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Das Wesen. Psychothriller

Das Wesen. Psychothriller

Titel: Das Wesen. Psychothriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arno Strobel
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Menkhoff sie nicht zu sehr anschnauzte. Das tat er nicht. Mit halbwegs normaler Stimme sagte er: »Kann ich Ihnen ein paar Fragen stellen?«
    »Ja, Sie … Herr Menkhoff, es tut mir so leid.« Die Flüssigkeit in ihren Augen schwappte über und bahnte sich zwei Pfade über ihre rundlichen Wangen.
    »Ja, ich weiß«, sagte Menkhoff. »Können Sie sich noch erinnern, wann genau Luisa zur Toilette gegangen ist?«
    Sie sah zwischen uns hindurch, als stände die Uhrzeit hinter uns an der Wand. »Nicht genau, aber es muss kurz nach zehn gewesen sein.«
    »Menkhoff sah auf seine Uhr. Das war vor über einer halben Stunde.«
    »Wir haben zuerst alles abgesucht, aber als eine Kollegin bemerkt hat, dass die Eingangstür nicht mehr abgeschlossen war …«
    »Wer hat einen Schlüssel für diese Tür?«
    »Frau Bauer hat einen an ihrem Schlüsselbund, und einer hängt im Schlüsselkasten in ihrem Büro. Aber man braucht keinen Schlüssel, oben an der Tür, da, wo die Kinder nicht drankommen, ist ein Drehknopf, mit dem man die Tür auf- und zuschließen kann. Ich verstehe nicht, warum jemand die Tür aufgemacht hat.«
    »Vielleicht, um Luisa Menkhoff zu entführen?«, sagte ich.
    Sie sah mich verwirrt an. »Aber … wie soll jemand an den Schlüssel gekommen sein, um von außen aufzuschließen?«
    Auch Menkhoff warf mir nun einen fragenden Blick zu. »Ich rede auch nicht davon, dass jemand von außen aufgeschlossen hat. Vielleicht hat jemand die Tür von innen geöffnet. Jemand, der hereinkam, solange noch offen war, der sich dann vielleicht irgendwo versteckt und gewartet hat, bis Luisa zur Toilette musste, oder ein anderes Kind.«
    »Oder ein anderes Kind?«, fragte die junge Frau.
    »Ja, wer sagt denn, dass es jemand speziell auf Luisa abgesehen hat?«
    »Ich«, knurrte Menkhoff neben mir. »Ist doch wohl klar, dass das kein Zufall ist. Also, Sie haben keine Vorstellung, wer meine Tochter mitgenommen haben könnte?«
    »N…nein, es tut mir leid.« Und nach einem kurzen Moment fügte sie noch einmal hinzu: »Es tut mir so leid.«
    »Komm mit«, sagte Menkhoff zu mir und verließ das Büro der Kindergartenleiterin. Noch auf dem Flur drückte er die Wahlwiederholungstaste und hielt sich das Handy ans Ohr. »Menkhoff hier, wie sieht’s aus? … Gut. Ist jeder verfügbare – Nein, das kann ich mir nicht denken, deshalb frage ich nach.«
    Seine Stimme war mit dem letzten Satz deutlich lauter geworden, auf der Stirnmitte bildete sich die typische Zornesfalte. »Was? … Es geht hier um meine Tochter, verdammt nochmal, kommen Sie mir nicht mir diesem dämlichen Geschwätz! Und wenn ich zehnmal weiß, dass alles getan wird, werden Sie mir nicht verbieten, nachzufragen. Ja, bis gleich.«
    »Wer hat Dienst?«, fragte ich, während er das Telefon wegsteckte.
    Er winkte ab. »Meyers, dieser Blödmann.«
    Wir verließen das Gebäude. Menkhoff ging auf die beiden uniformierten Kollegen und die Kindergartenleiterin zu und wandte sich wieder an den jungen Kommissar. »Notieren Sie sich meine Handynummer. Ich möchte, dass Sie mich sofort anrufen, wenn sich hier was Neues ergibt, und wenn es Ihnen auch noch so unwichtig erscheint.« Der Mann zog Block und Stift hervor und schrieb sich die Nummer auf, die Menkhoff ihm diktierte. Zwei Minuten später saßen wir im Auto. »Ins Präsidium?«, wollte ich wissen.
    »Nein. Zurück zu Lichner.« Es hörte sich an, als ob Menkhoff dabei auf die Zähne biss.
    »Glaubst du, Lichner hat was damit zu tun?«, fragte ich, während ich mit hoher Geschwindigkeit zwischen den überall am Straßenrand parkenden Fahrzeugen hindurchraste.
    »Gut möglich«, knurrte er. »Ich hoffe für ihn, dass es nicht so ist.«
    »Hältst du es für möglich, dass Nicole …?«
    »Nein«, sagte er viel zu schnell, und fügte dann hinzu: »Ach verdammt, ich kann schon nicht mehr klar denken.«
    Menkhoff saß keine Sekunde still. Immer wieder fuhr er sich nervös durch die Haare oder strich sich über das Kinn, als wolle er einen unsichtbaren Bart glätten. »Wenn Luisa was passiert …« Es klang atemlos, als hätte er einen Sprint hinter sich. »Ich weiß nicht, was geschieht, wenn die meiner Tochter was antun, Alex.«
    »Nun wart doch erst mal ab, vielleicht –«
    »Sie ist entführt worden, Alex. Ich werd mir Lichner vorknöpfen, und ich verspreche dir, wenn sich rausstellt, dass der Kerl was damit zu tun hat …«
    »Was hältst du davon, wenn ich das übernehme?«, warf ich so nebensächlich wie möglich

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