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Das Zauberschloß

Das Zauberschloß

Titel: Das Zauberschloß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ludwig Tieck
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über die zehntausend Thaler, die meine Tochter haben soll, – wenn es fort ist – es kann auch drüben, – doch nein! es muß hier stecken. Nur jetzt gleich, denn ich hatte es wirklich schon wieder vergessen.
    Er suchte von neuem mit großem Eifer. Bald war der Schrank ziemlich ausgeräumt, die Papiere, Akten, Briefe lagen auf dem Boden zerstreut, indeß Schwieger behaglich auf dem Sofa saß und mit großer Gemüthsruhe diesem Treiben zuschaute. Was das für ein ordentlicher Geschäftsmann ist! sagte er endlich schmunzelnd; wie er doch jedem, noch so kleinen Blättchen in der größten Eile sein Plätzchen anzuweisen versteht!
    Endlich! endlich! rief Freimund triumphirend aus; ich wußte ja, daß das Ding hier stecken mußte! Meine Ordnung ist nur eine etwas andere, als die der übrigen Menschen.
    Und es ist wirklich Dein Ernst, Deine Tochter mit dem Herrn von Dobern zu vermählen? Und Du weißt doch –
    Alles weiß ich! rief Freimund unwillig und den alten Freund unterbrechend. Sie wird, sie muß. Der Mann ist wohlhabend, angenehm, wird eine sehr gute Karriere machen, sie liebt Niemand, und wenn auch: Du kennst meine Grundsätze darüber! am wenigsten kann von dem jungen Hauptmann die Rede seyn; dessen Vater mich so tödtlich beleidigt hat.
    Der Diener ward herbeigerufen, damit die Papiere wieder in den Schrank konnten gepackt werden. Zugleich erschien der junge Mansfeld, ein Freund des Hauses, der den beiden Alten sehr behülflich war, indeß der träge Schwieger aller Verwirrung und Unruhe gelassen zusah, ohne auch nur die Miene zu machen, als wenn er seinen Beistand anbieten wollte. Halt da! halt da! rief plötzlich Freimund; hergegeben! das ist wegen meines kleinen Gütchens der Kaufcontract, den habe ich auch schon die ganze Woche vergeblich gesucht.
    Das Zauberschloß? fragte Mansfeld; wir sollen es, wie Sie gewünscht haben, morgen einweihen?
    Ja, sagte Freimund, aber lassen Sie mir nur den dummen Namen weg, wenn wir Freunde bleiben sollen; Graupenheim heißt das Ding, und den rechtlichen alten Namen soll es auch behalten. Alle jene losen Mährchen, die man dem kleinen Hause hat aufhängen wollen, sind eben so schlecht erfunden, als unwahrscheinlich und abgeschmackt. Das ist auch ein rechtes Zeichen der Zeit, daß dergleichen Thorheiten jetzt geliebt und als etwas Besondres angesehen werden, oft sogar von Leuten, die nicht zu dem belletristischen Wesen gehören.
    Erlauben Sie, geehrter Herr Rath, rief Mansfeld aus, uns jungen Leuten der neuen, erleuchteten Welt werden Sie doch zulassen müssen, daß wir die Dinge anders, als unsre Vorfahren ansehn dürfen. Sehn Sie, alter Herr, so wie diese mit der blanken baaren Vernunft zufrieden waren, ja selbst mit dem klaren Verstande, ohne sich um die Tiefen der Philosophie zu kümmern, so begnügten sie sich auch mit seichtem Spaß und oberflächlichen Erfindungen, ohne von Phantasie und deren Wundern etwas zu erfahren. Bester Mann, diese Geheimnisse, die Geisterwelt, die Psychologie, der Magnetismus, die Erscheinungen, die den Somnambulen werden, der prophetische Schlaf, die große Einsicht in die Natur und deren neu entdeckte Kräfte, – kommen Sie, ich will nur eine einzige Erzählung unsers geistreichen Hoffmann vorlesen, und Sie sollen als ein anderer Mensch von Ihrem Stuhle aufstehn!
    Lassen Sie mich zufrieden, erwiederte Freimund, ich habe mehr zu thun, als mir durch Gespenstergeschichten die Zeit zu vertreiben, und mich durch Schauder bei diesem heißen Wetter abkühlen zu lassen. Gehen Sie zu meinen Weibsleuten, dort kommen Sie mit dergleichen Schnurren besser an.
    Der junge Mansfeld befolgte gern diesen Rath, er verließ freudig die beiden grämlichen Alten, um sich zur Tochter des Hauses zu begeben, die mit der Mutter und einer jungen Freundin im kühlen Gartenzimmer mit weiblichen Arbeiten beschäftigt waren. Sie empfingen ihn freundlich, weil er ihnen immer etwas Neues zu erzählen wußte, vorzüglich aber die blonde Jugendfreundin Louisens, deren Wohlwollen fast die Miene der Zärtlichkeit annahm. Graupenheim, nahm Mansfeld das Wort, ist nunmehr Ihr Eigenthum, und ich freue mich, daß wir uns morgen Alle dort treffen werden, um die Besitznahme feierlich und mit einem Feste zu begehen.
    Mir ist es leid um diesen Kauf, antwortete die Mutter; mein Mann, der doch älter wird, läßt sich mit zu verschiedenen Geschäften ein, sein Gedächtniß wird schwächer, die Verwaltung des Hauses hier, des großen Gutes und nun noch –
    Und zwar, fiel Louise ein,

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