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Das Wunder von Bajkonur

Das Wunder von Bajkonur

Titel: Das Wunder von Bajkonur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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der Gesundheit diene. Am Umsatz der Klöße war Bisti natürlich mit 20 % beteiligt.
    Das alles traf Butejew nun an. Er faltete erschüttert die Hände, und tiefe Furchen gruben sich in sein gealtertes Gesicht.
    »Wir sind verloren, Genosse Lehrer«, sagte er rostig. »Das hält keiner mehr auf.«
    Achlomow hob die Schultern, klemmte sein dickes Buch unter und entstieg dem Amtswagen, der sie hergebracht hatte. Polizist Gubenko, der sie zuerst sah, raste in den Laden und warf beide Hände in die Luft.
    »Der Lehrer ist da!« rief er.
    »Achlomow?« Iwin ließ das Glockenseil los. »Wo?«
    »Draußen! Mit einem Buch unterm Arm!«
    »Jetzt müssen wir ganz ruhig und klug vorgehen, Iwan Michailowitsch«, sagte der Schielende. »Nur keine Panik! David Iwanowitsch ist ein gerissener Hund! Was soll in dem Buch schon stehen? Bestimmt nichts von strahlenden Kugeln … Also ganz ruhig, Genossen?«
    Auch Bisti verzog sein Gesicht, als er von Achlomow hörte. Er beendete die Bestrahlungsserie, trank zwei Wodka und war bereit, gegen etwaige wissenschaftliche Angriffe anzutreten.
    »Die Glocke mag er bezweifeln«, sagte er zu Iwin. »Gegen die Kugel kommt er nicht an …«
    Langsam, mit einem Kopfschütteln, durchquerte Achlomow den Lebensmittelladen und das Hinterzimmer. Er nahm den gleichen Weg wie die Strahlkugel, betrachtete die Glocke, ging durch die Hintertür hinaus in den Garten und blickte in die Richtung, in der das Wunder verschwunden war.
    Auf dem Rückweg staunte er über das angefangene Gemälde von Jakowlew.
    »So sah die Kugel aus?« fragte er.
    »Genau so und nicht anders!« antwortete Rachim Victorowitsch stolz. »Ein Malerauge ist unbestechlich.«
    »Du bist ein guter Maler!« Achlomow klopfte Jakowlew auf die Schulter. »Sie konnte gar nicht anders aussehen.« Er setzte sich auf einen Hocker neben Weronikas Fleischklöße, nahm einen vom Holztablett, aß ihn und putzte sich den Mund mit dem Handrücken ab. »Es ist doch wahr: An dem Tag des Wunders lag ein Gewitter über der Steppe?«
    »Ein Mistwetter!« rief Butejew. »Ganz krank machte es! Der Himmel wie Blei, aber kein Tröpfchen Regen! Genauso wie an dem Tag, an dem Sie wegfuhren, Genosse Lehrer. Ein Wetter, das die Nerven zersägt. Jeder hätte jeden umbringen können …«
    »Eine Luft voller Elektrizität.« Achlomow überlegte, ob er einen zweiten Fleischkloß essen sollte. Weronika Alexandrowna kochte vorzüglich und würzte scharf. »Der Genosse Elektriker Bassow lachte mich aus … man kann es ihm nicht übel nehmen. Was weiß er vom Kosmos?!«
    »Ha! Also doch der Kosmos!« schrie Bisti begeistert. »Ich bin rehabilitiert!«
    »Die elektrische Entladung zwischen zwei entgegengesetzt geladenen Wolken oder zwischen einer Wolke und der Erdoberfläche nennt man Blitz.« Achlomow legte das dicke Buch auf seine Knie, aber er schlug es nicht auf. Iwin schielte ihn schauerlich an, Bisti öffnete den Hemdkragen, weil ihm warm wurde, Butejew blickte an die Decke. Jetzt redet er vom Blitzen, dachte er. Stundenlang. Man kennt das ja! O weh, wenn Achlomow, der Lehrer, doziert! Eins merkt man schon: Das Wunder kann auch er nicht erklären.
    »Es gibt da verschiedene Formen des Blitzes«, fuhr Achlomow fort. »Da ist der wie ein Flußdelta verästelte Linienblitz – den kennen wir alle. Und dann gibt es noch den Perlschnurblitz, der eben aussieht wie eine Perlschnur. Die Spannung des elektrischen Feldes zwischen den Wolken kann 1.000 Volt pro Zentimeter erreichen, und wenn so ein Linienblitz herunterzuckt, in einer Sekunde, und mit einer Geschwindigkeit von 1.000 Kilometern in der Sekunde, dann kann er eine Spitzenstromstärke von 100.000 Ampère haben und eine elektrische Spannung von fast 30 Millionen Volt!«
    »Wir danken Ihnen, Genosse Lehrer«, sagte Butejew steif, als Achlomow Atem holte. »Das war alles? Blitze sind uns bekannt. Sind schon genug Scheunen durch sie abgebrannt.«
    »Ihr kennt die Blitze nicht!« Achlomow drückte seinen Daumen in das dicke Buch, aber noch schlug er es nicht auf. »Es kommt vor, daß sich durch besondere atmosphärische Bedingungen die ungeheure Elektrizität komprimiert, also zusammenzieht, und daß bisher unsichtbare Kraftfelder zu Materie werden, sichtbar, darstellbar … mit genauen Erklärungen ist man noch nicht so weit. Aber es gibt diese elektrischen Phänomene! Man nennt sie – ihrer Form wegen – Kugelblitz.«
    »Haha!« brüllte Bisti auf. Er war hochrot im Gesicht und bebte am ganzen Leib. »Auch eine Deutung

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