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Das Wolkenvolk 02 - Lanze und Licht

Titel: Das Wolkenvolk 02 - Lanze und Licht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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» Humor, ja? Jemand wird sich noch wundern, wie lustig es ist, in einem fremden Körper zu leben! Mit tausend Füßen! «
    Wisperwind sah den Seelenschlund argwöhnisch an . » Du weißt doch noch mehr über sie, oder? «
    » Es gibt Orte, an denen sie sich treffen. Dort kommen die einzelnen Händlerstämme zusammen und tauschen Nachrichten aus, Informationen über die Länder, die sie auf ihren Reisen gesehen haben. «
    » Und du kennst einen solchen Ort? «
    » Nicht weit von hie r «, bestätigte der Schlund. » Ein paar T a gesmärsche. Wahrscheinlich kamen diejenigen, die Feiqing in die Schlucht geworfen haben, von dort. «
    » Und wenn schon? «, blaffte Feiqing. » Was würde das ä n dern? «
    Wisperwind sah aus, als nähme ein Plan in ihrem Hinterkopf Gestalt an. » Luftschiffe sind schneller als wir zwei zu Fuß. Viel schneller. «
    » Oh ja, gute Idee! «, höhnte Feiqing. » Gehen wir doch einfach zu ihnen und bitten sie, uns in die Himmelsberge zu fliegen. Das machen sie bestimmt gern. « Er gestikulierte an seinem schmu t zigen Drachenbauch hinunter. » Erst recht wenn sie sehen, wer nach Hause gekommen ist! «
    Wisperwind sah abschätzend zum Seelenschlund hinauf. » Was meinst du? «
    » Ihr könnt es versuchen. «
    » Ein paar Tagesmärsche? «, fragte sie lauernd.
    »Ja.«
    » Dann verrat mir doch mal – wie schnell genau ist man auf tausend Beinen? «
     

 
     
     
    DIE GEHEIMEN HäNDLER
     
    D er Riesentausendfüßler schlängelte sich über einen Ber g kamm und kam zum Stehen – erst nur die vorderen paar hundert Beinpaare, dann, leicht verzögert, auch die hinteren. Die Abendsonne glänzte wie Goldstaub auf den mächtigen Chiti n höckern. Ein Knirschen und Knarzen ertönte von den Reibkanten der Panzerplatten; es klang, als ginge eine Flotte kleiner Schiffe vor Anker und schabte dabei mit den Rümpfen aneinander.
    Wisperwind und Feiqing saßen auf dem Kopfsegment des Seelenschlunds, nur eine Mannslänge von der Stelle entfernt, wo die Panzerung in die körnige, verformbare Gesichtswölbung am Vorderende überging. Unterwegs war das Ungetüm mehrfach stehen geblieben und hatte mithilfe peitschender Tentakel Affen und andere Wildtiere verschlungen. Feiqing hätte wetten mögen, dass er einmal sogar einen leibhaftigen Tiger dort vorn ve r schwinden sah, doch alles war so schnell gegangen, dass er nicht sicher war.
    » Ihr Götter! «, stöhnte Wisperwind, als sich jenseits der Ber g kuppe ein atemberaubendes Panorama öffnete.
    Trotz der Abendkühle begann Feiqing noch stärker zu schwi t zen. Wahre Sturzbäche sickerten durch das Drachenkostüm und bildeten Flecken unter seinen Achseln.
    Er beneidete Wisperwind nicht um ihre feine Nase. Doch wie es schien, war die Kriegerin zu beschäftigt mit dem Anblick, der sich ihnen bot, als dass Feiqings üble Ausdünstungen sie hätten behelligen können.
    Jenseits des Bergkamms öffnete sich ein weitläufiges Tal. Spitze Felszinnen umgaben es wie Zacken einer Krone, mehrere hundert Meter hoch und so schroff, dass es für Menschen unmöglich sein musste, die meisten davon zu erklimmen.
    Eine Flotte fantastischer Gebilde schwebte zwischen den Bergen. Sie waren mithilfe langer Seile an den Felszacken vertäut wie Boote in einem Hafen. Die Abendsonne tauchte alles in Gold und Orange, sodass kaum zu erkennen war, welche Farben die fünf riesigen Luftschiffe tatsächlich hatten. Ihre Formen aber übertrafen Feiqings wildeste Erwartungen. Als der Seelenschlund von Luftschiffen gesprochen hatte, hatte er sich genau das vorgestellt – Dschunken mit mehreren Masten und großen Segeln, die statt auf dem Meer durch die Lüfte kreuzten.
    In Wahrheit aber hatten die Fahrzeuge der Geheimen Händler nicht die geringste Ähnlichkeit mit gewöhnlichen Schiffen. Die meisten waren groß, viel größer als er sie sich ausgemalt hatte, und sie schienen am ehesten riesenhaften Fischen zu gleichen. Fische, in deren Leib eine kleine Stadt hätte Platz finden können. Es gab flossenartige Auswüchse, nicht nur am Heck und an den Seiten, sondern rundherum, was die meisten von ihnen stachelig wie Korallen erscheinen ließ. Erst bei genauem Hinsehen war zu erkennen, dass das letzte Sonnenlicht an viele n S tellen durch die aufgeblähten Schiffsleiber blinzelte – sie bestanden also nicht aus einem einzigen balgartigen Körper, sondern waren aus feinmaschigem Gitterwerk zusammengesetzt. Die Streben waren mit hunderten von viereckigen Planen bespannt, ähnlich einer riesenhaften

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