Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Wesen. Psychothriller

Das Wesen. Psychothriller

Titel: Das Wesen. Psychothriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arno Strobel
Vom Netzwerk:
Wohnung ohne Durchsuchungsbefehl und so weiter und so weiter. Und jetzt, nachdem sich herausgestellt hat, dass ich unschuldig bin und Sie sich in absolut jedem Punkt geirrt haben, erwarten Sie, dass ich mich zum Dank dafür Ihretwegen wirklich strafbar mache?«
    »Ja«, antwortete Menkhoff nur, und mit einem Mal erkannte ich, was ich vorher nicht für möglich gehalten hätte: Bernd Menkhoff sah verletzlich aus. Er hatte alle Schutzschilde heruntergefahren.
    Ich musste ihm helfen, ihn in diesem Moment vor dem scharfen und zynischen Verstand Lichners beschützen. »Hören Sie auf mit diesem Mist von Ihrer Unschuld«, schaltete ich mich ein. »Ich hab Ihnen eben schon ausgiebig erklärt, wie die Rechtslage bei sexuellem Missbrauch unter Ausnutzung eines Behandlungsverhältnisses aussieht, und als Arzt wissen Sie das auch. Sie sind also alles andere als unschuldig, und wenn wir es drauf anlegen, sitzen Sie allein schon deswegen ruck, zuck wieder im Bau! Davon abgesehen ist diese Geschichte mit Ihrer Tochter noch nicht zu Ende. Vielleicht haben Sie ja trotz allem dabei Ihre Finger im Spiel, wer weiß.«
    Lichners Blick wanderte von mir zu Menkhoff, dann zu Wolfert, der noch immer stumm neben mir saß, und schließlich wieder zu mir zurück. »Was wollen Sie denn noch? Sie haben Nicoles Patientenakte doch schon. Dass ich dafür
Sie
verklagen könnte, wissen Sie auch.« Ich sah aus den Augenwinkeln, dass auch Menkhoff mich nun anschaute. Er schien sich in diesem Moment voll und ganz auf mich zu verlassen.
    »In dem kleinen Zimmer, in dem die Umzugskartons mit den Akten standen, gab es auch eine Kiste, die mit ›Nicole Klement‹ beschriftet war. Da drin lag, wie Sie wissen, nur ein altes Kopfkissen, aber zwischen den Bodenteilen hatte sich ein Blatt versteckt, das ebenfalls zur Patientendokumentation von ihr zu gehören scheint. Es gibt also offenbar noch viel mehr Material über Frau Klement. Also: Was war ursprünglich in dieser Kiste, und wo ist der Inhalt jetzt?«
    Lichner zögerte, er tat überrascht, aber das nahm ich ihm nicht ab. »Also gut«, antwortete er schließlich, als koste es ihn Überwindung, »nur ein kleiner Teil der Sitzungen, die ich mit Nicole hatte, ist in ihrer Akte dokumentiert. Es gab mehr Sitzungen, viel mehr. Nicole war so schwer traumatisiert, dass ich sie über einen Zeitraum von zwei Jahren intensiv therapieren musste. Über diese Sitzungen habe ich eine Art Tagebuch geführt, viele einzelne Blätter, die die schlimmsten Jahre ihrer Kindheit in allen Einzelheiten beschreiben. Sie füllen vier Ordner, und diese Ordner waren in der Kiste, die Sie gesehen haben.«
    »Und wo sind diese Ordner jetzt?«
    »Sie … weg. Ich hab sie nicht mehr. Vernichtet.«
    Er log.
    Warum aber erzählte Lichner uns erst ausgiebig von diesen Ordnern voller Informationen über Nicole Klement, um uns dann über ihren Verbleib anzulügen? Es war zum Verrücktwerden. Was auch immer man mit diesem Kerl zu tun hatte, innerhalb kürzester Zeit widersprach das, was er sagte und was er tat, jeglicher Logik.
    »Wo wir gerade dabei sind, Dr. Lichner, warum haben Sie eigentlich zwei Wohnungen?« Sein Körper straffte sich kaum merklich. »Weil mir danach ist, Herr Hauptkommissar. Oder – um es anders zu sagen: Das geht Sie nichts an.«
    »Na ja, das kann man –«
    »Er hat recht, Alex«, unterbrach mich Menkhoff, »geht uns nichts an. Lass uns gehen.«
    Er stand auf, fingerte in seiner Hosentasche herum und zog ein paar zerknitterte Geldscheine heraus. Nachdem er sich die Getränke auf dem Tisch angesehen hatte, klemmte er einen Zehner und einen Fünfer unter den unbenutzten Aschenbecher und sagte: »Also los.«
    »Wo ist eigentlich Egberts?«, fragte ich. Mir fiel in diesem Moment erst auf, dass er die ganze Zeit schon nicht dabei gewesen war. »Wollte noch was erledigen. Ich ruf ihn an, wir treffen uns mit ihm am Wagen.«
    »Ich komme nicht mit«, erklärte Joachim Lichner. »Ich hab mir überlegt, ich bleibe lieber hier.«
    Menkhoff hob die Schultern. »Also gut.« Er ließ Lichner stehen.
    »Wenn wir noch Fragen haben – wo erreichen wir Sie?«
    Der Psychiater warf mir eine große Portion seines unverschämten Lichner-Grinsens entgegen. »Zu Hause.«
    Ich ignorierte die Ameisen, die mir über die Stirn liefen, und folgte meinem Partner, der die gleiche Richtung eingeschlagen hatte, die auch wir zum Parkhaus gehen mussten. Wolfert beeilte sich, um mit mir Schritt zu halten. »Ich habe mich eben noch gewundert, warum

Weitere Kostenlose Bücher