Das Wörterbuch des Viktor Vau
Der ganze StraÃenzug schien verlassen zu sein. Ein kühler Wind pfiff durch die StraÃe, und Enrique zog unwillkürlich den Kopf tiefer zwischen die Schultern.
Er umrundete einmal das komplette Gelände. Leider konnte er nicht erkennen, ob es auch einen Ausgang zur hinteren Seite gab. Er musste sich also auf sein Improvisationstalent verlassen, sollte es drinnen tatsächlich zu einer Auseinandersetzung kommen.
Pünktlich um zehn Uhr pochte er an das groÃe Stahltor des Gebäudes. Ein vierschrötiger Typ schob die schwere Metalltür einen Spalt auf und starrte ihn an. »Enrique da Soza«, sagte Enrique. »Ich habe eine Verabredung.«
Der Typ grunzte und bedeutete ihm, einzutreten. Er schob die Tür hinter Enrique wieder zu und verriegelte sie.
»Umdrehen und Hände gegen die Tür«, herrschte er Enrique an. Der lehnte sich gegen das kühle Metall, während der andere seinen Körper nach Waffen abtastete. »Mitkommen.«
Enrique folgte dem Typ durch die leere Industriehalle. Am anderen Ende schob er eine weitere Stahltür auf. Die Halle dahinter war etwas kleiner, aber ebenso leer wie die erste, abgesehen von einem kleinen Metalltisch in der Mitte und drei Stühlen. Zwei der Stühle waren von Viktor Vau und Armand de Moulinsart belegt. Drei weitere Männer standen im Raum verteilt, zwei von ihnen mit Maschinenpistolen unter dem Arm.
De Moulinsart erhob sich, als Enrique eintrat. »Weise von Ihnen, dass Sie meiner Einladung gefolgt sind.«
Enrique ignorierte ihn und streckte Viktor die Hand hin. »Geht es Ihnen gut, Professor?«
Viktor stand auf und ergriff die Hand. »Man behandelt mich ordentlich, wenn Sie das meinen. Aber gut geht es mir deshalb trotzdem nicht.«
De Moulinsart drängte sich zwischen die beiden. »Ich nehme an, Sie haben Professor Vaus Notizbuch dabei?«
»Tut mir leid«, sagte Enrique. »Es ist mir gestohlen worden.«
Er sah, wie de Moulinsart die Röte in den Kopf stieg.
»Sie wissen wohl nicht, mit wem Sie es zu tun haben?«, schrie der Mann und hieb mit der Faust auf den Tisch. Viktor wich unwillkürlich einen Schritt zurück. »Habe ich Ihnen gestern nicht den Ernst der Lage deutlich gemacht? Wollen Sie, dass Professor Vau die nächsten Jahre in Einzelhaft verbringt?«
Enrique hatte mit einer ähnlichen Reaktion gerechnet. »Ich sage die Wahrheit. Ich weià selbst, dass es unwahrscheinlich klingt, aber irgendjemand muss gewusst haben, dass ich das Notizbuch habe. Während wir uns gestern getroffen haben, ist dieser Jemand in meine Wohnung eingedrungen und hat das Buch verschwinden lassen.«
De Moulinsart wanderte eine Zeit lang umher und lieà sich schlieÃlich auf einen Stuhl fallen. »Damit wären wir wieder am Anfang, Professor«, zischte er. »Sie werden mir jetzt wohl oder übel die Wahrheit sagen müssen. Und kommen Sie mir nicht wieder mit diesem Blödsinn von der perfekten Sprache.«
Bevor Viktor etwas erwidern konnte, erschütterten mehrere Explosionen die Halle. Enrique sprang auf, riss Viktor vom Stuhl und drückte ihn zu Boden. Mit der anderen Hand warf er den Tisch um, um ihn als Deckung zu benutzen. De Moulinsart war ebenfalls aufgesprungen und hatte eine Waffe gezogen. Seine Männer duckten sich mit angelegten Waffen gegen die Pfeiler.
In jeder Hallentür klaffte ein Loch, durch das von allen Seiten vermummte, schwarz gekleidete Gestalten in das Gebäude strömten.
Bevor de Moulinsart den Befehl geben konnte, zu schieÃen, waren sie umstellt. Ein Dutzend bewaffneter Gestalten hatte sich vor ihnen aufgebaut. Enrique richtete sich auf und half auch Viktor Vau wieder nach oben.
De Moulinsart hatte seine Pistole auf ein Bein des umgestürzten Tisches gelegt. Seine Männer waren ebenfalls von vermummten Gestalten umringt, die ihnen ihre Waffen abgenommen hatten.
Durch eine der aufgesprengten Türen betrat Roderick Fitzsimmons die Halle. Er kam mit groÃen Schritten auf die Gruppe zu. Um seine Schulter trug er einen Glencheck-Umhang, wie man ihn aus alten Sherlock-Holmes-Filmen kannte. Fehlten nur noch die Pfeife und die Mütze, dachte de Moulinsart. Er hätte dem alten Geck seine Landedelmannklamotten mit bloÃen Händen vom Leib reiÃen können, wäre da nicht die Ãbermacht gegen ihn gewesen.
Fitzsimmons trat vor Viktor hin. »Professor Vau, nehme ich an?«
De Moulinsart konnte ein höhnisches
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