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Das Wörterbuch des Viktor Vau

Titel: Das Wörterbuch des Viktor Vau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Ruebenstrunk
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angekommen.

sut:
Botschaft
1.
    Dagombé
    Viktor Vau sah Agua Caliente zum ersten Mal, als sein MagZep eine letzte Kurve vor dem Landeanflug drehte. Warum ein MagZep überhaupt kreisen musste, hatte er nie verstanden. Im Gegensatz zu einem Flugzeug sollte es für einen Zeppelin doch ziemlich egal sein, von welcher Seite er sich einem Landeplatz näherte. Aber das war Alltagstechnologie, die Viktor letztlich nicht sonderlich interessierte, und er vergaß die Frage sofort wieder.
    Der lange Flug steckte ihm in den Knochen. Der Blick aus dem Fenster zeigte ihm eine Stadt, die sich in alle Himmelsrichtungen erstreckte, weiter als das Auge sehen konnte. Er hatte sich Agua Caliente als eine Kleinstadt vorgestellt, nicht viel größer als eines der Provinznester in seinem Land. Jetzt musste er feststellen, wie er sich getäuscht hatte. Selbst wenn der größte Teil der Gebäude nur behelfsmäßig zusammengezimmerte Hütten mit Wellblechdächern waren, so beherbergten sie sicherlich mehr als die offiziell im Reiseführer für Da gombé angegebenen hunderttausend Einwohner.
    Viktors Gedanken wurden durch das nahezu unmerkliche Aufsetzen des MagZep unterbrochen. Seine Mitreisenden sammelten eilig ihr Gepäck zusammen und drängten zum Ausgang. Viktor hatte lediglich einen kleinen Koffer dabei. Er hatte nicht vor, sich länger als nötig in Agua Caliente aufzuhalten. Ein Tag, allenfalls zwei mussten genügen.
    Als er aus dem klimatisierten Luftschiff auf die Treppe zur Landebahn trat, traf ihn die heiße, feuchte Luft wie ein Faustschlag. Es waren nur wenige Schritte bis zum Terminal des Aerodroms, das er schweißgebadet erreichte.
    Viktors Pass wurde vom Offizier der Einwanderungsbehörde nur oberflächlich überprüft. Er holte seinen altmodischen Reisekoffer vom Gepäckband und verließ den abgeschirmten Bereich. Kaum war er durch die Tür, kam ihm ein kleiner, rundlicher Mann mit sorgfältig gestutztem Vollbart und hochrotem Kopf entgegengelaufen.
    Â»Viktor!«, rief er. » Che piacere rivederti! « Dann schloss ihn Flavio Volante in seine Arme. Viktor war diese körperliche Nähe unangenehm, auch wenn er Volante seit seinem Studium kannte und schätzte. Sie waren nicht nur Kollegen, sondern gewissermaßen Freunde, sofern man diesen Begriff im Zusammenhang mit Viktor verwenden konnte. Und wenn man sich mit der Viktor eigenen Präzision ausdrücken wollte, dann konnte man es sicher nicht.
    Unbeholfen tätschelte er seinem Freund den Rücken. »Ich freue mich auch, dich wiederzusehen, Flavio.« Vorsichtig löste er sich aus der Umklammerung. »Wenn auch die Umstände etwas ungewöhnlich sind.«
    Â»Ungewöhnlich in der Tat.« Volante griff nach Viktors Koffer. »Wir fahren ins Hotel. Dort funktioniert die Klimaanlage, und ich kann dir alles in Ruhe erklären. Die Kollegen werden ebenfalls da sein.«
    Viktor runzelte die Stirn. »Welche Kollegen sind das genau?«
    Â»Miller, Brodhagen, Tremarchais – eigentlich sind alle da. Nimm das Programm der letzten Konferenz, und du hast ihre Namen. Und wie bei einem Kongress geht es auch hier ab. Jeder hat seine eigene Theorie, und es gibt mehr Streit als Übereinstimmung.«
    Â»Und wozu braucht ihr dann mich?« Sie verließen den Terminal, und Volante geleitete ihn zu einer schwarzen Limousine, die sich deutlich von den restlichen Fahrzeugen abhob. Der livrierte Fahrer nahm Volante Viktors Koffer ab und hievte ihn in den Kofferraum.
    Â»Weil wir nicht weiterkommen.« Sein Begleiter zwängte sich ächzend neben Viktor in den Sitz. »Die Crème de la Crème der Linguisten schafft es nicht, eine einfache Botschaft zu übersetzen. Wir haben die Nachricht durch den Gigacluster der Abwehr gejagt, um sie zu entschlüsseln. Ohne Ergebnis. Jetzt bist du unsere letzte Hoffnung. Das muss doch eine Genugtuung für dich sein.«
    Viktor ignorierte die Schmeichelei. »Ich bin seit vielen Jahren raus aus dem Fach, Flavio. Wie soll ich schaffen, was ihr gemeinsam nicht fertigbringt?«
    Â»Das wirst du schon erfahren, wenn wir da sind. Es ist sensationell, du wirst sehen. Aber jetzt erzähl mal, womit beschäftigst du dich derzeit?«
    Â»Ich forsche mit schizophrenen Patienten in einer psychiatrischen Klinik.«
    Volante sah ihn erstaunt an. »Du bist unter die Psychiater gegangen?«
    Â»Nein, nein. Ich habe zwar das Studium

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