Das Zaubergift
überall das Hämmern und Sägen der Bauarbeiter. Kurz gesagt: Es ist alles andere als einfach, sich in Trance zu versetzen. Ich gebe mein Bestes.
Vor mir steht ein Becken mit der kostbaren schwarzen Brühe. Der einzige Händler, der sie aus dem Weiten Westen importiert, behauptet, es handle sich dabei um Drachenblut. Das stimmt nicht. Drachenblut habe ich mehr als genug gesehen. Aber das benutzt der Kerl als triftigen Grund für den lächerlich überhöhten Preis, den er fordert. Woher die Brühe auch stammt, sie vermag es, auf den suchenden Verstand eines erfahrenen Zauberers zu reagieren. Und sogar auf meinen, obwohl ich kaum ein echter Magier bin.
Ich habe die Vorhänge zugezogen, und das einzige Licht in meinem Zimmer stammt von einer großen roten Kerze. Die glänzende schwarze Flüssigkeit schimmert in ihrem sanften Schein. Ich konzentriere mich auf die Flamme und denke an Rodinaax’ Frau und ihren möglichen Aufenthaltsort.
Eine Weile passiert gar nichts. Das dauert so lange, dass man schon glauben könnte, es wird auch nichts mehr passieren. Ich verharre in meiner Trance. Die Zeit verstreicht. Es wird immer kälter, und ich höre den Lärm von draußen nicht mehr. Schließlich formt sich ein Bildnis: Ein Haus, ein großes Haus, eine weiße Villa auf einem bewaldeten Hügel.
Ich strenge mich an, weil ich mehr sehen will, doch da wird meine Konzentration durch ein beinah unmerklich nagendes Unbehagen gestört. Ich weiß nicht, was es ist, und ignoriere es zunächst. Aber es geht nicht weg. Ich versuche mich weiter auf das Bild zu konzentrieren, doch es verblasst bereits. Tief in Trance bemerke ich, dass noch jemand in meinem Zimmer ist. Angst durchzuckt mich wie ein Pfeil, die schreckliche Furcht, hilflos einem Feind ausgesetzt zu sein. Mit einem angsterfüllten Schrei tauche ich aus der Trance auf, springe verwirrt und desorientiert auf die Füße und drehe mich wie verrückt im Kreis. Wer ist da? Mein Blick verschwimmt einen Moment, bevor er sich auf zwei Gestalten fokussiert, die sich kaum einen Meter von der Stelle entfernt befinden, an der ich gekniet habe. Der eine durchwühlt gerade die Papiere auf meinem Schreibtisch, während der andere offenbar Schmiere steht. Sie tragen beide rote Roben. Und haben beide ihre Schädel kahl geschoren. Einbrecher-Mönche?
»Wer zum Teufel seid ihr?«, brülle ich sie an.
Sie wenden sich um und flüchten zur Tür. Ich springe hinter ihnen her, packe die Schultern desjenigen, der mir am nächsten steht, und wirble ihn herum.
»Was ist hier los?«
Er weicht zurück. Da ich immer noch unter den Nachwirkungen dieser plötzlichen Unterbrechung meiner Trance leide, habe ich noch weniger Geduld als sonst. Ich schicke meine berüchtigte Gerade auf den Weg, die den Mönch eigentlich durch die Wand schmettern sollte. Aber er blockt den Schlag ab. Ich bin überrascht und starte einen neuen Versuch. Er wehrt ihn erneut ab, und zwar beinah automatisch, ohne sichtbare Mühe. Als ich einen dritten mächtigen Hieb gegen sein Gesicht loslasse, berührt das Mönchlein kurz meinen Arm, und ich stehe plötzlich dumm da und starre in die andere Richtung. Wie zum Teufel hat er das fertig gekriegt? Im nächsten Moment bekomme ich einen Schlag zwischen die Schulterblätter. Ich segle durch den Raum, lande an der Wand und schlage schwer auf dem Boden auf.
Makri stürmt herein. Ich liege verwirrt und benommen auf dem Boden. Sie läuft rasch zur Außentür, aber anscheinend ist niemand mehr zu sehen. Die beiden Angreifer sind ebenso geheimnisvoll verschwunden, wie sie aufgetaucht sind.
»Wer war das denn?«, erkundigt sich Makri, während sie mir auf die Füße hilft.
»Nur zwei Kampfmönche, die sich ein bisschen in der großen Stadt amüsieren wollten«, keuche ich und sinke auf die Couch. Die Suche im Kuriya hat mich ohnehin schon erschöpft. Und sich dann auch noch mit zwei Kampfmönchen herumbalgen zu müssen ist einfach zu viel.
»Was sind Kampfmönche?«
»Mönche, die auch Kämpfer sind. Sie verbringen ihr halbes Leben mit Gebeten und Meditation, und in der anderen Hälfte lernen sie, wie man kämpft. Entschuldige mich, Makri, ich muss mich hinlegen.«
Mir schwimmt alles vor den Augen. Der Schlag hat mich fertig gemacht. Ich bleibe liegen, bis ich wieder sehen kann. Makri bringt mir ein Bier, und ich kehre allmählich in die wirkliche Welt zurück.
»Verdammt sollen sie sein! Dabei habe ich gerade ein Bild heraufbeschwören können, als sie hereingekommen sind.«
Ich
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