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Das Wunder von Grauenfels (German Edition)

Das Wunder von Grauenfels (German Edition)

Titel: Das Wunder von Grauenfels (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Viktoria Benjamin
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Werbeideen und deren Umsetzung ging. Die Freundinnen arbeiteten seit Jahren zusammen, bewarben Nordseeinseln, Tennisschläger und Deckhengste und machten einen guten Umsatz für sich und ihren Chef Thomas Carsten. Gemeinsam mit dem zweitbesten Team, Wolf und Tanja, hatte Carsten sie diesmal in sein Büro gebeten.
    »Eine neue Kampagne für einen ganz großen Kunden«, verkündete er geheimnisvoll und tätschelte beim Eintreten zunächst Berits, dann Tanjas Hinterteil. Nur Gina konnte ihm rechtzeitig entweichen. Die Frauen warfen einander angewiderte Blicke zu. Carsten war unerträglich. Und wie immer hatte er vor, die beiden Teams bei der Auftragsvergabe gegeneinander auszuspielen. BeGin und WoTan , wie die vier sich scherzhaft nannten, kannten das freilich längst. Für gewöhnlicheinigten sie sich am Abend friedlich in ihrer Stammkneipe darüber, wer den Auftrag haben wollte. Das andere Team gab dann meist nur flüchtig hingeschluderte Entwürfe ab.
    Carsten platzierte seine Mitarbeiter um einen chromglänzenden Konferenztisch. Gina verursachte bereits der bloße Anblick der Stühle, die um den Tisch standen, Rückenschmerzen, und der Feng-Shui-Glücksdrache litt angesichts der eiskalten Bodenfliesen vermutlich an permanenter Blasenentzündung. Andererseits sicherte die Einrichtung kurze Konferenzzeiten. Fehlende Alltagstauglichkeit konnte man dem Design folglich nicht vorwerfen.
    Wohlgefällig ließ Carsten die Blicke über die Versammlung schweifen und blieb schließlich an Tanjas stattlicher Oberweite hängen.
    »Es kommt diesmal darauf an, unsere Kunden buchstäblich zu elektrisieren«, eröffnete er die Sitzung. »Es geht um Energie, den Strom des Lebens …«
    Berit unterdrückte ein Gähnen. Carstens weitschweifige Erörterungen machten die Texterin stets müde. Ihr Talent bestand darin, eine Sache schnell auf den Punkt zu bringen. Schwafeleien schläferten sie ein. Allerdings verfiel sie dann nur in eine Art Stand-by-Modus. Sobald Carsten konkret wurde, tauchte sie überraschend schnell wieder auf, und die Ideen sprudelten nur so aus ihr heraus.
    Diesmal ging jedoch zunächst Gina hoch, als Carsten endlich die Identität des wichtigen neuen Kunden enthüllte. Der Auftrag entpuppte sich als Imagekampagne für Atomstrom.
    »Herr Carsten, ich unterstütze Greenpeace!«, brach es aus Gina heraus. »Ich kann nicht ernstlich für Atomstrom werben!«
    Carsten sah unwillig auf. »Also ich bitte Sie: Was Sie in Ihrer Freizeit tun, geht uns nun wirklich nichts an! Wir machen in Werbung, nicht in Weltanschauung!«
    Während Gina noch überlegte, was sie darauf antwortensollte, erwachte Berit aus ihrer kreativen Starre. Mit sanftem Grinsen und unschuldigem Augenaufschlag schob sie den ersten Slogan heraus. » Atomkraft ist Liebe! Nichts brennt so heiß wie der Super-GAU «, sagte sie spitz.
    Tanja und Gina kicherten hysterisch.
    Carsten dagegen bekam leuchtende Augen.
    »Spitze! Atomkraft ist Liebe – das trifft ins Herz. Schreibt das auf, Mädchen. Das passt! Dazu noch die richtige Illu, und die Sache ist im Kasten!« Der kleine Mann schien nahe daran, einen Indianertanz aufzuführen. Außerdem machte er Anstalten, Berit dafür abzuküssen. Sie wich entsetzt zurück.
    »So mag ich das, Kinder! Kurz, knapp, kreativ, das ist Carsten & Company!«
    Es war gänzlich unmöglich, Thomas Carsten den ironischen Charakter von Berits Äußerung nahe zu bringen. Er wollte den Entwurf unbedingt realisieren, allen Einwänden zum Trotz. Schließlich drohten Berit und Gina mit Kündigung, aber die Entscheidung, Millionenetat oder Berit und Gina, war natürlich zugunsten des Geldes ausgefallen. Seitdem gab es die Agentur BeGin. Mit leeren Auftragsbüchern und schwindendem Bankguthaben.
    »Ich hab’s noch keine Sekunde bereut«, tröstete Gina die Freundin. »Im Gegenteil. Ich wollte mich schon immer in der Moorhuhnjagd vervollkommnen. Außerdem hatte ich noch nie so gepflegte Fingernägel, noch nie einen so aufgeräumten Schreibtisch … Mal ganz abgesehen davon, dass mir keiner mehr unvermittelt in den Hintern kneift. Ehrlich, das hier ist das, was ich mir immer erträumt habe. Und wenn uns demnächst noch die Feng-Shui-Tante berät und die Schwingungen besser werden …« Während Gina all diese Vorteile aufzählte und sich langsam wieder ein Lächeln auf Berits Gesicht stahl, klingelte plötzlich das Telefon. Wie elektrisiert fuhren die beiden hoch.
    »Ich Vorzimmer, du Chef«, wisperte Berit und griff zumHörer. Als sie ihn

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