Das Zauberer Handbuch
hinreichend in die Handlung eingebettet sind.
Der klassische Held ist eine sehr zielstrebig agierende, geradlinig ausgerichtete Figur – interessanter (und im Hinblick auf unsere doch recht komplizierte moderne Welt auch zeitgemäßer) wird es, wenn wir unserem Helden auch dunkle Seiten geben oder ihn mit charakterlicher Ambivalenz ausstatten, sodass er sich z.B. zwischen Licht und Finsternis hin- und hergerissen fühlt. Helden mit Eigenschaften anderer Archetypen wie z.B. des Formwandlers oder des Tricksers auszustatten, ist völlig legitim – Balbok und Rammar beispielsweise sind unverkennbar Trickser, während die klassische Heldenrolle (und damit auch die Identifikation des Lesers) von dem Menschen Corwyn und der Elfin Alannah übernommen wird.
Der Lehrer
Kein Artus ohne Merlin, kein Frodo ohne Gandalf: Die Figur des Lehrers ist eine feste Größe in der Fantasy. Anders als der Helfer oder Gefährte tritt er meist früh in der Geschichte auf und hat, das ist seine prägendste Eigenschaft, dem Helden (oftmals geheimes) Wissen voraus, das er an ihn weitergibt. Dadurch ist es häufig auch der Lehrer, der dem Helden die Motivation liefert, zu seinem großen Abenteuer aufzubrechen. Oft stattet der Lehrer den Helden dazu mit den nötigen Mitteln aus, um den bevorstehenden Gefahren zu trotzen – viele Geschichten wissen an dieser Stelle von Zauberschwertern und anderen Wunderwaffen zu berichten.
Die häufigste Inkarnation dieses Figurentyps ist in der Fantasy sicherlich der alte Zauberer, bisweilen auch, wie etwa in ERAGON, der altgediente Krieger oder andere, oft uralte Wesen – in meiner Kinderbuchserie PIRATTEN! habe ich eine Schildkröte zum Lehrer und Mentor des kleinen Mäusehelden Marty Flynn gemacht. Fortgeschrittenes Alter spielt meist eine Rolle, da es nach allgemeinem Verständnis mit Weisheit und Wissen gleichgesetzt wird, aber es gibt durchaus auch Beispiele für junge Lehrer wie die Figur des Tonda in Ottfried Preusslers KRABAT. Auch können streckenweise andere Figuren die Aufgaben des Lehrers übernehmen – die zentrale Eigenschaft dieses Typus ist, dass sich durch seinen Beitrag auch der Held der Geschichte verändert und eine reifere Bewusstseinsebene erlangt. Christopher Vogler spricht in diesem Zusammenhang von einer »Katalysator«-Funktion, die Veränderungen bei anderen Figuren, aber nicht bei der handelnden Figur selbst hervorruft: Wenn die junge Gildeschülerin Kalliope im ersten Band der SPLITTERWELTEN das Luftschiff verlässt, ist sie eine andere Person als noch zu Beginn ihrer schicksalhaften Reise – dank dem Zutun ihrer Meisterin Cedara.
Häufig scheiden Lehrer an einem bestimmten Punkt aus dem Handlungsgeschehen aus – sei es, dass der Held ihre Wirkungsstätte verlässt wie der junge Siegfried die Höhle des Zwergs Mime, oder dass der Lehrer sein Leben lässt, wobei er sich nicht selten für seinen Schüler opfert, man denke nur an Ben Kenobis Tod im Kampf gegen Darth Vader. Ab diesem Punkt ist der Held dann auf sich gestellt und muss zeigen, was er gelernt hat bzw. sich im Zuge der ihm bevorstehenden Aufgaben des in ihn gesetzten Vertrauens würdig erweisen.
Der Helfer
Im Zuge seiner Prüfungen wird der Held vielen Figuren begegnen, von denen sich einige als seinen Zielen hinderlich, andere als förderlich herausstellen werden. Der klassischste dieser Helfertypen, die sich dem Helden nach einiger Zeit zugesellen, ist sicherlich der Gefährte, im Superhelden-Genre auch Sidekick genannt – von ihm erhält der Held bedingungslose Unterstützung, ihm gegenüber darf er sich auch in seinen Schwächen offenbaren. Robin Hood hat diesen treuen Freund in Little John, Batman in Robin, Frodo in seinem treuen Diener Samweis. Der Gefährte verfügt gewöhnlich über einen geringeren Kenntnisstand als der Held, sodass dieser ihm gegenüber zumindest zeitweise auch zum Lehrer werden kann.
So wie das Alter für Wissen und Weisheit steht, versinnbildlicht Jugend oftmals die relative Unerfahrenheit des Gefährten, sodass wir es oft mit jugendlichen Sidekicks zu tun haben, die zudem den Vorteil haben, dass sie jungen Lesern den Zugang zur Welt des Helden und zur Identifikation mit ihm erleichtern. Aus diesem Grund wurden sowohl in den Comics als auch in den amerikanischen Kinoserials der 30er- und 40er-Jahre (für die ich eine ehrliche Leidenschaft hege) die Helden oftmals mit jugendlichen Begleitern bedacht – Flash Gordon, Buck Rogers, Captain America und Jungle Jim hatten
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