Das Wispern der Angst: Thriller (German Edition)
einmal. Wusstest du nicht, dass mich jeder Tod, jede Seele, die ich in die Hölle schicke, nur noch stärker macht?« Er hielt die Fackel nahe an die Reisigbündel, und die nächste Stichflamme schoss empor, so heiß, dass Jenna um ein paar Meter zurücktaumelte und Kim schmerzhaft mit den Knien auf dem Steinboden landete. Der Jäger blieb stehen, er genoss die Hitze des Feuers auf seinem Gesicht. Seine Erinnerung an die Nebel begann bereits zu verblassen …
Rauch zog in dicken Schwaden durch den ehemaligen Bahn hof, Alex und Lagardère krochen nach draußen, wo ein paar kugelförmige Straßenlampen ein wenig Licht verbreiteten. Jenna sah erleichtert, wie Lagardère sich um Alex kümmerte, holte tief Luft und atmete den Rauch ein. »Sie müssen ihn hereinlassen«, hatte Gwen gesagt. Sie rief nach der früheren Hüterin, knüpfte mit ihr die erste Schlinge.
»Kim – jetzt!«, brüllte Jenna und streckte ihr die Hand hin, doch der Jäger war schneller. Mit einem mächtigen Satz stand er hinter Kim, presste ihr beide Arme an den Leib und erhob die Fackel. »Wer sagt, dass ich beide Hüterinnen am Leben lassen muss?«, zischte er und flüsterte Kim, die sich heftig, aber erfolglos wehrte, ins Ohr: »Meine Hölle wartet auf dich, Hexentochter!« Ein Flammenring schoss um sie beide herum hoch. Nicholas ließ Matthew liegen, wo er war, versuchte, die Flammen zu durchdringen, doch die schiere Hitze ließ ihn keuchend zurückweichen. Blind vor Rauch stolperte er zurück.
Kim kreischte und trat um sich, der Rauchgeruch, der sie einhüllte, machte sie fast ohnmächtig. Der Mondstein war ihr aus der Hand geglitten, und sie spürte, dass ihre Kräfte nachließen. Das Lachen des Jägers hallte irr von den Wänden wider. »Ihr unseligen kleinen Hexen, ihr wisst nicht, was ihr da tut! Was glaubt ihr, wo ich herkomme? Wer ich bin? «
»Jonathan von Keysern, ich verfluche dich ab jetzt und über die Stunde deines Todes hinaus! Erinnerst du dich?«, schrie Jenna, um das Prasseln zu übertönen. Ein Windstoß fuhr durch die kahlen Bäume und das Mondlicht, das den Bahnhof von oben geisterhaft beleuchtet hatte, färbte sich bläulich, tauchte alles in einen eisigen Schimmer.
Der Jäger erblasste. Diese Worte hatten ihn schon einmal getötet.
Jenna stand hoch aufgerichtet, hatte die Hände ausgestreckt, das schwarze lange Haar wehte ihr vors Gesicht und bildete einen dunklen Schleier um sie herum.
Die Flammen, eben noch gleißende, tödliche Krallen, sanken herab.
»Nein! Ihr habt die Macht nicht, mich zu bannen, niemals wieder! Nein … nein!« Der Jäger schrie seine Wut heraus, es konnte nicht sein, es durfte nicht sein! Hatte er nicht alles gemäß seiner Bestimmung getan? Er würde seinen Teil der Abmachung einhalten, dafür würde er leben dürfen! Leben! »Ihr werdet alle brennen – durch meine Hand!« Doch seine Worte verloren bereits an Kraft.
Lagardère riss Kim zur Seite, mit der anderen Hand griff er nach Jenna, hielt die Verbindung zwischen Mutter und Tochter. Kim tastete nach ihrem Mondstein, der zu glühen begann.
Jenna schlang das unsichtbare Band um den Jäger und verknüpfte es mit der Hüterin in der Halle. Die Frauen sahen sich an und nickten. Das Band wird halten, las Jenna in den Augen der anderen.
Die Augen des Jägers hingegen flackerten schwarz vor Entsetzen auf, als er erkannte, wer auf der anderen Seite auf ihn wartete, wer ihn zurück zu den Schatten zog. Sie? Das konnte nicht sein! Er wehrte sich mit aller Kraft. Wo war der Ausweg, die Lücke? Triumph wischte über sein Gesicht, als Kims und seine Blicke sich kreuzten und er erkannte, dass die kleine Hexentochter nicht stark genug war, ihm zu widerstehen.
Doch keiner von ihnen hatte mit Alex gerechnet. Er sah das grausame Lächeln im Gesicht des Jägers, stürzte sich mit dem Mut der Verzweiflung auf ihn und unterbrach die Verbindung. Jetzt hörte Jenna die Hüterin rufen: »Ein weiteres Leben, freiwillig gegeben, verstärkt den Bann!«
Die Flammen schossen ein letztes Mal hoch, hüllten die zwei Gestalten ein, bis sie lebenden Fackeln glichen.
Jonathan von Keysern erlosch. Stille.
Der Rauch verflog. Nur noch Asche.
Jonathan von Keysern war fort.
Alex Winters ebenfalls.
Viele Tausend Kilometer weiter südlich, in der felsigen Wüste Gabuns, wachten drei Frauen an einem unscheinbaren Steinhügel. Die Nacht war bereits mehrere Stunden alt. Der blutrote Mond, der am Himmel hing, änderte seine Farbe, warf jetzt einen eisigen Schimmer auf
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