Das Wort des Hastur - 12
nach meinen Vorstellungen tun.«
Sie hatten zugestimmt und ihr die besten Novizen geschickt – ausnahmslos junge Mädchen, so wie sie es verlangt hatte.
Doch Asharra erinnerte sich auch daran, daß bei Männern das Gedächtnis so kurzlebig war wie ihre Dankbarkeit. Man brauchte sich nur anzusehen, wie rasch sie Varzils Lehren aufgegeben hatten, als es ihnen zweckdienlich erschien.
Ich werde nicht zulassen, daß dies noch einmal geschieht. Varzil mag gestorben und vergessen sein, aber mir wird das nicht passieren!
Asharra nahm sich vor, so lange jungfräuliche Bewahrerinnen auszubilden, wie sie dazu in der Lage war; danach wollte sie in Thendara einen neuen Turm bauen: Asharras Turm! Von dort würde sie Mittel und Wege finden, die Arbeit fortzusetzen, bis niemand mehr wagen würde, ihre Methoden in Frage zu stellen.
Sie konnte nicht ahnen, daß es in ferner Zukunft, nach hunderten von Jahren, des Todes von Cleindori Aillard bedurfte, um den Schaden rückgängig zu machen, den sie im Begriff war anzurichten.
LYNNE ARMSTRONG-JONES
Der Katzenmann
Lynne ist Mitte dreißig, Mutter eines kleinen Sohnes und einer ebenfalls noch recht jungen Tochter und lebt in Kanada. Sie ist nicht nur eine der produktivsten Autorinnen, die ich kenne, sondern gibt auch Sprachunterricht für Erwachsene und hat vor kurzem sogar noch mit Karatetraining begonnen.
Lynne arbeitet an einem Roman, aber bei so kleinen Kindern, die zu versorgen sind, wird sie wohl noch einige Zeit brauchen, bevor sie das fertige Manuskript an Verleger schicken kann. Wir wünschen ihr, daß es nicht allzu lange dauert!
Dafür war sie einfach zu alt! Davon jedenfalls war sie überzeugt.
Ihr Herz hämmerte wie wild, und während sie nach Luft rang schlug es unaufhörlich dumpf gegen den Brustkorb. Trotzdem kämpfte sie sich weiter – sie hatte keine andere Wahl.
Die Zunge klebte ihr am völlig ausgetrockneten Gaumen; ihre Kehle war so angeschwollen, daß sie kaum schlucken konnte. Sie blieb kurz stehen und stützte sich mit einer Hand am Stamm eines kleinen Baumes ab. Keuchend, ja beinahe schluchzend, sog sie die kostbare Luft ein. Ihre andere Hand wischte zitternd den Schweiß von der Stirn, glitt langsam hinab und ruhte auf dem Seidenbeutel, den sie um den Hals trug.
Ihr Sternenstein! Einst fast schon ein Teil von ihr; nein, nicht fast – er war ganz und gar ein Teil ihrer Selbst, oder war es zumindest gewesen. Ein Tor zur Oberwelt, ein Schlüssel zu ihrer Macht, ein Beweis ihrer Identität als Ginevra, der fähigen und allseits respektierten Leronis. Bis dann mit fortschreitendem Alter ihr Laran nachgelassen zu haben schien.
Ginevra biß sich auf die Lippen und kämpfte gegen die Tränen an, die ihr den Blick trübten, kämpfte auch gegen den Kloß, der ihr schmerzhaft in der Kehle saß und sich nicht lösen wollte. Blinzelnd hielt sie die Tränen zurück und mußte hilflos mit ansehen, wie vor ihr im Wald die beiden Kinder fortgeschleppt wurden. Die Kinder, die man ihr anvertraut hatte und die ihr das Kostbarste waren!
»Nein!« flüsterte sie leise. »Nein! Das darf ich nicht zulassen!« Während ihre Finger bereits den Sternenstein umfangen hielten, schloß sie die Augen und versuchte, ihre Gedanken auszusenden – doch sie verloren sich nur im schwarzen Nichts.
»Nein«, wiederholte Ginevra und erhob sich mühsam, um die fliehenden Gestalten der Kidnapper im Auge zu behalten. Nein! Auch wenn sie dabei sterben sollte, so wollte sie es doch versuchen. Carletta und der kleine Eduin durften in dieser schäbigen Schlacht kein Faustpfand werden! Zähneknirschend raffte Ginevra ihr Kleid zusammen und kämpfte sich weiter zwischen den Bäumen hindurch, wobei sie die Gruppe vor ihr nie aus dem Blick verlor.
Aus der Verzweiflung wurde Wut: Wut auf die Dorns und ihre ständigen Streitereien über Gebietsansprüche; Wut auf die Kidnapper, die ihr die liebsten Kinder entführten; Wut aber auch auf sich selbst, weil sie die Kräfte, die sie über lange Zeit trainiert und noch vor wenigen Jahren so geschickt eingesetzt hatte, nicht mehr besaß.
Diese Wut im Bauch schürte einen kleinen Funken, der zur Flamme wurde und sie in ihrer Verfolgung vorantrieb. Noch einmal umschlossen ihre Finger den Sternenstein, so als wollten sie nicht glauben, was Ginevra immer wieder durch den Kopf ging: zwecklos – es ist alles zwecklos, hilflos – ich bin hilflos, hoffnungslos – es ist alles hoffnungslos …
Doch die Wut hielt sie aufrecht. Trotzig
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