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Das Wunder des Pfirsichgartens: Roman (German Edition)

Das Wunder des Pfirsichgartens: Roman (German Edition)

Titel: Das Wunder des Pfirsichgartens: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Addison Allen
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zufällig gehört, wie Colin diesen Spruch losgelassen hatte – das hatte er den ganzen Tag getan –, und sie fand ihn lustig. Was sie nicht wusste: Colin hatte am Tag zuvor einen Aufsatz über Ogden Nash abgegeben, und so hatte sie unbeabsichtigt mit dem Finger auf ihn gezeigt. Niemand konnte je beweisen, dass Colin den Spruch aufgehängt hatte, und seine Eltern sorgten dafür, dass er nie zur Rechenschaft gezogen wurde. Aber jeder Streich, den Willa bis dahin ausgeheckt hatte, und auch jeder nachfolgende, wurde fortan Colin angelastet. Er erwarb sich den Ruf, der Walls-of-Water-Highschool-Joker zu sein, der Held der Schüler, der Fluch der Lehrer. Erst als Willa drei Wochen vor ihrem Schulabschluss auf frischer Tat ertappt wurde, erkannten alle, dass sie es gewesen war und nicht Colin.
    »Wirst du mich nun reinlassen oder nicht? Die Spannung bringt mich noch um.«
    Seufzend trat sie einen Schritt beiseite. Nachdem er eingetreten war, schloss sie die Tür hinter ihm, dann stellte sie die iPod-Lautsprecher neben ihrem Computer leiser, bevor Springsteen noch aufreizender klang.
    Sie drehte sich um und sah, wie Colin gedankenverloren mit der Hand über ihre superweiche Couch fuhr. Es war wirklich eine Couch, die man einfach berühren musste. Nach fast sieben Jahren war sie Willas erste Neuanschaffung, die seit wenigen Tagen ihr Wohnzimmer zierte. Willa hatte ein schlechtes Gewissen, weil die Couch sündteuer und unpraktisch war. Gleichzeitig jedoch hatte sie sich richtiggehend verliebt in dieses Möbelstück.
    »Niemand hat mir erzählt, dass du wieder hier lebst«, sagte Colin.
    »Warum sollte jemand das tun?«
    Er schüttelte den Kopf, als wüsste er keine Antwort. »Wann bist du denn zurückgekommen?«
    »Als mein Dad starb.«
    Colin fiel ein bisschen in sich zusammen. »Es hat mir leidgetan, das zu erfahren.« Ihr Vater war umgekommen, als er versuchte, jemandem auf der Interstate zu helfen, einen Reifen zu wechseln. Willa stand damals kurz vor ihrem Universitätsabschluss – wenn sie ihr Studium nicht hingeschmissen hätte. Noch etwas, von dem ihr Vater nichts gewusst hatte. »Er war ein großartiger Lehrer. Ich hatte ihn in der elften Klasse in Chemie. Einmal hat er die Schüler aus seinem Leistungskurs zu sich zum Abendessen eingeladen.«
    »Ja, ich erinnere mich daran.« Sie hatte diese Abendessen gehasst, weil ihre Schulkameraden dann sahen, wie sie lebte. Sie hatte sich immer in ihrem Zimmer versteckt und so getan, als wäre sie krank. Das Haus war zwar völlig in Ordnung, aber eben alt und klein und nicht zu vergleichen mit den Villen, in denen mindestens die Hälfte ihrer Mitschüler wohnte.
    »Ich habe im Lauf der Zeit viel an dich gedacht. Daran, was du wohl so treibst und welchen Unfug du gerade anstellst.« Er machte eine kleine Pause. »Ich hatte keine Ahnung, dass du die ganze Zeit hier warst.«
    Sie starrte ihn wortlos an und fragte sich, welche Rolle das spielte.
    Er durchquerte noch einmal das Wohnzimmer und schaute sich um. Unentschlossen, was er als Nächstes tun sollte, sank er schließlich mit einem müden Seufzer auf die Couch. Er fuhr sich mit den Fingern durch die dunklen Haare. Seine Hände wirkten groß. Er war ein großer Mann mit einer starken Präsenz. Das war in der Highschool gar nicht so aufgefallen. Sein Leben außerhalb von Walls of Water hatte ihn verändert, ihm Selbstvertrauen und eine gewisse Unabhängigkeit verliehen, die er vorher nicht besessen hatte. »Nun, was treibst du jetzt so, Willa Jackson?«
    »Ich habe einen Outdoor-Laden auf der National Street.« Also bitte – das klang doch verantwortungsbewusst, oder? Normal und praktisch.
    »Und was machst du zum Spaß?«
    Sie bedachte ihn mit einem schrägen Blick. Was für eine Frage war das denn? »Die Wäsche«, antwortete sie trocken.
    »Bist du verheiratet? Hast du Kinder?«, wollte er wissen.
    »Nein.«
    »Also keine Nachkommen, denen du beibringen kannst, den Rasen vor der Highschool mit Klopapier und die Lehrerautos mit Erdnussbutter zu verzieren? Niemand, dem du zeigen kannst, wie man anrüchige Zitate ans Vordach der Schule hängt oder Dinge in den Schließfächern der gesamten Abschlussklasse vertauscht?« Er lachte. »Das war ein Klassiker. Dafür hast du bestimmt die ganze Nacht gebraucht.«
    Er klang, als würde er sich gern daran erinnern. Sie hatte seit etlichen Jahren nicht mehr an ihre Streiche gedacht. Und sie hatte auch nie an Colin gedacht. Jetzt fiel ihr plötzlich sein Gesichtsausdruck ein, als

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