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Das Wolkenvolk 02 - Lanze und Licht

Titel: Das Wolkenvolk 02 - Lanze und Licht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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zwischen die Büsche kauerten.
    Feiqing wollte sich gerade mit dem Gedanken abfinden, als ihm klar wurde, dass Wisperwind keineswegs daran dachte, sich zu verstecken. Im Näherkommen sah er, dass inmitten der Schattenfläche etwas von oben herabhing . Ein dickes Tau! Und als sein Blick daran nach oben schwenkte, erkannte er, dass über ihnen ein zweites Luftschiff schwebte, in dessen Gitterbauch das Ende des Seils verschwand.
    » Du hast doch nicht vor – «
    » Der Federflug trägt mich nicht so weit nach obe n «, gab sie zurück. » Aber an dem Seil kann ich es schaffen. «
    » Und ich? «
    » Du wartest, bis ich zurückkomme. «
    » Allein? Hier unten? «
    » Hast du einen besseren Vorschlag? «
    » Ich – « Er verstummte, als er von ihrem Gesicht ablas , dass etwas nicht stimmte. Aufgeregt fuhr er herum und sah den Hang hinauf zur Kuppe. Dann zum Himmel.
    Die Formation der Luftschlitten hatte ihren Kurs geändert. Der Seelenschlund war längst hinter dem Berg verschwunden, aber die Geheimen Händler machten keine Anstalten, ihm zu folgen. Stattdessen legten sie sich über der Bergkuppe in eine elegante Kurve, änderten ihren Kurs – und kamen genau auf Feiqing und Wisperwind zu . Im Näherkommen war zu erkennen, dass die Menschen in den Aufhängungen sonderbare Helme trugen, die wie ein halbiertes Visier ihre rechte Gesichtshälfte bedeckten . Dort, wo das Auge saß, ragte ein fingerlanges Fernrohr aus dem Metall.
    » Die hatten es nie auf den Seelenschlund abgesehe n «, sagte Wisperwind und schien es selbst nicht ganz glauben zu können.
    » Aber warum auf uns? «, kreischte Feiqing.
    Sie schüttelte den Kopf. » Uns? «, wiederholte sie tonlos . » Wohl kaum. «
    » Du meinst – «
    Im selben Moment fiel von oben ein schweres Netz auf ihn herab und presste ihn zu Boden.
    * * *
    Die Männer ließen sich Zeit, nachdem sie ihre Luftschlitten geschickt auf dem Felsboden gelandet hatten. Mehr als die Hälfte der Verfolgerflotte hatte wieder abgedreht und gewann an Höhe, während sich die übrigen acht nac h d er Landung mit routinierten Bewegungen aus ihren Gurten befreiten und zu den Gefangenen herüberkamen.
    Wisperwind lag auf dem Rücken, auf ihrem Schwert, und war mit Armen und Beinen in die Maschen des Netzes verstrickt. Feiqing war auf den Bauch gefallen und strampelte und fluchte.
    » Lass das sei n «, sagte der erste Mann, der ihn erreichte. Seine Stimme war ruhig, aber befehlsgewohnt. » Du kannst dich gegen das Netz nicht wehren. «
    In der Tat – dies war kein gewöhnliches Fangnetz. Dafür schmiegte es sich zu eng an Feiqing und den Boden, und die sechs Eisenkugeln, die es rundum beschwerten, ließen sich selbst unter größter Anstrengung nicht von den Felsen lösen. Etwas hielt sie daran fest, so als besäßen sie plötzlich ein Vielfaches ihres Gewichts.
    » Außerde m «, sagte der Mann und blickte auf ihn herab, » s ol l test du es besser wissen, Feiqing. «
    Wütend drehte Feiqing den Kopf so weit in den Nacken, wie das Netz es gerade eben zuließ. Es gelang ihm, den Mann genauer zu betrachten, obgleich die Abendsonne in dessen Rücken stand und sich sein Umriss dunkel wie ein Schere n schnitt vom goldroten Himmel abhob. Sein Gesicht war nur zu erahnen. Feiqing vermutete, dass er ihn selbst im hellen Licht nicht erkannt hätte. Bislang war der Vergessensfluch des Wächterdrachen mehr als gründlich gewesen.
    Der Mann sah einen Augenblick länger nachdenklich auf ihn herab, dann trat er hinüber zu Wisperwind. » Wer bist du? «
    » Wer fragt das? «
    Er seufzte leise. » Mein Name ist Kangan. Hauptmann Ka n gan. «
    » Wisperwin d «, sagte sie und fügte nach kurzem Zögern hinzu: » Vom Schwerterclan der Stillen Wipfel. «
    Kangan machte einen Schritt um sie herum, und nun fiel die Abendsonne gleißend auf sein Gesicht. Auf den ersten Blick war nicht zu erkennen, ob er Chinese war. Denn das linke Auge, das von dem Halbhelm unbedeckt blieb, war nicht menschlich. Li hatte die Wahrheit gesagt: In Kangans Gesicht prangte das Auge einer Eule. Nahezu rund, mit einer münzgroßen Pupille auf einem gelben Augapfel . Das Auge selbst war fast fingerbreit schwarz umrandet, und die Braue darüber so steil und buschig, dass sein Blick finster und zornig wirkte.
    Kangan hatte langes schwarzes Haar, in das eine Vielzahl Federn eingewoben war, vielleicht die eines Raben oder schwarzen Adlers. Er trug lederne Kleidung, die an seinen kräftigen Oberarmen mit mehreren Bändern aus noch mehr Federn

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