Das wunderbarliche Vogel-Nest
welchen mich weder der Geist / noch Weltlichen Freunde Zusprechen nicht bringen mögen.
Nach diesem bedachte ich was ich thun: und wie ich meine Händel anstellen wolte / damit ich wieder recht grün würde / und in solchen Gedancken wurde ich gewahr / wie untüchtig mein bißhero gehabtes Anligen mich zu allen Geschäfften / so die prosperi tät erfordert / gemacht / und was ich seyter demselben verabsaumt hatte / derohalben setzt ich mir vor / hinfürder anders zu hausen / und alles wieder doppelt einzubringen / was ich bißher verliederlicht / gieng auch in solchen Gedancken eben so frölich wieder auß dem Garten / als bekümmert und zerschlagen ich zuvor hinein gangen war / umb so balden nach Hauß zu gehen / zu dem Meinigen zu sehen / und an dem / was ich mir vorgesetzt / einen guten Anfang zu machen.
Aber! aber! wie eytel und nichtig / wie lär / mangelhafftig und hinflüchtig macht unsere Unbeständigkeit die einmal richtig verabfaßte Concepta und Anschläg / sie ists / die gemeiniglich verursacht / daß wir die in unserm gantzen Leben verlangte Güter / nach denen wir in allem unsern Handel und Wandel gestrebet / nicht allein hie zeitlich vielmals nicht erlangen / sondern auch das Ewige / ob wir gleich zum öfftern in die Händ gespyen / und die Axt dapffer angesetzt / den Sündenbaum in uns außzureuten / ach! das Ewige verlieren.
Lieber / was wolte aber mein Vorsatz vor einen Bestand gehabt haben / und mir vor gute Früchten zubringen können? der nie auff Widergewinnung Gelts und Guts / mit nichten aber auß Liebe zu Gott auff Besserung meines Lebens gegründet war? Doch kan ich eines theils der Unbeständigkeit Lob auch nicht verhalten / als welche offt auß betrübten fröliche Leut macht / welches ich damahl an mir selbst erfahren / als ich gleichsam wie verzweifelt in den Garten gieng / hingegen aber / vermittelst ihrer gegenwärtigen würckung wieder wolgemuth herauß kam / geschweige / daß sie gleichsam als eine Göttliche Krafft und Tugend offtmals auch auß armen Verachten: Reiche und ansehenliche Leut macht / die Niderige erhöhet / und die Hoffärtige stürtzet.
Jch kan aber nicht eygentlich sagen / ob sie mir vor dißmal mit ihrer Veränderung schädlich oder nutzlich gewesen / dann siehe / so bald ich zu der Garten-Thür herauß getretten / fande ich einen Stein deß Anstosses: dann mir / weiß nicht was vor ein Geist in Weg gesetzt / daran sich mein damahliger obenerzehlter Vorsatz wieder zertrümmerte / nemlich ein altes / magers / buckelts Männel / mit kleinen Augen / einem kleinen spitzigen eingebogenen Näßlein / grossen schwartzgrauen Bart / bleich von Farb / und zimlich abgeschaben bekleidet / das sahe mich so trauff / barmhertzig und mitleidenlich an / daß ich ihm ohnschwer in seinem Angesicht ablesen konte / daß seine Person etwas besonders / und noch darzu deß Willens seyn müste / mit mir auch von etwas importir lichem zu reden / derohalben konte ich nicht vorbey gehen / ohne ihm mit einem freundlichen Gruß zuzusprechen.
Was ich mir eingebildet / das wars auch / und zwar noch wol ein mehrers / als ich von ihm gedencken mögen; dann nach gar weniger Wortwexlung (wie dann bald ein Wort das ander gibt) sagte er mir nicht allein den Verlust den ich erlitten / sondern er wuste auch / wie viel die Leyrerin darvon verworffen / und dem Beckenknecht spend irt hatte: und das specificir te er so nett / als wann er mich selbst bestolen / und so wol die verlorne Müntzsorten / als auch meine deßwegen in die Lufft geschickte Seufftzen gezehlt hätte.
Diß! diß gedachte ich / ist ein Mann vor dich: als ich vor Verwunderung über seiner Erzehlung gleichsam erstaunete! Jch gedachte / weistu diß? so weistu mehr: fragte ihn derowegen / obs nicht müglich wäre / daß ich wiederumb zu dem meinigen gelangen könte? Freylich / antwortet er / kans wol seyn / so fern mir der Herr anders vertrauen und folgen will / doch mit dieser Bescheidenheit / wann seyther die Diebin ihne bestohlen / noch kein Mensch den noch vorhandenen Rest deß verlornen Gelts gesehen / welches auff anderthalbe Stund Spanier-Wegs weit von hinnen im Wald verborgen lege / und wann ich wolte / sey er bereit mit mir dorthin zu gehen / umb denselben einzuholen / weilen ohne das anjetzo die bestimbte Zeit vorhanden wäre / desselben habhafft zu werden / welche in bälde verstreichen / und künfftig nimmermehr so bequem fallen würde / daß man auch nur den geringsten Heller darvon erheben könte.
Wer war fröher als ich?
Weitere Kostenlose Bücher