Das Wirken der Unendlichkeit
seinem Beruf ein Trumpf.
»Was geschehen ist!« wiederholte er höhnisch, wobei seine doppelte Oberlippe unkontrolliert bebte. »Jeder kann sehen, daß für mich heute nacht buchstäblich alles zusammengebrochen ist.«
Er setzte sich auf einen Stuhl. Er schien benommen und verwirrt. Er suchte nach Worten, sprang auf und ging zum Sofa. Dort sank er zusammen.
»Ich habe nicht nur die Verantwortung für meine Patienten«, fuhr er fort. »Es geht auch um die Mittel für meine Forschungen. Ich muss an meine Frau und meine Kinder denken. Und jetzt kommt noch so ein Scheiß-Druck dazu. Es treibt mich schier zum Wahnsinn, daß alles meine Schuld ist, weil ich in meiner Dummheit so einer blöden Kuh vertraut habe!
Das kann ich dir sagen, Carlos, es gibt nichts, was schlimmer, widerlicher und mehr zum Kotzen ist als die Gefühllosigkeit von Frauen. Du weißt, ich bin kein FrauenHasser! Aber im Augenblick glaube ich, jede Schlampe ist nichts als eine Schlampe! Sie sind alle falsch und widerwärtig!«
Ich wusste nicht, was ich dazu sagen sollte. Wovon er auch sprechen mochte, ich musste ihn darin weder bestätigen noch ihm widersprechen. Ich hätte auch nicht gewagt, ihm zu widersprechen. Mir fehlten die Argumente, und ich war sehr müde. Ich wollte weiterschlafen, aber er hörte nicht auf zu reden. Er redete, als gehe es um sein Leben.
»Du kennst Theresa Manning, nicht wahr?« fragte er vorwurfsvoll und mit großem Nachdruck. Einen Augenblick lang hatte ich den Eindruck, er werfe mir vor, mit dieser jungen hübschen Studentin, die als seine Sekretärin arbeitete, eine Affäre zu haben. Doch er redete weiter, ohne mir Zeit zu einer Antwort zu lassen. »Theresa Manning ist ein Arschloch. Sie ist eine Gans!
Sie ist eine dumme gefühllose Frau, die keinen anderen Ehrgeiz hat, als mit jedem ins Bett zu hüpfen, der auch nur ein bißchen berühmt ist oder einen mehr oder weniger schlechten Ruf hat. Ich dachte, sie sei intelligent und einfühlsam. Ich dachte, an ihr sei etwas Besonderes. Ich dachte, sie habe Verständnis, Mitgefühl und einen Sinn für etwas, das man teilen oder als etwas besonders Kostbares für sich behalten kann. Ich weiß nicht, warum, aber dieses Bild von sich hat sie mir vorgegaukelt. In Wirklichkeit ist sie geil und pervers und, das kann ich auch noch hinzufügen, sie ist durch und durch vulgär.« Während er redete, entstand ein seltsames Bild. Offensichtlich hatte der Psychiater gerade ein schlechtes Erlebnis mit seiner Sekretärin gehabt. »Seit sie angefangen hat, bei mir zu arbeiten«, fuhr er fort, »wusste ich, daß sie mich sexuell anziehend fand. Aber sie hat nie etwas gesagt. Es blieb alles bei Anspielungen und Blicken. Scheiß drauf! Heute Nachmittag hatte ich genug davon und wollte das Spiel nicht länger mitmachen. Ich habe die Sache beim Namen genannt. Ich bin zu ihr an den Schreibtisch gegangen und habe gesagt: »Ich weiß, was du willst, und du weißt, was ich will. «
Dann erzählte er in aller Ausführlichkeit, wie er seiner Sekretärin klar und deutlich gesagt habe, daß er sie eine halbe Stunde vor Mitternacht in seiner Wohnung gegenüber der Universität erwarte. Er hatte ihr auch klargemacht, daß er für niemanden auf der Welt seine Angewohnheiten ändern würde. Er las, arbeitete und trank Wein bis um ein Uhr morgens. Dann ging er in sein Schlafzimmer. Er hatte ein Apartment in der Stadt, aber er wohnte mit seiner Frau und den Kindern am Stadtrand.
»Ich war mir so sicher, daß aus dieser Beziehung etwas Denkwürdiges werden würde«, seufzte er und senkte die Stimme, wie jemand, der etwas sehr Persönliches zu gestehen hat. »Ich habe ihr sogar den Schlüssel für die Wohnung gegeben«, flüsterte er mit ersterbender Stimme.
»Zuverlässig wie immer kam sie eine halbe Stunde vor Mitternacht«, erzählte er weiter. »Sie schloß mit ihrem Schlüssel die Wohnungstür auf und verschwand lautlos wie ein Schatten im Schlafzimmer. Das hat mich unglaublich in Erregung versetzt. Ich wusste, sie würde mir keine Schwierigkeiten machen. Sie kannte ihre Rolle. Vermutlich war sie im Bett eingeschlafen, oder vielleicht sah sie fern. Ich konzentrierte mich auf meine Arbeit und kümmerte mich nicht darum, was sie machte. Ich wusste, ich hatte sie in der Tasche.
Aber als ich ins Schlafzimmer kam«, sagte er mit gepreßter Stimme, die vor moralischer Entrüstung bebte, »stürzte sich Theresa wie ein Tier auf mich und griff nach meinem Schwanz. Sie ließ mir noch nicht einmal Zeit, die
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