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Das Wolkenvolk 03 - Drache und Diamant

Das Wolkenvolk 03 - Drache und Diamant

Titel: Das Wolkenvolk 03 - Drache und Diamant Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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Stein und blickte hinüber zu dem Monument aus Drachenknochen, das am westlichen Ende des Passes aufgetürmt worden war. Die Gebeine bildeten eine hohe Pyramide, gekrönt von einem Schädel mit aufgerissenem Maul. Das Mahnmal war vor langer Zeit errichtet worden, um über den Zugang zum Drachenfriedhof zu wachen. Inmitten der Knochen steckte ein Vogelnest, so verlassen wie der Rest dieser Einöde in den Bergen Sichuans.
    Nugua schaute gedankenverloren zu einer verkrüppelten Zeder, die sich über ihnen an die Steilwand krallte. Der entlaubte Baum passte gut zu ihrer Stimmung. »Einige von den Drachen, die zum Sterben hergekommen sind, sind Freunde aus meinem Clan.«
    Niccolo brach sein langes Schweigen. »Und Yaozi?«
    »Er ist müde, sagt er. Und vielleicht zu alt für diese Welt. Aber seine Zeit ist noch nicht gekommen. Er ist nur hier, um die anderen auf ihrem letzten Weg zu begleiten. Drachen leben lange, und wenn sie voneinander Abschied nehmen, kann das dauern. Manchmal liegen sie monatelang beieinander im Regen und sprechen von alten Zeiten. «
    Niccolo rollte einen winzigen Stein zwischen den Fingerspitzen umher. »Wenn man ein paar Tausend Jahre alt wird, gibt es eine Menge, über das man reden kann.«
    Sie schenkte ihm einen ernsten Blick. »Dazu muss man keine tausend Jahre alt werden, Niccolo.«
    »Nein, wahrscheinlich nicht.« Sie sah ihm an, dass er genau wusste, was sie meinte. Er war nie besonders gut darin gewesen, über seine Gefühle zu sprechen.
    »Und - was wirst du jetzt tun?«, fragte sie.
    »Kangan hat mir eine Karte gegeben, auf der das Tal eingezeichnet ist, in das er Alessia und die anderen bringt. Aber ich ...« Er verstummte, als müsse er um die richtigen Worte ringen. Nach einem Moment sagte er: »Mein Platz ist woanders, glaube ich. Mein Vater und ich haben niemals wirklich zu ihnen gehört. Ich bin nie so gewesen wie sie, und nach allem, was war, ist es nur noch schlimmer geworden.«
    Nugua runzelte die Stirn. »Weil du nicht bist wie die anderen?« Plötzlich lachte sie über sich selbst. »Vierzehn Jahre lang dachte ich, ich könnte ein Drache sein, ob mit oder ohne Schuppenhaut.«
    »Willst du denn bei ihnen bleiben? Bei Yaozi?«
    Sie schüttelte den Kopf. Ihr Entschluss stand schon eine ganze Weile lang fest. »Wir haben noch immer die Kraniche. Wir können hingehen, wohin wir wollen.« Die beiden Riesenvögel schliefen nicht weit entfernt auf grauem
    Geröll; sie hatten die Köpfe unter ihre Schwingen geschoben und erholten sich von dem langen Flug.
    »China ist groß genug«, sagte sie. »Und selbst wenn es irgendwo Grenzen hat, dann ist dahinter noch mehr. Orte ohne Mandschu. Ohne Raunen und Juru.«
    Aus seinem Stirnrunzeln wurde die Andeutung eines Lächelns. Er schien etwas sagen zu wollen, wurde aber von Lärm übertönt, der mit einem Mal vom östlichen Ende des Knochenpasses heranwehte.
    Ein Rasseln und Stampfen und Schnaufen. Nugua erkannte sofort, dass dies kein Drache war.
    Die Kraniche erwachten und hoben alarmiert die Köpfe. .
    Niccolo musste gegen das Getöse anbrüllen, als er sich umwandte. »Ist er das?«
    »Erwartest du noch jemanden mit tausend Füßen?«
    Zwischen den Steilwänden wölkte Staub empor, begleitet von kleineren Felsstürzen, die zu beiden Seiten herabdonnerten. Etwas schob sich vom östlichen Berghang her auf den Pass, aber in all dem aufstiebenden Schmutz war noch immer kein Umriss auszumachen.
    »Ziemlich groß«, bemerkte Niccolo.
    Eine dritte Stimme meldete sich zu "Wort: »Um ehrlich zu sein - ich habe schon Größeres gesehen. Ist nicht einmal lange her.«
    Hinter ihnen, aus der Richtung des Knochenmonuments, war Wisperwind herangekommen, lautlos, wie es ihre Art war. Der Federflug aus der Schlucht hatte ihr langes Haar zerzaust. Feiqing hatte darauf bestanden, dass sie ihn dort hinunter begleitete, aber nun war sie hier und er noch immer unten bei Yaozi und den anderen Drachen.
    Während von Osten der Seelenschlund heranwalzte und Niccolo aufstand, um ihn besser sehen zu können, wandte Nugua sich an die Schwertmeisterin. »Wie steht es um Feiqing? Ist er schon -«
    »Noch nicht«, sagte Wisperwind. »Aber es wird bald so weit sein. Richtet ihm meine Grüße aus. Werdet ihr das tun?«
    »Du willst nicht auf ihn warten?«
    Die Kriegerin schüttelte den Kopf.
    »Weiß er das?«
    »Ich habe ihm gesagt, dass ich ihn so in Erinnerung behalten möchte, wie ich ihn kennengelernt habe.« Plötzlich irrlichterte ein Grinsen über ihre Züge.

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