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Das Wolkenvolk 02 - Lanze und Licht

Titel: Das Wolkenvolk 02 - Lanze und Licht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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seinem Kopf in die Waagerechte, sodass die Spitze nach vorn wies. Niccolo hatte diese Angriff s position schon früher gesehen, bei den Mandschu und bei Wisperwind.
    Ein urgewaltiges Brüllen hallte von den Felswänden wider, gefolgt von einem Echo, das körperlich spürbar war, durch alle Knochen vibrierte bis hinab in die Zahnwurzeln.
    Guo Laos Augen weiteten sich. Sein Kranich tänzelte mit einem Mal nervös auf und ab.
    Mondkinds Hand krallte sich in Niccolos Seite, als wollte sie ihn davor bewahren, irgendetwas Falsches zu tun.
    Ganz unten, am Fuß des gewaltigen Grottenportals, trat eine winzige Gestalt aus den Schatten ins Sternenlicht . Sehr klein, sehr schmal und sichtbar geschwächt; sie stützte sich auf einen langen Stab.
    Absurderweise erkannte Niccolo als Erstes den Stab wieder – eine Schaufellanze, genau wie jene, die der Unsterbliche Li getragen hatte. Vielleicht lag es an seiner Erschöpfung, an seiner Müdigkeit, vielleicht auch nur daran, dass er einfach nicht fassen konnte, wen er da sah.
    » Nugua? « Er flüsterte ihren Namen, leise wie ein Atemzug. Wüstensand hatte sich in seinen aufgesprungenen Lippen festgesetzt, und erst jetzt wurde ihm bewusst, wie schwer ihm das Reden fiel.
    » Nugua! « Jetzt wurde schon ein krächzender Ruf daraus. Doch als er ihren Namen schließlich zum dritten Mal herau s brachte, war es ein Brüllen, so laut, dass es sich an den Bergflanken brach und lang gezogen in der Schlucht widerhal l te.
    Nugua blieb außerhalb des Portals stehen und blickte zu ihnen auf. Aus der Distanz war nicht zu erkennen, ob sie Guo Lao oder Niccolo und Mondkind ansah.
    Jetzt hob sie eine Hand und winkte. Aber es war keine Begr ü ßung, sondern ein Signal. Ein Signal an jemanden, der sich hinter ihr in der Dunkelheit des Grotteneingangs aufhielt.
    Niccolo verengte die Augen, starrte an Guo Lao vorbei zum Tor, über Nugua hinweg – der winzigen, unendlich verloren wirkenden Nugua.
    Die Finsternis in ihrem Rücken lebte.
    Massige Formen schoben sich dort über- und untereinander wie ein Nest turmgroßer Riesenschlangen. Er sah keine Umri s se, nur ein Verschieben unterschiedlicher Schattierungen von Schwarz – und dann, von einem Augenblick zum nächsten, ein Aufflammen von strahlendem Goldrot, so als fiele schlagartig Sonnenlicht durch das Tor und bräche sich auf tausend spi e gelnden Schuppen.
    Aber das goldene Licht fiel nicht von außen in die Grotte, sondern ergoss sich, ganz im Gegenteil, von innen heraus ins Freie, erhellte die Schlucht mehrere hundert Meter weit, floss wie Lava über die Stufen der gewundenen Felsentreppe und erfasste schließlich die beiden Kraniche in der Luft.
    Hinter Nugua erschien ein haushoher Schädel mit spitzem Maul, aus dessen Lefzen sich zwei lange Fühler schlängelten und am Boden einen schützenden Wall um das Mädchen formten. Den Kopf des Drachen krönte ein Geweih, groß wie eine uralte Eiche und ebenso verästelt . Niccolo verstand jetzt, warum Wisperwind gesagt hatte, er habe Drachenaugen: Die des Ungetüms dort unten glänzten ebenso golden wie seine eigenen.
    Der Schädel des Drachen schwebte über Nugua in der Luft; sie selbst war kaum größer als einer seiner Fangzähne. Die beiden riesigen Fühler wanden sich nur einen Schritt vor ihr über- und untereinander, und Niccolo war nicht mehr ganz sicher, ob sie jemanden davon abhalten sollten, ihr zu nahe zu kommen, oder ob sie umgekehrt dafür sorgten, dass Nugua sich nicht vom Portal der Heiligen Grotte entfernte.
    Er machte gar nicht erst den Versuch zu verstehen, warum sie hier war. Und weshalb sie die Drachen ausgerechnet an diesem Ort wiedergefunden hatte. Er war zu erschöpft, seine Gedanken kreisten immer wieder nur um Mondkind, die so dringend Hilfe benötigte, irgendeine Hilfe, und um den Xian, der jetzt das Schwert hatte sinken lassen, aber keine Anstalten machte zurückzuweichen.
    Ihm war jetzt, als finge er Nuguas Blick auf, und obgleich er aufgrund der Entfernung nicht sicher war, meinte er, sie lächeln zu sehen.
    » Xian! «, ertönte die grollende Stimme des Drachen . » Gib den Weg frei! «
    Der Unsterbliche zog seinen Kranich mit einer Hand herum, sodass er nun seitlich zwischen dem Portal und Niccolo und Mondkind schwebte. » Sei gegrüßt, Drachenkönig! Ich bin Guo Lao, der Letzte der Acht. Ich habe keinen Streit mit dir oder anderen deines Volkes. «
    Die goldenen Augen des Drachen blitzten. » Wir teilen den Schmerz über deinen Verlust, Guo Lao. Und wir wissen, dass

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