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Das Wörterbuch des Viktor Vau

Titel: Das Wörterbuch des Viktor Vau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Ruebenstrunk
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kluge Einstellung, alter Junge. Aber seien Sie vorsichtig! Am Schluss bleiben die Söldner als Erste auf der Strecke, und niemand schickt einen Helikopter, um sie rauszuholen. Ich dagegen würde es tun, wenn Sie sich für einen kleinen Nebenverdienst begeistern könnten.«
    Winter lachte. »Kommen Sie, Roderick, das ist doch unter Ihrem Niveau. Sie wissen, dass ich loyal bin. Meine Loyalität ist zwar käuflich, aber meine Kunden können sich darauf verlassen. Sonst wäre ich schon längst aus dem Geschäft.«
    Â»War einen Versuch wert. Sie haben ja hier den Heimvorteil, alter Junge. Ich würde einiges auf den Tisch legen, um daran zu partizipieren. Und außerdem könnte ein wenig politische Rückendeckung Ihnen später vielleicht noch einmal nützlich sein.«
    Joel antwortete nicht. Sie näherten sich dem Stadtzentrum. Nach wenigen Minuten hielt ihr Fahrzeug vor dem Hotel Caliente Park , das am Rand der Innenstadt lag.
    Â»Wird unser gemeinsamer Freund de Moulinsart ebenfalls hier untergebracht?«, wollte Fitzsimmons wissen, während er aus der Limousine kletterte, deren Tür Winter für ihn aufhielt.
    Â»Das ließ sich nicht vermeiden. Das Caliente Park liegt ganz in der Nähe des Forschungszentrums und ist das beste Haus am Platz. Ich wollte Sie nicht in einer zweitklassigen Absteige unterbringen.«
    Â»Sehr verbunden, junger Freund. Wer den Staat schützt, sollte wenigstens ab und zu mal eine kleine Belohnung dafür empfangen.«
    Er lachte und schlug seinem Begleiter auf die Schulter.
    Â»De Moulinsart trifft in drei Stunden ein«, sagte Winter, nachdem er Fitzsimmons eingecheckt hatte. »Was halten Sie davon, wenn wir uns anschließend in der Bar zusammensetzen?«
    Â»Der Whisky würde mir ohne den Kerl zwar deutlich besser schmecken, aber tun Sie, was Sie nicht lassen können. Ich werde da sein.«
    Fitzsimmons gab seinen Gehilfen ein Zeichen, und sie folgten ihm zu den Fahrstühlen. »Grüßen Sie Ihren Präsidenten von mir!«, rief er Winter über die Schulter zu. »Und sagen Sie ihm, er soll sich keinen Illusionen hingeben. Am Ende gewinnt immer der Stärkere.«
    2.
    Hauptstadt der Union
    Die ersten Anzeichen der nahenden Katastrophe waren die Krähen.
    Enrique hatte sie bereits vor einer Stunde bemerkt. Es war später Nachmittag und dämmerte, als sie begannen, sich in den Baumkronen entlang des Flusses zu versammeln. Ihre Silhouetten waren auf den kahlen Ästen deutlich zu erkennen. Wie schwarze Farbkleckse sahen sie aus, die ein Maler achtlos über ein Bild blätterloser Bäume gestreut hatte.
    Bislang waren ihm in der Stadt Vögel nie sonderlich aufgefallen. Er war sich nicht einmal sicher, ob es überhaupt welche gab. Umso erstaunter war er jetzt, ganze Schwärme auftauchen zu sehen. In kleinen Gruppen kamen sie herangeflogen, zehn, fünfzehn, dann Hunderte, schließlich Tausende. Und sie saßen nicht einfach stumm auf den Bäumen. Immer wieder erhob sich der gesamte Schwarm unter lautem Krächzen in die Luft. Die schwarze Wolke bewegte sich direkt auf Enrique zu. Er duckte sich unwillkürlich, aber die Krähen hatten nicht vor, ihn anzugreifen. Sie zogen über ihn hinweg die Allee entlang und fielen wieder über die Baumwipfel wie eine riesige schwarze Decke. Nach einer kurzen Zeit wiederholte sich das Schauspiel.
    Enrique lief die Allee entlang, aber so weit er auch rannte, es zweigte keine Straße ab, die ihn von den Bäumen mit den Krähen weggeführt hätte. Außer ihm schien keiner der Passanten etwas Ungewöhnliches am Verhalten der Vögel zu finden.
    Er wusste, was als Nächstes passieren würde. Das Bewusstsein, die Zukunft zu kennen, aber nichts daran ändern zu können, schnürte ihm die Kehle zu. Die Hilflosigkeit lähmte ihn.
    Und dann stürzten die ersten Steinbrocken herab.
    Ganze Stockwerke brachen ein, und ein Regen aus Stein, Metall und Glas ging auf die Straße nieder. Enriques einzige Zuflucht waren die Bäume an der Flussseite, auf denen die Krähen hockten. Schritt um Schritt wich er zurück, während vor seinen Augen ein Gebäude nach dem anderen in sich zusammenfiel. Das Donnern des Schutts und das Geschrei der Krähen dröhnte noch in seinem Kopf, als er schweißgebadet hochfuhr.
    Mit zitternden Fingern tastete er im Dunkel nach dem Schalter der Lampe auf seinem Nachttisch. Erst als der matte

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