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Das Wörterbuch des Viktor Vau

Titel: Das Wörterbuch des Viktor Vau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Ruebenstrunk
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er hatte versprochen, sie nach ihrer Vernehmung abzuholen.
    Astarte sah erschöpft aus. Enrique bot ihr seinen Arm an, in den sie sich zu seiner Überraschung einhakte, und sie gingen ein paar Straßen weiter, bis sie ein kleines ruhiges Café fanden. Sein Herz klopfte wie bei einem Dreizehnjährigen, der sein erstes Rendezvous hat. War es wirklich so lange her, dass er die Nähe einer Frau gespürt hatte?
    Leider war der Augenblick schnell wieder vorbei. Sie bestellten jeder ein Glas Rotwein und warteten schweigend, bis die Getränke serviert wurden. Astarte nahm sofort einen großen Schluck, so als wolle sie den Tag hinunterspülen.
    Â»Ihr wart gut befreundet?«, brach Enrique das Schweigen.
    Â»Martina war meine einzige Freundin.« Nachdenklich fuhr Astarte mit ihren Fingern am Stiel des Weinglases auf und ab. »Ob wir deshalb gut miteinander befreundet waren, weiß ich nicht. Wir haben einiges zusammen unternommen. Mit ihr konnte man Spaß haben.«
    Â»Und die Polizei ist sicher, dass es der Florist war?«
    Sie nickte. »Ich soll es nicht rumerzählen. Sie möchten nicht, dass er so viel Aufmerksamkeit bekommt. Der Kommissar meinte, das sei genau das, was der Florist will.«
    Â»Wie war er denn so, dieser Kommissar?«
    Â»Er heißt Fellner und ist eigentlich ein ganz netter Mensch.«
    Â»Das sind Polizisten oft.«
    Sie blickte ihn kritisch an. »Wieso das denn?«
    Â»Na ja, sie sind doch darauf angewiesen, dass man ihnen vertraut.«
    Astarte schüttelte den Kopf. »Da habe ich ganz andere Geschichten gehört. Aber dieser Fellner war wirklich recht freundlich.«
    Â»Und was wollte er von dir wissen?«
    Â»Wann ich Martina zuletzt gesehen habe und ob ich irgendwelche von ihren Freunden kenne.«
    Â»Und konntest du ihm weiterhelfen?«
    Sie zuckte mit den Schultern. »Keine Ahnung. Zum letzten Mal war ich mit ihr aus, als wir uns kennengelernt haben.«
    Enrique zog die Augenbrauen hoch. »Ach, das war Martina?«
    Â»Das war Martina.« Astarte suchte nach einem Taschentuch und schnäuzte länger als nötig. Als sie wieder aufblickte, waren ihre Augen gerötet. Schnell nahm sie einen weiteren Schluck aus ihrem Glas. »Wenn ich mir vorstelle, dass er uns damals vielleicht schon beobachtet hat …«
    Enrique beugte sich vor. »Weißt du noch, wie du an jenem Abend über meine Warnungen gelacht hast?«
    Sie nickte und steckte das Taschentuch wieder ein. »Es klingt auch absurd! In dieser Stadt leben Millionen Menschen. Die schlechten Dinge passieren doch nur den anderen, denkt man da immer.«
    Â»Und wenn man dann feststellt, dass man selbst an der Reihe ist, ist es ein Schock.«
    Â»Und wie. Vor allem, weil ich vielleicht auch das Opfer hätte sein können.« Astarte schüttelte sich, griff nach ihrem Weinglas und leerte es in einem Zug.
    Â»Für den Winzer wäre es auch ein Schock, wenn er das sehen würde«, versuchte Enrique sie aufzuheitern.
    Â»Ist mir egal.« Sie winkte der Kellnerin und bestellte noch ein Glas.
    Â»Wie wär’s dann mit einem härteren Tropfen?«
    Â»Ich will mich betrinken, nicht betäuben.«
    Â»Ist das nicht dasselbe?«
    Â»Für mich nicht.« Sie schob herausfordernd das Kinn vor. »Und es gehört sich nicht, eine Frau betrunken zu machen und dann abzuschleppen!«
    Enrique bemerkte zu seiner Erleichterung, dass ihr alter Kampfgeist wieder zurückzukehren schien. »Was gehört sich dann?«
    Â»Wer eine Frau erobern will, der muss …« Sie brach ab und legte die Stirn in Falten.
    Â»Der muss?«
    Â»Ach, ich weiß auch nicht. Darüber habe ich lange nicht mehr nachgedacht.«
    Â»Das klingt aber ziemlich pessimistisch.«
    Â»Findest du?« Sie nippte an dem neuen Wein, den die Kellnerin umgehend gebracht hatte. »Mag sein. Aber nach allem, was geschehen ist, fällt es mir schwer, optimistisch zu sein.«
    Â»Das verstehe ich. Es ist schrecklich, was Martina passiert ist. Manchmal gerät man eben an den Falschen.«
    Sie nickte traurig. »Und wie soll man wissen, ob einer der Richtige ist?«
    Â»Sagt dir das nicht dein Gefühl, auf das du so große Stücke hältst?«
    Sie blickte ihn misstrauisch an. »Kommt jetzt wieder ein Plädoyer für das rationale Abwägen? Ich habe nie behauptet, dass Gefühle die Lösung für alles sind.«
    Â»Und sie können

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