihn auch schon sehr verständnisvoll erlebt. Er selbst hat ja wohl freiwillig die Kutte genommen, doch erst, als er schon ein Leben in der Welt geführt hat. Mag sein, dass er seine Gründe hatte, sich Ewald gegenüber unnachgiebig zu zeigen. Ich kenne schließlich nur eine Seite der Geschichte, Maria, gütige Jungfrau.«
    Almut rückte versonnen das noch unangezündete Öllämpchen zur Seite und erlaubte sich, Pater Ivos Gesicht vor ihrem inneren Auge aufsteigen zu lassen. Sie hätte gerne etwas mehr über seine Vergangenheit erfahren. Er war erst vor ein paar Jahren in das Kloster von Groß Sankt Martin gekommen, aber schon vorher Mönch und Pater gewesen. Über Meister Krudener hatte sie ein bisschen über seine Herkunft herausbekommen. So wusste sie nun, dass er aus dem alten Kölner Patriziergeschlecht derer vom Spiegel stammte, und sie schätzte sein Alter auf ungefähr Mitte vierzig. Er war belesen und gebildet, scheute sich jedoch dennoch nicht vor harter Arbeit. Gerüchten zufolge hatte er das Amt des Priors angeboten bekommen, es aber aus nur ihm bekannten Gründen abgelehnt. Wenn sie versuchte, ihn aus der Reserve zu locken und etwas aus seinem Leben preiszugeben, dann hatte er dazu bisher jegliche Anspielung überhört. So musste ihre Neugier wohl oder übel unbefriedigt bleiben. Als sie in den Gedanken an ihn zu Maria aufschaute, ließen die Schatten sie wie die schmerzensreiche Mutter erscheinen, die das Leid ihres Sohnes in ihrem Herzen trug.
    »Ach Maria…«, seufzte Almut. Aber dann wischte sie sich mit den Händen über das Gesicht und verscheuchte energisch den grimmigen Pater aus ihren Gedanken, um sich den handfesteren Problemen zu widmen.
    »Da ist der Domgraf, an den man denken muss. Und Maria, da ist auch noch die Teufelin! Und Rigmundis’ Vision. Was hat sie noch mal geschildert? Ein furchtbares Bild von Feuer, das vom Himmel fiel. Das kann der Brand im Turm von Sankt Kunibert gewesen sein. So wurden denn die Gesichte wahr, die sie sah. Das schwarze Untier jedenfalls ist leibhaftig aufgetaucht – in Form einer Katze! Und dann wird der Satan losgelassen, und das Lamm verwandelt sich in die große Hure. Ja, das war es. Die Teufelin wird losgelassen. Wahrhaftig. Und das Lamm – na ja, Angelika ist ein kleines Schaf, das kann man guten Gewissens behaupten. Aber dass ausgerechnet sie sich in die Hure Babylon verwandelt, ist doch ziemlich weit hergeholt. Johanna hingegen mag eine Badehure sein, aber sicher ist sie nicht die Mutter aller Gräuel. Dennoch – bedenklich ist es schon, dass der Domgraf die Teufelin bei uns vermutet hat. Andererseits – es gibt viele Beginen in Köln, wieso ist er gerade auf uns gekommen?«
    Nachdenklich starrte Almut aus dem Fenster, durch das man einen Ausschnitt des klaren Nachthimmels sehen konnte. Die schmale Sichel des zunehmenden Mondes schwebte über den Zweigen des Apfelbaumes, und ein paar Fledermäuse flatterten lautlos und in waghalsigen Kurven um seine Äste. Auf der Mauerkrone hockte eine schwarze Gestalt mit leuchtenden Augen und peitschendem Schwanz. Teufelchen war auf der Jagd.
    »Maria, ich hab’s – der Domherr im Dom! Das muss dieser Sigbert von Antorpf gewesen sein. Der stand doch die ganze Zeit in unserer Nähe, jetzt fällt mir das wieder ein. Ich nahm diesen roten

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