Das Zaubergift
während der Arbeit diesen Mini-Kettendress. Das ist zwar ziemlich anstößig, denke ich, aber da Makri alle Männer in Zwölf Seen für Abschaum hält, bekümmert sie das letztendlich nicht. Allerdings ist sie wegen der Überbelegung ihres Zimmers langsam ein wenig bekümmert.
»Wirf doch Dandelion einfach hinaus«, rate ich ihr hoffnungsvoll.
»Nein. Ich sagte doch, dass sie bleiben könnte.«
»Wohnt sie denn nirgendwo?«
»Anscheinend nicht. Sie hat vorher am Strand geschlafen.«
»Na ja, da ist sie wenigstens in der Nähe ihrer Delfine.«
Makri will ihr Wort nicht zurücknehmen, also bleibt Dandelion erst einmal. Aber wenigstens räumt Makri ein, dass es anfängt, nervig zu werden. Dandelion will ihr unbedingt ein Horoskop erstellen, und Makri hat einfach keine Zeit für so etwas. Außerdem hat Dandelion irgendwelche parfümierten Kerzen angezündet, deren Wachs über Makris Axt gelaufen ist. Was für eine Frau, die ihrer Axt zärtlich zugetan ist, ziemlich ärgerlich ist.
»Warum tust du dir das an?«
»Weil ich sie irgendwie mag. Ich habe noch nie jemanden getroffen, der Bäume für genauso wichtig hält wie Menschen. Außerdem habe ich keine Freunde hier in der Stadt. Außer dir, denke ich mal. Es ist gut, auch mal mit jemand anderem reden zu können. Wenigstens ist sie zugänglicher als Matahari. Matahari sagt kein Wort. Man sollte eigentlich annehmen, dass sie freundlicher wäre, nachdem ich ihr das Leben gerettet habe.«
Ich äußere die Vermutung, dass Matahari vielleicht zu mitgenommen von ihrer Erfahrung als exotische Tänzerin ist, um noch freundlich zu irgendjemandem zu sein. Oder dass sie zu viel Angst vor der Bruderschaft hat, um große Lust auf Plaudereien zu verspüren.
»Vielleicht. Aber sie sitzt immer nur stumm da. Das ist etwas anstrengend. Wie kommt es eigentlich, dass ich auch noch Bibendis aufnehmen muss?«
»Ich glaube, dass sie einfach zu unglücklich darüber war, dass ihr Vater ermordet wurde, und deshalb keine Lust mehr hat, nach Hause zu gehen. Ich denke, dass man sich allein in einer großen Villa ziemlich einsam fühlen muss.«
»Könnte sie nicht hier schlafen?«
»Auf keinen Fall! Ich brauche die Couch unbedingt, falls ich es mal nicht bis in mein Schlafzimmer schaffe. Du bist einfach zu großherzig, Makri. Wenn du sie nicht um dich haben willst, wirf sie einfach hinaus. Schließlich will niemand sie umbringen!«
Makri knurrt nur. »Na ja, sie macht wenigstens keinen Ärger, sondern liegt nur den ganzen Tag betrunken herum.«
Es ist schon interessant, wie sie diese Gruppe von jungen Frauen um sich herum geschart hat. Sie könnte bald ihre eigenen Treffen der Vereinigung der Frauenzimmer abhalten. Vorausgesetzt, die Bezeichnung Frauenzimmer passt auf diese Küken. Aber wenn die Vereinigung sogar Makri aufgenommen hat, dann wird das schon in Ordnung gehen.
Makri sitzt bei mir, weil sie ihre Notizen für ihre nächste Vorlesung durchgehen will. Und in ihrem Zimmer ist es zu voll, sodass sie sich nicht konzentrieren kann.
»Was lernst du da?«
»Elfensprache.«
»Du sprichst doch schon Elfisch.«
»Nur die Umgangssprache. Ich lerne jetzt die Königliche Hochsprache.«
Ich bin nicht sicher, woher Makri eigentlich ihre Kenntnisse der Elfensprache bezogen hat. Sicher, sie ist zu einem Viertel Elf, aber ich vermute mal, dass ihr Elfenopa nicht bei ihr in den Gladiatorgruben gehockt und sie unterwiesen hat. Sie hat aber bisher nie ein Sterbenswörtchen über ihre Erziehung verlauten lassen, und ich habe auch niemals nachgehakt.
»Was ist das?« Sie bemerkt, dass ich ein Blatt Papyrus vor mir auf dem Schreibtisch liegen habe.
»Ich mache mir gerade eine Liste von allem, womit ich es zu tun habe. Das mache ich manchmal, wenn zu viele Dinge vorgehen, an die ich denken soll.«
Ich gebe sie ihr, und sie liest sie laut.
»Mönche, Statue, Goldraub, Rodinaax, Gesox, Thalius, Meuchelmördergenossenschaft, Matahari, Sarin, Vexial, Heretius. Du hast Recht, du musst an zu viele Dinge denken. Es ist schon komisch, wie anstrengend du diesen Sommer faulenzt.«
»Köstlicher Scherz.«
»Vexial kannst du jedenfalls streichen.«
»O nein. Er läuft herum und ist putzmunter.«
»Willst du mich veralbern?«
Ich versichere ihr, dass es stimmt. Makri ist genauso perplex, wie ich es war. Sie weiß so gut wie ich, dass Vexial mittlerweile längst tot sein müsste. Selbst wenn es ihm irgendwie gelungen wäre, dem Tod von der Schippe zu springen, musste er sich zumindest für einige
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