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Das Wörterbuch des Viktor Vau

Titel: Das Wörterbuch des Viktor Vau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Ruebenstrunk
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werden.
    Die ersten Gäste waren allerdings keine Wissenschaftler. Es waren zwei Männer, die demselben Beruf nachgingen wie Winter. Obwohl ihre Dienste nur einen Steinwurf voneinander entfernt residierten, reisten Armand de Moulinsart und Roderick Fitzsimmons in getrennten Maschinen.
    Winter wusste, dass die beiden sich nicht ausstehen konnten. Er hatte lange genug als Fitzsimmons’ rechte Hand im Zentralen Ermittlungsbüro, kurz ZEB , gearbeitet und kannte die Rivalität zu de Moulinsart und seinem Internationalen Erkenntnisdienst IED nur zu genau. Das war einer der Hauptgründe, warum er sich selbstständig gemacht und den Job bei Banda angenommen hatte.
    Winter holte seinen ehemaligen Vorgesetzten persönlich am Flugsteig ab, um ihn ohne Umstände zu seinem Fahrzeug zu lotsen. Fitzsimmons war ein Mann von grober Statur, die durch seine Vorliebe für britische Landedelmannkleidung noch unterstrichen wurde. Trotz der Hitze trug er ein braun meliertes Glencheck-Sakko über einem hellblauen Hemd mit Prince-of-Wales-Muster sowie eine lindgrüne Cordhose. Sein volles rotes Haar war, wie immer, an den Seiten und im Nacken genau die richtige Spur zu lang.
    Er hieb Winter mit einer seiner breiten Pranken so kräftig auf die Schulter, dass der jüngere Mann fast in die Knie ging.
    Â»Alter Junge!«, brüllte er regelrecht. »Was treiben Sie so? Irgendwelche Staatsstreiche organisiert in letzter Zeit?«
    Er lachte lauthals, wobei sein buschiger roter Schnauzbart zitterte.
    Winter brachte sich unauffällig außer Reichweite. »Schön, Sie zu sehen«, erwiderte er. »Ich hoffe, Sie hatten einen guten Flug.«
    Â»Danke der Nachfrage. Der Steuerzahler spendiert uns immer noch die erste Klasse. Hervorragendes Essen, exzellenter Wein.« Er schmatzte genießerisch mit den Lippen.
    Wer Fitzsimmons nicht kannte, konnte leicht dem Eindruck erliegen, einen schlichten Possenreißer vor sich zu haben. Winter wusste es besser: Der Mann war einer der skrupellosesten Bürokraten, denen er je begegnet war.
    Â»Afrika, die Wiege der Menschheit«, philosophierte Fitzsimmons, als sie aus dem Terminal traten. »Und Sie spielen jetzt den Babysitter, was, alter Junge? Da ist Ihnen ja eine schöne Rassel in den Kinderwagen gefallen.«
    Â»Sie meinen die Kapsel?«
    Â»Nun stellen Sie sich nicht dümmer, als Sie sind. Ihre Leute haben das Ding doch bestimmt schon von unten bis oben durchkämmt. Ein Geschenk der Götter für unseren Meister Banda sozusagen.«
    Winter zuckte mit den Schultern. »Dann müssen die Götter sparsam sein. Die Kapsel enthielt lediglich ein Stück Papier.«
    Sie nahmen im Fond der Limousine Platz. Hinter ihnen zwängten sich Fitzsimmons’ vier Begleiter mit dem gesamten Gepäck in einen schmalen Kleinbus.
    Â»Und was stand darauf?«
    Â»Nur Hieroglyphen. Unlesbar.«
    Â»Eine Botschaft?«, fragte der ZEB -Chef. »Von wem mag sie stammen?«
    Â»Keine Ahnung.«
    Â»Könnte es sein, dass uns jemand einen Streich spielt?«
    Winter schüttelte den Kopf. »Wer verfügt schon über die Mittel für einen solchen Auftritt? Und warum sollte er es tun?«
    Fitzsimmons zwirbelte mit der rechten Hand das Ende seines Schnurrbarts. »Es wäre natürlich auch denkbar, dass Banda die ganze Sache nur inszeniert hat, um mal wieder in den Blickpunkt der Aufmerksamkeit zu rücken. Nicht wahr, mein Lieber?«
    Winter lachte. »Danke für die hohe Meinung, die Sie von mir haben. Aber ich kann Ihnen versichern, dass wir ebenso im Dunkeln tappen wie Sie.«
    Â»Obwohl Ihr Chef ein bisschen Aufmerksamkeit sicher gut gebrauchen könnte.« Fitzsimmons deutete aus dem Fenster. Seitdem sie den Flughafen verlassen hatten, fuhren sie an endlosen Reihen von Hütten vorbei, gebaut aus jedem nur vorstellbaren Material: Pappe, Sperrholz, Plastik, Blech, Aluminium. Die verfallenden Hochhäuser der eigentlichen Innenstadt ragten am Horizont auf, armselige Überbleibsel einer einst glorreichen Zukunft, die bereits wieder Vergangenheit war.
    Â»Politik interessiert mich schon lange nicht mehr«, lächelte Winter.
    Â»Sie wollen, dass ich Ihnen das abnehme? Sie waren noch nie ein reiner Weisungsempfänger, nicht einmal, als Sie bei mir gearbeitet haben.«
    Â»Danke für die Blumen. Aber Sie irren sich wirklich. Politik sichert mir mein Einkommen. Aber im Übrigen ist sie mir egal.«
    Â»Eine

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