Das Wunder der Liebe
nur.”
Plötzlich verstand Wren Keegans Verlangen nach Rache.
Diese Bestie dort hatte nicht den Namen Mensch verdient und gehörte für den Rest ihres Lebens hinter Gitter. Und Wrens Zorn war auf einmal stärker als ihr gesunder Menschenverstand.
“Sie sind der letzte Abschaum!” schrie sie ihn an und sah mit Entsetzen, wie die Züge des Mannes fast jeden menschlichen Ausdruck verloren. Heller war irrsinnig. Und sie wusste auf einmal, dass sie jetzt sterben musste. Allein und verängstigt und ohne Keegan gesagt zu haben, wie sehr sie ihn liebte.
Heller hatte wieder zu lachen begonnen, und während er noch einen Schluck Whisky trank, schaute sie sich rasch in der Küche um und suchte nach einem Ausweg. Würde sie es bis zum Herd schaffen, bevor er seinen Revolver gezogen und sie erschossen hatte?
Sie zwang sich zur Ruhe. “Wissen Sie”, begann sie, während tausend Gedanken durch ihren Kopf rasten. “Der Morgen bricht bald an. Der Weihnachtsmorgen.”
“So?” Er schüttelte den Kopf.
“Wenn Sie mich am Weihnachtsmorgen umbringen, werden Sie kaum etwas anders als Kohle in ihrem Strumpf finden.”
Er hielt inne und schaute sie an, als ob sie verrückt geworden wäre. “Du willst mir doch nicht etwa sagen, dass du noch an den Weihnachtsmann glaubst.”
“Nein”, erwiderte sie. “Aber an Wunder.”
“Das ist gut.” Er lachte schrill. “Weil du ein Wunder brauchst, wenn du jetzt noch deine Haut retten willst, Krüppel!”
Krüppel. Das Wort, mit dem Blaine Thomas sie vor langer Zeit zutiefst verletzt hatte, hallte in ihrem Kopf wider.
Sie würde dieser widerlichen Kreatur zeigen, wer hier ein Krüppel war.
Wut vermischte sich mit wilder Entschlossenheit. Sie würde nicht das hilflose Opfer spielen, während der Mann, der sie liebte, allein durch Schnee und Kälte wanderte. Was immer es auch kostete, sie würde erst um ihr Leben und dann um Keegans Liebe kämpfen. Wren biss die Zähne zusammen, sprang auf und rannte zum Herd.
Wie erwartet, überraschte sie Heller mit dieser spontanen Aktion: Er wollte nach ihr greifen, doch er musste feststellen, dass er ja die Hände voll hatte.
Er stieß einen fast tierischen Laut aus, doch Wren drehte sich nicht um, sondern langte nach dem Stiel der gusseisernen Pfanne.
Sie spürte, wie Heller die Hand in ihr Flanellnachthemd krallte und sie zurückriss, aber sie hielt den Stiel der Pfanne bereits in der Hand. Wie ein Tennisspieler, der seine perfekte Rückhand nutzte, schlug sie ihm mit aller Macht auf den Kopf.
Heller stöhnte und taumelte zu Boden.
Wren verschwendete keine Zeit mit Triumphgefühlen. Sie lief zur Tür und wollte sie öffnen. Doch so verzweifelt sie auch daran rüttelte, die Tür ging nicht auf.
Er hat sie abgeriegelt, Wren. Ganz ruhig.
Ihr Finger zitterten, ihr Atem ging stoßweise, als sie den Riegel aufschob. Sie hörte, wie Heller bereits wieder auf die Füße kam, und wusste, dass sie unbedingt loslaufen musste.
Lauf, lauf, lauf, schrie ihre innere Stimme.
Doch bevor sie die Tür aufriss, hörte sie, wie etwas zu Boden fiel. Der Revolver? Sie zuckte zusammen. Was machte Heller?
Etwas wurde hinter ihr verschüttet. Es roch nach Benzin.
“Nein!
Dann ein seltsames Geräusch, wie ein Feuerzeug, das nicht funktionieren wollte.
Sie war vor Angst wie gelähmt.
Wusch!
Panisch schaute sie über ihre Schulter. Flammen tanzten auf dem Küchenfußboden, und eine Spur lief genau auf sie zu.
Connor Heller stand hinter den Flammen, Blut lief an seiner Schläfe herunter, und er grinste bösartig.
Schließlich riss Wren die Tür auf. Sie lief hinaus in die eiskalte Nacht und rutschte auf den vereisten Stufen aus. Hilfe suchend griff sie nach dem Geländer, und ihre Augen weiteten sich vor Entsetzten.
Hellers irrsinniges Lachen hallte durch die Nacht. Wren gewann ihr Gleichgewicht wieder und rannte über den Ho f.
“Du sollst brennen, meine Süße, lichterloh brennen!” rief Heller ihr nach.
Wren wusste, dass sie weiterlaufen sollte, aber sie blieb stehen und starrte zurück. In ihrer Küche loderten die Flammen bereits hoch auf.
11. KAPITEL
In Keegans Brus t stieg ein fast übermächtiges Gefühl auf, dass Wren ihn irgendwie brauchte. Verzweifelt brauchte. Er konnte nicht erklären, woher dieses Gefühl kam, aber er spürte, dass etwas nicht stimmte. Und nach dem seltsamen Gespräch mit Maggie auf dem offenen Feld würde er seine Intuition nie mehr in Frage stellen.
Wrens Haus lag jedoch noch eine halbe Meile entfernt, und er
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