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Das Wolkenvolk 03 - Drache und Diamant

Das Wolkenvolk 03 - Drache und Diamant

Titel: Das Wolkenvolk 03 - Drache und Diamant Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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sprengte der Pulk auseinander. Weitere zogen sich in das Gewirr der verschachtelten Gittertrümmer zurück, erst nur ein paar, dann immer mehr. Innerhalb einiger Herz-  Schläge waren sie alle verschwunden. Wisperwind, Kan-gan und die drei überlebenden Soldaten blieben allein zurück, ein abgerissener, blutverschmierter Haufen inmitten der Jurukadaver im Schnee.
    »Weiter!«, brüllte Wisperwind. »Zu den Schlitten, bevor sie es sich anders überlegen.«
    Kangan stützte einen der Verletzten, während sie das letzte Stück bis zum Landeplatz zurücklegten.
    Weiter nördlich spie das mittlere der drei Luftschiffe einen Schwärm winziger Punkte aus, Luftschlitten mit Kurs auf die Abendstern.
    »Sind das Russen?«, presste Wisperwind hervor, während sie mit den anderen über das Eis stolperte.
    Kangan nickte stumm. Mehr war nicht nötig. Jedes Wort verschwendete nur kostbare Kraft.
    Wisperwind eilte an die Seite eines verwundeten Soldaten. Sie packte seinen Arm und stützte ihn. Vor ihnen tauchten die Ausläufer des Trümmerfeldes auf. Irgendwo dahinter, unsichtbar vor dem blendenden Gletscher, lagen die Luftschlitten.
    »Nicht mehr weit«, keuchte der Soldat, den Wisperwind stützte. Es klang wie ein Flehen.
    Nicht zum ersten Mal fragte sie sich, wie sie eines der Fluggeräte in Gang setzen und damit zur Abendstern fliegen sollte. Die Gondel war nutzlos - noch immer schwebte sie hundert Meter über dem Erdboden und niemand auf der Abendstern schien daran zu denken, sie herunterzulassen.
    Vor ihr blieb Kangan unvermittelt stehen. Der Mann, den er mitgeschleppt hatte, fiel auf die Knie und begann zu weinen wie ein Kind. Auch die anderen verharrten angesichts des Anblicks, der sich ihnen bot. Wisperwinds Augen verengten sich.
    Die Knochendornen der Juru hatten tiefe Furchen ins Eis geschnitten. Wo die Felsenwesen gewütet hatten, trug der hart gefrorene Schnee ein verworrenes Muster aus Rissen und Schrunden.
    Die Luftschlitten lagen zertrümmert im Schnee, wie Insekten mit ausgerissenen Flügeln.

Mukhtar Khan
    Natürlich, er hatte es ja gewusst. Die Katastrophe war unausweichlich gewesen. Man hätte ihn nur fragen müssen. Feiqing hätte eine passende Antwort parat gehabt.
    Es wird ein Unglück geben, hätte er gesagt. Ein großes Unglück. Hört auf mich. Ich kenne mich aus mit Unheil und Missgeschick.
    Aber selbstverständlich hörte niemand auf einen Rattendrachen, nicht an Bord der Abendstern und nirgendwo sonst. Das war sein Schicksal. Was für ein lausiges Leben!
    Feiqing stand im Schatten der Luftschlittenhalle und beobachtete, wie die Delegation der russischen Gildenschiffe eintraf. Der Raum befand sich im Heck der Abendstern und hatte beträchtliche Ausmaße. An die fünfzig Schlitten lagen hier in mehreren Kolonnen aufgereiht, bereit für jene, die waghalsig genug waren, sich damit in die Tiefe zu stürzen. Feiqing konnte sich nicht an den Schreckenstag erinnern, an dem man ihn selbst auf einer dieser Höllenmaschinen festgebunden und zum Drachenfriedhof hinabgestoßen hatte; doch allein das Wissen, dass es geschehen war, reichte aus, ihm beim Anblick der Fluggeräte den Magen umzudrehen.
    Elegant schwebte die Delegation mit ihren Einmann-schütten durch die große Öffnung ins Innere der Halle. Über dem freien Streifen, der für die Landung vorgesehen war, verharrten die Männer einen Moment lang in der Luft, dann senkten sich alle gleichzeitig abwärts.
    Sie waren zu siebt gekommen: ein russischer Gildenmeister und seine sechs schwer bewaffneten Leibwächter, Kolosse in Lederharnischen mit Fellbesatz, gerüstet mit Schwertern und Dolchen. Sie erinnerten Feiqing an die Mandschu, denen Nugua, Niccolo und er bei ihrer Flucht aus dem Gauklerlager entkommen waren. Gegen alle Vernunft erwartete er beinahe Lotusklaue unter ihnen zu sehen - aber der dämonische Mandschuhauptmann war tot, gefallen am Ufer des Lavastroms. Trotzdem blieb das beunruhigende Gefühl, dass jeder der sechs Leibwächter es mit einem Krieger von seinem Schlag hätte aufnehmen können.
    Feiqing zog sich ein Stück tiefer in den Schatten einiger Stützstreben zurück, stieß mit dem Rücken gegen die Hallenwand und stellte verdrossen fest, dass sein Drachenbauch mit den breiten Querstreifen noch immer ins Tageslicht ragte.
    Gildenmeister Xu, der Kapitän der Abendstern, hatte die Brücke verlassen und war persönlich in die Halle gekommen, um die Delegation in Empfang zu nehmen. Dem Anschein nach mochte er das aus Höflichkeit tun - kein

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