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Das Wrack

Titel: Das Wrack Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Gerstäcker
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ordentlich empor, wie in einem lichten Feuerschein, als ein Walfisch oder Cajelot vielleicht sich aus der Tiefe emporschnellte und wieder zurückfallend auf das Wasser schlug, dass es wie Garbenlichter bei einem Feuerwerk auf- und auseinander spritzte.
    Fast alle Mann an Bord lehnten an der Schanzkleidung und blickten auf das wunderbare Schauspiel hinaus; denn wenn sie das Leuchten des Meeres auch schon oft gesehen hatten, geschieht es doch nur sehr selten und unter besonders günstigen Verhältnissen, dass es sich in solcher Pracht dem Auge zeigt.
    Aber endlich ermüdeten sie auch – die nicht auf Wache Befindlichen drückten sich in ihre Kojen, und die Wache selber lehnte schläfrig an Deck herum. Weshalb hätten sie auch munter bleiben sollen; Gefahr war wahrlich nicht zu fürchten.
    So verging die Nacht, und im Osten färbte sich der Himmel lichtgrau – kaum zehn Minuten später zeigten die Nebelschichten dort drüben schon einen rosigen Rand, und ehe es noch völlig hell geworden war, stieg der obere Rand der Sonnenscheibe glühend über den Horizont herauf und goss Licht und frisches Leben in die Welt.
    Aber trotzdem regte sich noch kein Lüftchen, und wie still sie indessen auf dem Meere gelegen, zeigte sich erst jetzt.
    Gestern Abend, nach Dunkelwerden, hatte der Steward noch eine Kiste Wein ausgepackt und erst das Stroh und nachher die Kiste über Bord geworfen, und dort draußen, kaum zweihundert Schritt von dem Schiff entfernt, trieben noch Stroh und Kiste auf der wie öligen Flut, während ein paar Möwen schläfrig darumher kreuzten und dann in der Nähe auf die See auffielen, um die einzeln umherschwimmenden Strohteile zu untersuchen, ob sich nicht etwas Genießbares darunter fände.
    Selbst die Möwen fühlen die erdrückende Monotonie einer solchen Zeit, und wie sie sonst, mit scharfem Flügelschlag dem wildesten Sturm trotzig in die Zähne, über den nach ihnen aufspritzenden Wogen kreisen, so faul und lässig zeigen sie sich während einer Windstille, dass sie den halben Tag oft auf dem Wasser schlafen.
    Und wie wunderlich das Meer rings um das Schiff herum aussah – dort drüben schwamm die Kiste mit dem Stroh daneben, als ob der Steward den Wein dort an der Oberfläche des Wassers ausgepackt hätte; hier trieben Kohl- und Krautblätter herum, die der Koch hinausgeworfen, dort Flocken Werg oder Papier, und dort drüben sogar ein alter Strohhut mit halbem Rand, der ausgedient hatte und seinem Schicksal auf den Wellen überlassen war.
    »Ein Hai!«, sagte der Mann am Steuer, der, wie es schien, eben zufällig erwacht war, und als er den Blick umherwarf, die scharfe dunkle Rückenflosse eines der tückischen Meerungeheuer entdeckte, das nach oben gekommen war, um die für ihn ausgestreuten Herrlichkeiten zu untersuchen. Misstrauisch schwamm er dort drüben um die Kiste herum und griff nach den Strohhalmen, glitt dann auf den Hut zu und legte sich schläfrig auf die Seite, um ihn fassen zu können, ließ ihn aber gleich wieder los und verzehrte dann von Kraut- und Kohlblättern, wie sonstigen Küchenresten, was er eben vorfand. Ein Hai kann alles brauchen.
    Das aber brachte Leben in die Mannschaft, denn es war die einzige Unterhaltung, die ihnen ja von außenher geboten wurde. Der zweite Steuermann stieg rasch in die Kajüte hinunter, um einen Haken heraufzuholen, der Steward besorgte indessen freigebig ein Stück Speck, und an ein ziemlich starkes Tau geschlagen, das in dem klaren Seewasser ordentlich einen Regenbogenrand bekam, trieb der Haken bald darauf, von dem leichten Speck etwas gehoben, hinter dem Schiff aus, um die Zeit abzuwarten, bis der Hai seine Revision beendet haben und dann das Schiff jedenfalls auch besuchen würde.
    Deutlich konnten sie dabei an der dreieckigen Rückenflosse erkennen, wo er sich befand, wie er bald da-, bald dorthinüber glitt, aber immer langsam, immer faul, denn was er hier im Wasser fand, lief ihm ja nicht fort; es schwamm und trieb so träge umher wie er selber.
    Jetzt wandte er sich gegen das Schiff, das ihm gerade mit dem Bug zugekehrt lag, und deutlich konnten die Leute an Bord erkennen, wie zwei Lotsenfische, kleine gestreifte reizende Dinger, vor ihm herstrichen und nach rechts und links alles genau untersuchten, was etwa auf dem Wasser trieb. Sie kreuzten ihm dabei ein paar Mal dicht vor dem Rachen auf und ab, aber er machte nie auch nur einen Versuch, nach ihnen zu schnappen, so gierig und gefräßig er auch sonst sich zeigt. Ob er wusste, dass sie ihm

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