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Das Wispern der Schatten - Roman

Das Wispern der Schatten - Roman

Titel: Das Wispern der Schatten - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adam J Dalton
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Es gibt viele böse und gefährliche Dinge, die noch nicht einmal einen raschen Tod verdient haben. Dennoch darfst du, wenn du je Jäger werden willst, nicht zögern zu töten, sonst könnte dir dieser Augenblick des Zögerns zum Verhängnis werden.«
    Jillan nickte stumm und wollte eigentlich nicht an den einen Tod denken, den er bestimmt schon verschuldet hatte. Karls Zusammenbruch war so rasch erfolgt, dass er sich nur wünschen konnte, er hätte länger gezögert.
    » Jillan, ich würde es als persönlichen Gefallen betrachten, wenn du diese Klinge mitnehmen wolltest«, warf Samnir ein. » Sie stammt aus dem Großen Tempel selbst und wird dich immer finden, wenn du nach ihr rufst. Sie wird dir freiwillig geschenkt, deshalb kannst du über sie gebieten.«
    » Danke, Samnir«, sagte Jillan leise, obwohl das kurze, zeremonielle Schwert unhandlich in seinem Griff lag.
    Eine Eule kreischte in den Wäldern, und die Nacht wurde still, als der Schatten des Raubvogels über die Bäume glitt.
    » Leb wohl, Jillan!«, stieß Jed erstickt hervor. » Deine Mutter und ich werden bald zu dir kommen. Wir folgen dir so schnell wir können.«
    » Leb wohl, Vater! Sag Hella… sag Hella, dass ich… dass ich sie sehr mochte.«
    » Das werde ich, mein Sohn, und ich bin mir sicher, dass sie es schon weiß«, flüsterte Jed und umarmte seinen Sohn kräftig, bevor er ihm einen unbeholfenen Kuss auf die Stirn gab.
    Jillan sah die umschatteten Gesichter ein letztes Mal an und trat dann hinaus in die Dunkelheit. Lange Sekunden später fiel das Tor mit einem leisen, dumpfen Poltern, das etwas sehr Endgültiges hatte, hinter ihm zu.
    Jillan folgte dem Pfad an den stinkenden Abfallgruben entlang und suchte sich einen Weg über den unebenen Boden des Friedhofs. Er warf einen einzigen Blick zurück, um die Stadtmauern abzusuchen. Sein Vater, der bestimmt schon nach Hause geeilt war, um seinen Beitrag zur Überlistung des Predigers und der Stadtältesten zu leisten, war nicht zu sehen, aber Samnir war schemenhaft zu erkennen, ein einsamer Wächter gegen die Verderbtheit der Heiden, zu denen nun auch Jillan zählte.
    Jillan wollte zurückrennen und schreien, um wieder eingelassen zu werden. Er wollte ableugnen, dass er etwas Falsches getan hatte. Er sehnte sich nach Vergebung dafür, dass er Prediger Praxis Fragen gestellt hatte, und für das, was Karl zugestoßen war. Aber solche Dinge waren, wie er wusste, unverzeihlich.
    Stattdessen starrte er müde die ungeordneten Gräber an und fragte sich, wo man Karls Leichnam beisetzen würde. Wenn er eine Blume gehabt hätte, hätte er sie auf eine Freifläche gelegt. Er hätte sich selbst gern zu den Toten gelegt, aber das hier war kein Friedhof für die Leichen von Heiden, und so schleppte er sich in die Wälder. Schließlich hatten die bösen Wesen dieser Welt, wie er gerade gehört hatte, noch nicht einmal einen schnellen Tod verdient.
    Samnir sah zu, wie die kleine Gestalt in den tiefen Schatten unter den Bäumen verschwand.
    Er seufzte und schüttelte den Kopf. » Der Junge soll verflucht sein!«

Kapitel 2
    UND DER CHARAKTER IST DAS ZWEITE
    S ie war in der Dunkelheit geboren worden und in der Dunkelheit aufgewachsen. Ihre erste Erinnerung war die an einen Schrei, ob an ihren eigenen oder den ihrer sterbenden Mutter, konnte sie unmöglich wissen. Rufe, ein nasses Aufklatschen, klebrige Wärme und üble Gerüche. Das instinktive Bedürfnis nach Milch, Mineralien, Nahrung– irgendetwas! Sie hatte dort im Dunkeln auf der Seite gelegen und getrunken, was immer sie hatte aufsaugen können, hatte Wasser, Schotter und irgendetwas halb Geronnenes geschluckt, das metallisch geschmeckt hatte.
    Die Dunkelheit war zeitlos. Sie blieb dort im Schoß der Erde, bis sie die Fähigkeit entwickelte, sich zu bewegen und nach verschiedenen Stellen und Beschaffenheiten zu greifen. Sie schlang neue Flöze und halbflüssigen Schlamm herunter, und die körperliche Notwendigkeit zwang sie, selbst das zu verzehren, was unangenehm roch. Danach fühlte sie sich manchmal schlecht, und ihr Körper krampfte sich zusammen und warf wieder aus, was sie gerade gegessen hatte, aber sie verschlang das Zeug wieder und immer wieder, bis ihr Körper sich daran gewöhnte und weiter wachsen konnte.
    Sie begann, etwas zu hören… nicht sich selbst… eher die Dunkelheit. Wann immer sie sich bewegte, drang ein Geräusch aus dem Schoß ringsum. Das Geräusch wiederholte und verlagerte sich und gestattete ihr so, ein Gefühl dafür zu

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