Das Wispern der Angst: Thriller (German Edition)
die Welt unter ihm. Das Zeichen des Feuers war erloschen, zum ersten Mal seit Wochen.
Sie nahmen sich bei den Händen. Der erste Angriff war abgewendet, der erste tastende Schritt in eine neue Zeit getan.
Es hatte in Wirklichkeit nur ein paar Sekunden gedauert. Jenna beugte sich vornüber, stemmte die Hände auf die Oberschenkel und wartete darauf, dass sie wieder Luft bekam. Ihr war schwindlig, alles drehte sich um sie herum. Die Flammen waren erloschen, als hätte es sie nie gegeben. Nur die schwarzen Rußspuren auf dem Steinboden zeugten von dem, was gerade geschehen war.
Ein Schrei zerriss die Stille. »Alex! Wo bist du?« Kim sah sich um, tastete mit den Händen fieberhaft den Boden ab, rief wieder und wieder seinen Namen.
»Ist dir wieder schlecht?«, fragte Nicholas besorgt und zog Jenna vorsichtig zu sich hoch.
»Nein, es geht schon.« Jenna stolperte hinüber zu Kim, die auf dem Boden kniete und immer noch fassungslos um sich blickte. »Kim, es tut mir leid. So leid.«
»Wo ist Alex?« Tränen strömten ihr über das rußverschmierte Gesicht.
»Ich …« Jenna brach ab. Erst langsam drang das, was passiert war, in ihr Bewusstsein. Wie erzählte man seiner Tochter, dass man den Vater gerade in einer Flammensäule hatte verschwinden sehen? Sie konnte es selbst nicht glauben, erwartete jeden Moment, dass Alex von draußen hereinkam und sich alles als Irrtum erwies. »Ich weiß es nicht genau«, krächzte sie. »Ich fürchte, der Jäger hat ihn mitgenommen.«
»O bitte, bitte nicht. Das kann doch nicht wahr sein. Wir haben doch alles richtig gemacht. Wir haben alles richtig gemacht.« Kim kroch auf allen vieren zu Matthew, der immer noch am Boden lag. Sein Haar war an der einen Seite des Kopfes verkohlt, Stirn und Wangen übersät mit Brandblasen. »Du verdammter Scheißkerl!«, kreischte sie plötzlich und schüttelte die reglose Gestalt. »Wie konntest du nur! Ich bring dich um!« Sie schlug ihm mit der flachen Hand ins Gesicht. »Wach auf!«
Matthew rührte sich nicht.
»Lass ihn, Kim«, sagte Jenna sanft und versuchte sie von ihm wegzuziehen.
»Nein! Er muss uns sagen, wie wir Alex zurückbekommen!«
»Lass ihn!«, wiederholte Jenna nun schärfer. »Er wird uns nichts sagen. Selbst wenn er wieder aufwacht. Woran ich zweifle. Schau ihn dir doch an!«
Jenna lehnte sich an eine Metallstange, die vielleicht einmal als Absperrung gedient hatte. Sie versuchte, das Summen wahrzunehmen. Nichts. Das Band zwischen ihr und dem Jäger war zerrissen. Sie nahm ihren Stein aus der Tasche, schloss die Finger darum, versuchte es erneut. Sie fand nur Schwärze. Tief auf atmend sah sie die anderen an. »Er ist weg. Ich glaube, wir haben den Jäger wirklich verbannt. Ob für immer, das weiß ich nicht.«
Heulendes Martinshorn und blau flackernder Widerschein rissen sie zurück in die Gegenwart. »Jemand aus den Hoch häusern wird das Feuer gesehen haben. Wir müssen hier weg«, drängte Nicholas. »Die Feuerwehr wird Matthew hier schon finden.« Der Agent in ihm übernahm erneut die Führung, und Matthew zu retten stand eindeutig nicht auf seiner Liste.
Jenna stand auf und zog Kim mit sich, die mit versteinertem Gesichtsausdruck vor sich hin starrte. Das Adrenalin, das die letzte Stunde durch ihren Körper gerast war, löste sich langsam auf. Durch einen Tränenschleier sah sie Lagardère, der ein paar Meter entfernt kniete. Ascheflocken wirbelten hoch und trieben um ihn herum. »Antoine?«, rief sie leise.
»Ich war dabei, ich konnte es sehen«, antwortete dieser verwundert und hob die Hand vor sein Gesicht, als wolle er sich vergewissern, dass sie tatsächlich da war. »Wir haben ihn überrascht. Er hat nicht damit gerechnet, dass wir uns verbünden, hat einen Moment gezögert, das hat tatsächlich gereicht.«
»Und Alex? Konnten Sie ihn auch sehen?«
»Nein«, gab der Franzose widerstrebend zu. »Vielleicht ist er einfach weitergegangen?«
»Weitergegangen?«, echote Kim ungläubig. »Weitergegangen? Das soll wohl ein Witz sein, Antoine. Alex ist tot, oder? Los, sag es. Sag, dass er tot ist!« Den letzten Satz schrie sie ihm ins Gesicht.
»Nicht hier, Kim.« Nicholas hielt ihr mit einer Hand den Mund zu, umfasste sie mit dem anderen Arm und schob sie unsanft vor sich her, hinüber zum Weg. Die anderen folgten langsam. »Steig ein«, forderte er sie auf, als sie das Auto erreicht hatten.
»Lass mich los, Nicholas«, schnappte Kim, und ehe Nicholas einen weiteren Ton sagen konnte, wurde er in den Zaun
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