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Das Wort des Hastur - 12

Das Wort des Hastur - 12

Titel: Das Wort des Hastur - 12 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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Weder in dem schneebedeckten Hof noch hinter den Fensterscheiben regte sich etwas, das Orain aufgefallen wäre.
    Er kehrte zu Mhari zurück. Jetzt wäre die Gelegenheit günstig, sein Chervine aus dem Stall zu führen und auf der Straße weiterzureiten. Vielleicht würde er bald auf ein gastfreundliches Dorf stoßen, wo er sich genug verdienen konnte, um sich dann mit neuer Ausrüstung nach Nevarsin durchzuschlagen. Andererseits würde er mit Sicherheit erfrieren oder verhungern, wenn sich kein solches Dorf in der Nähe befand. Nein, wenn er seinem Ziel näher kommen wollte, brauchte er zumindest ein Jagdmesser und warme Sachen. Deshalb hastete er geduckt über den Hof zum Haus und suchte unter einem Fenstersims Deckung. Vorsichtig hob er den Kopf, legte die Hände gegen die Fensterscheibe und linste hinein. Das Zimmer war leer. Er schlich sich zum Eingang. Die Tür stand einen Spalt weit offen; Orain stieß sacht dagegen, und unter leichtem Ächzen schwang sie zurück.
    Sein Herz hämmerte wild, als er sich hineinwagte. Er achtete auf jedes Geräusch, aber alles, was er hörte, war Schnarchen und Stöhnen von Leuten, die im angrenzenden Raum schliefen. Bei den knarrenden Holzbohlen setzte er jeden Schritt besonders bedächtig. Als er in das Zimmer spähte, sah er mehrere Männer am Boden ausgestreckt. Der Geruch von Schweiß und abgestandenem Bier stieg ihm in die Nase, und schlimmer noch der beißende Gestank von Erbrochenem. Einer stöhnte und drehte sich im Schlaf um. Orain drückte sich gegen die Flurwand und verharrte regungslos, bis wieder alles still war.
    Beim zweiten Blick erspähte er in der gegenüberliegenden Ecke seine Sachen und sogar einige seiner Töpfe und Pfannen. Um an sie ranzukommen, müßte er sich an den schlafenden Räubern vorbeistehlen. Einem von ihnen war die Decke verrutscht; nach dieser angelte Orain jetzt und hüllte sich dann darin ein, wobei er ein Ende bis über den Kopf zog. Er hielt sich immer dicht an der Wand, als er sich an seine Sachen heranpirschte. Falls einer der Trunkenbolde aus seinem Rausch erwachen und ihn so sehen würde, konnte er Orain womöglich für einen Spießgesellen halten, der nur aufgestanden war, um einem dringenden Bedürfnis zu folgen.
    Orain erschien es wie Stunden, bevor er das andere Ende des Zimmers erreichte. Immer wieder hatte er über ausgestreckte Arme und Beine steigen oder durch Bierlachen waten müssen. Doch endlich konnte er sich über die aufgestapelte Beute hermachen. Orain stopfte einen Topf in das zusammengerollte Bettzeug; gerne hätte er noch mehr mitgenommen, aber das Scheppern hätte ihn nur verraten. Dann nahm er sich seine Packtasche mit dem Jagdmesser und steckte den Geldbeutel in seine Manteltasche. Alles andere mußte er schweren Herzens zurücklassen.
    Am Ausgang warf er die Decke ab und rannte über den Hof zurück zur Scheune. Beladen wie er war, stieß er die Tür mit dem Fuß auf, trat über die Schwelle …
    … und stolperte prompt über den Mann, den er gefesselt hatte. Dieser hatte sich inzwischen von seinem Knebel befreit und war gerade dabei, auch seine Fesseln zu lösen. Am Boden liegend bekam Orain den einen Topf zu fassen und zog ihn dem Mann beherzt über den Schädel. Der Schlag betäubte ihn nur, aber das gab Orain genug Zeit, um seine Siebensachen zusammenzusuchen und außer Reichweite zu bringen. Er nahm weitere Lederriemen von dem Haken, schnürte damit Packtasche, Bettzeug und Topf zu einem Bündel zusammen und band dieses dann Mhari auf den Rücken.
    Inzwischen war der Mann wieder zu sich gekommen. Noch immer gefesselt, flehte er Orain an. »Bitte, nimm mich mit! Ich gehör’ nich’ zu den! Ich wollt mir nur’n Pferd schnappen und abhauen!«
    Orain unterbrach seine Tätigkeit und musterte den Kerl eindringlich. »Ich halte dich eher für einen von denen, die mich ausgeraubt haben.«
    »Weil sie mich dazu gezwungen haben! Wenn ich es nicht getan hätte, hätten sie mich umgebracht! Bitte, glaub mir. Ich bin Jarrel, Lord Valdrins Sohn! Er wird dich fürstlich belohnen, wenn du mich zurückbringst!«
    Orain drehte ihm den Rücken zu. »Und ich dachte, daß Lord Gareth hier regiert.«
    »Nein, bestimmt nicht. Nur bis zur Flußbiegung, aber hier sind wir auf Lord Valdrins Gebiet.«
    Orain drehte sich wieder um und betrachtete Jarrel skeptisch. »Weißt du, Freundchen, auf meinen Reisen habe ich schon so manchen gerissenen Lügner getroffen. Da mußt du dir schon etwas Besseres einfallen lassen.«
    »Nein, warte!

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