Das Zaubergift
Ich lasse mir eine von ihr geben, während wir nach oben gehen.
»Du solltest lieber aufpassen, dass Gurdh dich nicht dabei erwischt, wie du sein Thazis stiehlst.«
»Er sollte mich lieber besser bezahlen. Warum willst du eigentlich den Delfinen nicht helfen?«
»Den Delfinen helfen? Du meinst, ich soll für Dandelion arbeiten? Du machst wohl Witze. Ich bin Detektiv und arbeite gerade an einem Mordfall. Deshalb habe ich keine Zeit, im Auftrag einer sozialen Randfigur mit Blumen im Haar herumzulatschen und ein paar angeblich sprechenden Delfinen zu lauschen, die irgendwas über ihren verschwundenen Heilstein keckem. Die Frau hat sie doch offensichtlich nicht mehr alle!«
Makri lacht. »Ich mochte sie.«
»Das liegt daran, dass du immer genau die Leute magst, die mich in Wallung bringen.«
»Zum Beispiel?«
»Zum Beispiel Marihana, die Meuchelmörderin. Die Frau hat mich fast umgebracht, und jetzt gehst du mit ihr auf irgendwelche Kränzchen.«
Damit lege ich den Finger auf die Quelle einer leichten Trübung im Verhältnis zwischen Makri und mir. Makri engagiert sich für die Vereinigung der Frauenzimmer. Diese Gruppierung hat es sich auf die Fahnen geschrieben, die Rechte der Frauen in Turai zu stärken. Die, das muss auch ich zugeben, in der Tat ein wenig eingeschränkt sind. Zum einen können Frauen nicht Mitglieder in Innungen, Zünften oder Gilden werden. Bis auf einige wenige hoch spezialisierte Ausnahmen, wie zum Beispiel in der Zaubererinnung oder in der Genossenschaft der Meuchelmörder. Außerdem können sie auch nicht dem Ehrenwerten Verein der Kaufmannschaft beitreten. Das legt ihnen einen mächtigen Felsbrocken in den Weg, was ihre beruflichen Möglichkeiten angeht. Sie haben auch kein Stimmrecht und dürfen nicht im Senat sitzen. Zudem ist ihnen der Zutritt in die luxuriöseren Badehäuser und Ertüchtigungsstätten der Oberstadt nicht gestattet. All diese Probleme haben mir, wie ich ebenfalls zugeben muss, so lange keine schlaflosen Nächte bereitet, bis Makri sich bei den Frauenzimmern engagierte und anfing, ständig deswegen zu nerven.
Trotzdem empfinde ich so etwas wie wohlwollendes Verständnis für ihre Ansicht und ihr Engagement. Schließlich kostet mich das nichts. Solange ich einen oder zwei Gurans besteuere, wenn Makri mit dem Klingelbeutel umgeht, lässt sie mich ungeschoren. Aber der Zulauf zur Vereinigung der Frauenzimmer ist, wie ich kürzlich zu meinem Leidwesen feststellen musste, Besorgnis erregend angewachsen. Es würde die Einwohner von Turai sicherlich ziemlich überraschen, wenn sie erführen, dass sich unter dem Dach dieses Vereins nicht nur solch »staatstragende« Damen wie Marzipixa, die Bäckerin, und Homöopixa, die Kräuterheilerin, tummeln. Diese Gruppierung genießt zudem die wenn auch verdeckte Unterstützung von Prinzessin Du-Lackai, der Nummer drei in der Thronfolge. Der König wäre wohl kaum amüsiert, wenn er das herausfände. Und die Wahre Kirche schon gar nicht. Für den Klerus ist die Vereinigung der Frauenzimmer nichts als Gotteslästerung.
Lisutaris, die Herrin des Himmels, eine sehr mächtige Zauberin – vorausgesetzt, man stöpselt sie kurz von ihrer Wasserpfeife ab –, ist ebenfalls eine Förderin der Frauenzimmer. Und am merkwürdigsten ist, dass Marihana, ebenfalls eine Nummer drei, allerdings in der Hierarchie der Meuchelmördergenossenschaft, auch mit von der Partie ist. Der Gedanke, dass Makri an konspirativen Treffen mit all diesen Leuten teilnimmt, lässt mich befürchten, dass möglicherweise einige Bürger dieser Stadt, die eigentlich nichts von meinen Geschäften wissen sollten, doch über Umwege ein paar Dinge in Erfahrung bringen, die sie überhaupt nichts angehen. Natürlich würde Makri niemals wissentlich meine Geheimnisse verraten, aber sie ist erst seit etwas über einem Jahr in Turai und noch relativ unverdorben durch die Mechanismen der Zivilisation. Sie lässt sich manchmal auf dem Markt übers Ohr hauen. Und sie findet es nach wie vor umständlich, Besteck zu benutzen. Außerdem kann ich sie immer noch anlügen. Und komme damit vor allem durch.
Makri geht in ihr Zimmer, um zu lernen.
Ich gehe in meins.
Um zu schlafen.
4. KAPITEL
Am nächsten Tag wache ich so früh auf, dass ich beinahe am Morgengebet teilnehmen muss. Das ist mir schon seit Jahren nicht mehr passiert. Trotz meines Frühstarts endet der Morgen in völliger Frustration. Ich nehme eine Mietdroschke zum Gefängnis, aber ich werde immer noch nicht zu Gesox
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