Das wunderbarliche Vogel-Nest
Hexenmeister ungefragt; aber alles vergeblich: da wolte kein zusprechen der Verwandten bey mir hafften / kein Trost der Geistlichen mehr helffen / noch ihr ernstliche Vermahn / und Abwarnungen etwas verfangen; Nichts bessers konte ich als seufftzen; und was mich noch am allermeisten schmirzte / war diß / daß sich Leute fanden / welche ich doch mein Tage nicht beleidigt / sondern ihnen vielmehr alles guts erwiesen / die sich meines Unglücks freuten / und daß sie mich so nidergeschlagen und gedemütigt herein gehen sahen; dann ich wurde am Leib mager / am Verstand untüchtig und stumpff / von Kräfften schwach / von Farb bleich / von Humeur melanchol isch / und mit einem Wort / allerdings so elend / wie die erst obengedachte Unglückselig-Verliebte zu seyn pflegen.
Ach! ich grosser Narr! was hab ich doch nur gedacht? Jch hatte ja noch wol so viel im Vermögen / wanns gleich kein baar Gelt / noch so viel Gold und Silber war / als ich verlohren / benebens noch darzu bey jederman einen guten Credit ; geschweige meiner ansehenlichen Freundschafft / die mich nicht verlassen; so / daß ich mich besser als noch viel nicht können / nicht allein mit Ehren ausbringen / sonder auch widerumb ein stattliches erringen und gewinnen mögen; Aber was halffs? Meine Thorheit muste auffs höchste kommen / damit ich ja mit Schmertzen erführe / was mir die Leut ohne das ansahen / nemlich / daß ich wider alle Vernunfft und Billichkeit das Gelt mehr als Gott geliebt.
CAP. II.
Abbildung deß Zauberers.
MJtten in diesem meinem Jammer und elenden Zustand spatzirte ich vor Unmuth / und in der allerhöchsten Traurigkeit / als die Zeit eben gegen dem Ende deß Augusti zulieff / in meinen grossen Garten / den ich zu nächst vorm Thor an der Statt ligen hatte; und wann einer / der mich also hinwandern sehen / auch damahls meine grosse Hertzens-Betrübnus so wol schauen und betrachten können / als die äusserliche Gestalt / die mit der innerlichen Beschaffenheit gemeiniglich überein zu stimmen pflegt / so hätte er ohne Zweiffel geschlossen / ich wäre auff dem Weg begriffen gewesen / auff Chinesische Gattung mich irgends an einen Baum zu knüpffen: aber es gieng GOtt Lob viel besser ab; dann diß war derselbige Ort / da ich meinen ersten Trost empfieng / den ich auß meiner eygenen Vernunfft / vermittelst Göttlicher Gnaden schöpffte / als ich nemlich betrachtet / was massen die Königs-Cronen / Tulipanen / Narcissen / Hyacinten / und andere Blumen-Zwiblen ihrer schönen Zierde gäntzlich beraubt waren / die deßwegen aber drumb nicht gar verdorben / sondern in versicherter Hoffnung gantz frisch im Erdreich lagen / auff den künfftigen Frühling mit ihrer gewöhnlichen Tracht wiederumb auff das neue prächtig zu prangen: du Narr / sagte ich damahls zu mir selbst / wann du keine Vernunfft hast / wie ein verständiger Mensch haben soll / und wann dirs an Weisheit und Wissenschafft mangelt / so lerne doch hier an diesen stummen Gewächsen / wer weiß / wie dich Gott wiederumb zu segnen beschlossen? als der dir noch kein Glück versagt hat / hastu doch noch den Samen / das ist / die Mittel und Gelegenheit / gleich wie diese Blumen-Zwiebeln die Art ihres Wachsthumbs in Händen / grössere Reichthumb und Schätze zu pflantzen und einzuerndten / als du verloren: kurtz gesagt / mein Trost / Hoffnung und guter Vorsatz wurde gehling so mächtig / gewaltig und groß / daß ich mir einbildete / ich wäre jetzt erst auß einem Blinden zu einem Gesehenden / auß einem Cyclops zu einem Argo worden / derowegen schalte ich mich selbst / umb daß ich wegen meines Verlusts so närrisch gethan / mir selbst das Leben bey nahe mehr als halber abgefrettet / und was das aller-abscheulichste ist / wider das außtrückliche Gebot Gottes / und frommer Christen Gebühr / mich bey den Siebträhern / Schatzgräbern und Teuffelsbannern umb Hülff und Rath beworben hätte; Ja / ich setzte mir schon vor / wie ich solch Ubersehen büssen / und wann ich einmal wieder reich würde / mich bessern wolte: Jn Summa Summarum / ich geriethe plötzlich in einen solchen vermögten Stand / als ich in einem halben Jahr nicht gewesen / und in einen solchen die Tag meines Lebens wieder einsmals zu kommen / mir vor ein paar Stunden nicht einbilden dörffen: und damahl prießte ich die Zeit glückselig / in deren ich etwan vor ein einzige Blumen-Zwiebel ein dutzet Thaler verspendirt / als welche mich jetzunder in meiner höchsten Trübsal auff einen Weg zu tretten veranlaßt / auff
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